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Kritik am Konsumverhalten der Deutschen

Mit Porsche zum Aldi? „Klischee vom Billigfresser“ oder „Frau Kaniber hat sowas von Recht“

Collage: Leser Dr. Holger Hoffmann/Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber
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Leser Dr. Holger Hoffmann hat eine eindeutige Meinung zur Aussagen von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber.

Mit ihrer Kritik zum Einkaufsverhalten der Deutschen löste die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber eine hitzige Debatte aus. Zahlreiche Zuschriften erreichten die OVB24-Redaktion und selten gab es zu einem Thema so ein Ergebnis in der Leser-Umfrage.

Ob Michela Kaniber (CSU) klar war, was sie für eine Lawine an Emotionen sie auslöste, als sie beim Sonntags-Stammtisch im BR (7. März) das Konsumverhalten der Deutschen scharf kritisierte?„In Ländern wie Frankreich, Italien oder Kroatien, da fährt man mit dem Fiat 500 zum Markt und kauft beste Ware zu gutem Preis. Die Deutschen fahren mit dem Porsche Cayenne oder mit dem Audi A8 zu Aldi und kaufen das Billigste.“ Dieses Verhalten sei mit der Grund dafür, dass die Bauern hierzulande schlecht dastehen. Es wurde schlichtweg verpasst, die Preise so anzuheben, dass Bauern davon leben könnten, weshalb die in letzter Zeit viel beachteten Subventionen notwendig wurden.

Wird trotz höchster Durchschnittslöhne am Essen gespart?

Richtig ist, dass hierzulande die Preise für Lebensmittel und Drogerieprodukte im europäischen Vergleich eher günstig sind. Das kommt auch daher, dass die Discounter in Deutschland einen Marktanteil von gut 40 Prozent haben und mit ihren billigen Eigenmarken die Preise drücken. In Deutschland geben die Menschen daher auch nur einen relativ geringen Prozentsatz ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus, im Jahr 2022 laut einer Studie nämlich 11,5 Prozent. Nur in Irland (8 Prozent), Luxemburg (9,3 Prozent) und Österreich (10 Prozent) gaben die Menschen anteilig weniger für Nahrungsmittel aus. Der EU-weite Durchschnitt lag bei 13,6 Prozent.

Nimmt man das Beispiel Italien, sind die typischen Markt-Angebote wie Obst (Wassermelone, Zitronen etc.) und Gemüse (Zucchini, Auberginen, Tomaten) deutlich günstiger als in Deutschland, einfach aus dem Grund, weil diese Waren in südlichen Ländern angebaut und oft in Direktvermarktung verkauft werden. Ebenfalls günstiger sind z.B. Olivenöl, Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte und Nudeln. Andere Waren, wie etwa Drogerieartikel, sind hingegen deutlich teurer.

Leserumfrage zeigt fast Gleichstand

Nur selten war eine Umfrage so ausgewogen und zeigt: Knapp über die Hälfte der Leser findet die Kritik am Konsumverhalten der Deutschen durchaus nachvollziehbar (51 Prozent) und kann einer „Geiz ist geil“-Mentalität nichts abgewinnen. Die andere Hälfte (47 Prozent) fühlen sich - das spiegelt sich auch in den Zuschriften wider - eher angegriffen und argumentieren mit Inflation und Lebenshaltungskosten (Stand der Umfrage 11. März). Es kann weiterhin abgestimmt werden:

Das sind die Meinungen unserer Leser:

Heidi Nagl

Frau Kaniber hat sowas von recht! Die Bauern dürften bei ALDI auch nicht einkaufen. Sie sägen damit den Ast auf dem sie sitzen. Aldi ist nun mal der größte Preisdruck. Schrecklich diese Entwicklung.

