Hitzige Leser-Debatte
Kita-Ohrfeige spaltet die Gemüter: „Absolutes No-Go“ oder „Kind hat eine Watschn verdient“
Hat eine Watschn wirklich noch niemanden geschadet? Oder sind wir in der Kindererziehung nicht schon viel weiter und wissen: körperliche Bestrafung schadet sehr wohl. Die Frage hat sich an einem Vorfall in einer Kita in Pliening entzündet - und unsere Leser diskutieren heftig darüber.
Zunächst die Ausgangslage: In einer Kita in der Region Ebersberg ist einer Erzieherin die Hand ausgerutscht, sie schlägt einem sechsjährigen Bub ins Gesicht, nachdem dieser sich daneben benommen hat.
Der Fall ist vielschichtig und endete damit, dass die Erzieherin weiterhin in der Kita verbleibt, der Familie der Vertrag gekündigt wurde. Ein gerechter Ausgang?
Hitzige Diskussion unter Lesern
Hunderte kommentierten den Artikel in den sozialen Netzwerken, viele können nicht nachvollziehen, wieso eine gelernte Fachkraft sich in einer Ausnahmesituation nicht im Griff hat. Andere wiederum haben vollstes Verständnis für die Erzieherin und glauben, dass die berühmte Watschn noch niemandem geschadet habe. Und tatsächlich, ist diese Meinung noch immer populär: In einer Untersuchung der Universitätsklinik Ulm im Jahr 2020 stimmten 52,4 Prozent der 2500 Befragten der Aussage zu, ein Klaps auf den Hintern habe „noch niemandem geschadet“. 23,1 Prozent fanden es in Ordnung, ein Kind im Rahmen der Erziehung zu ohrfeigen. 7,2 Prozent halten eine Tracht Prügel für eine akzeptable Erziehungsmaßnahme.
Dabei sind diese Maßnahmen sogar gesetzlich verboten. 1998 wurde § 1631 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) neu formuliert und der Begriff der „elterlichen Gewalt“ in „elterliche Sorge“ umgewandelt, darin heißt es: „Entwürdigende Erziehungsmaßnahmen, insbesondere körperliche und seelische Misshandlungen, sind unzulässig.“
Stimmt ab: Klaps auf den Po - in Ordnung oder No-Go?
Das sind Eure Leserbriefe:
Nicole Meinsdorfer:
Also das Verhalten von dem Kind war definitiv nicht in Ordnung! Aber es ist immer noch ein Kind. Das heißt, die sind in der Kommunikation, wenn sie wütend sind, nicht so fit wie Erwachsene. Das schaffen viele Erwachsene heute noch nicht richtig. Außerdem als Vorschulkind fängt an sich viel zu verändern. (Wackelzahnpupertät) Ich habe meine Tochter in der Zeit auch nicht mehr erkannt. Es gibt niemals das Recht zu schlagen. Das ist ein absolutes No-Go! Unser KITA Personal wird regelmäßig auf solche Situationen (beißen, spucken, schlagen) geschult, um richtig reagieren zu können!
Jessica Schulte:
Egal was ist, dem Kita-Personal darf die Hand nicht ausrutschen. Auch, wenn Kinder ein herausforderndes Verhalten zeigen. Dafür sind es Pädagogen, man bringt den Kindern bei, dass man Dinge ohne Gewalt klärt und klärt es selber mit Gewalt. Das geht anders. Und ja ich arbeite selber in einer Kita und auch wir haben Kinder mit herausfordernden Verhalten.
Franziska Rauscheder:
Zuschlagen geht mal gar nicht. Trotzdem würde ich solche Kinder aus dem Kindergarten entfernen. Also raus aus den Gruppen, denn von so unerzogenen Kindern, schauen sich alle anderen Kinder das flegelhafte Verhalten ab. Da lernen die anderen Kinder auch, dass man von nichts und niemandem Respekt haben muss. Und ja, meiner Meinung nach liegt das schon am Elternhaus.
Sepp Guggenbichler:
Wenn das Kind die Erzieherin anspuckt und den Stuhl wegzieht, (wie geschrieben) dann hat es auch eine „Watschn“ verdient. Hätten wir das zu unserer Zeit gemacht, hätten wir es uns zu Hause gar nicht sagen trauen, sonst hätten wir nämlich eine richtige „gefangen“ und das zurecht. Wo kommen wir denn schön langsam hin, dass Lehrer und Erzieher zum „Freiwild“ ungezogener Fratzen geworden sind, die sich alles erlauben dürfen und von den Eltern dafür auch noch in Schutz genommen werden. Da haben die Eltern aber sauber in der Erziehung versagt und sind zu Recht aus der Einrichtung geflogen, wenn sie im Nachhinein der Erzieherin für ihr eigenes Fehlverhalten in der Erziehung einen Strick drehen wollte
Nadja:
Ich bin Mutter von zwei Kindern und hatte viele Jahre lang Kinder als „Tagesmutter“ betreut. Ich hatte sehr liebe Pflegekinder, die schon im Elternhaus mit den wichtigsten Regeln vertraut gemacht wurden. Zum einen, wie man sich Mitmenschen gegenüber verhält. Egal ob Kind oder Erwachsenen. Zu spucken geht gar nicht und sowas hat er sicher nicht zum ersten Mal gemacht. Ich kann mir gut vorstellen, wie manche Kinder Eltern und Erzieher mit ihrem Verhalten bisweilen überfordern. Natürlich ist die Reaktion der Erzieherin auf keinen Fall zu akzeptieren. Wahrscheinlich haben alle überreagiert, aber die Eltern haben meiner Meinung nach entscheidende Fehler bei der Erziehung gemacht. Und ich kann mir denken, der kommende Klassenlehrer wird sich auf den Kleinen vorbereiten müssen.
Schickt uns Eure Meinung: Strenge Erziehung contra „Gentle Parenting“
Gehört Ihr zur knappen Mehrheit, die die Meinung vertritt, dass ein Klaps noch keinem geschadet habe? Wie war es in Eurer eigenen Kindheit? Sind Kinder heutzutage generell unerzogener als früher, wie ist Euer Eindruck? Oder seid Ihr eher für die derzeit so angesagte Erziehungsmethode des „Gentle Parenting“? Also freundliches und begleitendes Erziehen auf Augenhöhe? Schreibt uns an leserbriefe@ovb24.de (Kennwort „Watschn“), mit Eurem Namen und Eurem Wohnort und am besten noch mit einem Foto von Euch. Die Redaktion veröffentlicht Eure Leserbriefe samt Namen und Wohnort anschließend in einem entsprechenden Artikel. Anm. der Red.: Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften entsprechend zu kürzen oder die Veröffentlichung gegebenenfalls ohne Angabe von Gründen zu verweigern. (si/dpa)