Bernd aus Schauenstein

Was hier diese Politikerin sagt, das der Deutsche mit dem Porsche zum Aldi fährt, kann ich nur teilweise bestätigen. Und diese Leute, die das machen, sind meistens Beamte oder Geschäftsleute. Die fahren auch E-Autos. Der Normalverdiener fährt mit einem normalen alten Wagen, und kann sich auch nichts anderes leisten. Denn das meiste Geld geht ja für Energie und Heizung drauf. Darum ist es eine Frechheit, das jemand, der mehr als 10000 € im Monat hat, so etwas sagt. 

Anonym

Da hat Frau Kaliber wohl schon länger nicht mehr die Zahlen der porschefahrenden Aldi-Kunden mit jenen der Besucher der Tafeln abgeglichen. Auch dürfte ihr beim letzten Aufenthalt an der Cote d‘Azur, der Blumenriviera oder auf Kreta bedauerlicherweise entgangen sein, dass der dortige Bauernmarkt mit den charmanten kleinen handgetöpferten Senftöpfchen für 32,50 € a 250ml inzwischen doch eher was für gelangweilte Oligarchengattinnen oder eben wohlbesoldete deutsche Minister*Innen ist, während Oma Anna-Maria und Zio Jannis längst ebenfalls bei Aldi, Lidl & Co. im nicht ganz so netten örtlichen Gewerbegebiet einkaufen - oder aber eben in der unbeheizten und schimmligen Wohnung hungern. Was in Frankreich, Italien, Griechenland & Co. aufgrund der dort noch höheren Lebensmittelpreise bei noch geringeren Löhnen, Renten und Sozialleistungen für viele Einheimische leider zur traurigen Alltagsrealität gehört, weil meist schon ab Monatsmitte das Geld nicht mal mehr für Mehl, Zucker oder etwas Öl langt, von Obst, Gemüse oder gar Fleisch reicht. Von der Begleichung der Hypotheken- und Darlehenszinsen oder alternativ der Miete ganz zu schweigen!
Und nein, viel besser sieht's bei den meisten Deutschen auch nicht aus, da das bisschen mehr an Hungerlohn hierzulande dank einer verfehlten Wohnbau- und Energiepolitik sofort für Mieten und Nebenkosten draufgeht.
Kurz, nicht der Porsche oder die Zweitferienvilla, sondern das Pfund Mehl für 1,50 €, der Liter Benzin für 1,70 € oder die Salatgurke für 3 € sind es, die den meisten Menschen in Europa den Schlaf rauben und sie nach und nach in den finanziellen Ruin treiben.
Und ja, da darf man gerne für gerechte Erzeugerpreise und mehr Tierwohl, Klimaschutz und Ökoprodukte in den Regalen sein, nur muss man dann eben auch die Löhne und Sozialleistungen für jene 95 % der Bevölkerung, die es sich nicht leisten können mit dem eigenen Porsche zu Aldi zu fahren, entsprechend anpassen.
Andernfalls wird das leider nix mit der schönen neuen Ökowelt samt glücklichen Schweinen und freudestrahlenden Bauern, weil die Leut irgendwann (wieder) anfangen sich das, was sie zum Überleben brauchen, einfach gleich von den Feldern und aus den Ställen zu nehmen, anstatt sich im Laden für etwas anzustellen, dass sie sich längst nicht mehr leisten können - sämtliche denkbaren sozialen und politischen Kollateralschäden inbegriffen. 

Horst Schneider aus Anger

Ich finde, dass Frau Kaniber nur im Prinzip richtig liegt. Wenn man bedenkt, wie es über mehrere Jahrzehnte zur beschriebenen Situation gekommen ist, dann wird Frau Kaniber als CSU-Politikerin wohl auch einmal kräftig vor der eigenen Haustüre kehren müssen. Ich kann mich noch gut an den „Butterberg“ erinnern, der zur Folge hatte, dass man sehr günstig Butter aus „Interventionsbeständen“ kaufen konnte. Das zog die Preise nach unten. So ging es dann in vielen Bereichen. Ich habe noch die Bilder vor mir, die zeigten, wie mit Radladern ganze Tomatenernten vernichtet wurden. Heute kommen die meisten Dosentomaten aus China, Frankreich z.B. produziert nur noch 30 % seiner Tomaten selbst. Wer kennt die Streuobstwiesen nicht, die im Herbst von verfaulendem Obst übersät sind. Wann konnten unsere Bauer noch z.B. ihre Zwetschgen gewinnbringend verkaufen? Das ist schon lange her. Um es abzukürzen: Wir wurden regelrecht darauf trainiert, Lebensmittel möglichst billig einzukaufen. Heute kann ich es mir leisten, regional und naturnah einzukaufen, auch wenn dies die teuerste Möglichkeit ist, die Dinge des täglichen Bedarfs zu erwerben. Als unsere Kinder noch nicht selbstständig waren, kauften auch wir gerne beim „ALDI“ und anderen Discountern ein. Man bekam qualitativ ansprechende Ware zum günstigen Preis. Allerdings fuhr ich nie mit einem Porsche zum Aldi. Was die Situation auf Bauern- und Wochenmärkten betrifft, so kann man die Märkte bei uns in der Gegend vom Angebot her überhaupt nicht mit Märkten in Italien, Frankreich oder Kroatien vergleichen. Da liegt Frau Kaniber ziemlich daneben. Mein letzter Besuch vor Kurzem auf einen lokalen Wochenmarkt zeigte mir, dass die Anbieter auch von weiter her kommen und ihre Waren, die überwiegend vom Großmarkt stammen, überteuert anbieten. Interessanterweise bot auf diesem Markt ein türkischer Gemüsehändler die gleichen Äpfel der Sorte Topaz zum halben Preis an wie ein Einheimischer. Auffallend war auch, dass Anbieter aus Österreich gerade beim Gemüse eine wesentlich bessere Qualität und Frische hatten. In Spanien gibt es überall den „Mercato municipal“, wo die ortsansässigen Bauern und Lebensmittelhersteller der Region ihre Produkte anbieten. Auf so einem Markt kann man wirklich gut und günstig einkaufen und das Geld bleibt in der Region. Bei uns gibt es ja nicht einmal das kommunale Gebäude dazu. Hier könnte Frau Kaniber vielleicht nach spanischem Beispiel einmal die Initiative ergreifen. Ich denke, da würden dann auch Leute mit Porsche und Fiat einkaufen. Die Frage ist, ob es bei uns überhaupt noch genügend Betriebe gibt, die ein solches Marktgebäude beschicken könnten, von den bürokratischen Hürden ganz abgesehen.

Regina Forster 

Besser als Frau Kaniber kann man es nicht auf den Punkt bringen. Hier gilt bei vielen nur: viel und billig! In Italien fahren die meisten Leute kleine, verbeulte Autos - sitzen aber abends stundenlang bei hervorragender Salami, Burrata, Wein & Co. beisammen. Das hat weniger mit Prioritäten zu tun als mit echter Lebensfreude.

Dr. Holger Hoffmann, Prutting

Die letzten Jahre haben uns eines gelehrt: Vorurteile und Schubladendenken sind das Handwerkszeug der rechtsnationalen Gruppierungen - das mag ja durchaus auch inzwischen Unionsjargon sein, trotzdem ist diese fürchterliche Vereinfachung widerlich. Wenn sogar „der Österreicher“ weniger für Nahrungsmittel ausgibt, dort aber der gefühlte Stellenwert der Ernährung schon eher höher ist als in Deutschland, dann ist das Klischee vom „Autoliebhaber“ und „Billigfresser“ für den Deutschen schon reichlich schräg.
Mit Argumenten hätte es Frau Kaniber auch schwer, schließlich ist ihre Partei zwar durchaus den regionalen Erzeugern zugetan, aber bei schmerzhaften Reformen in Richtung ökologische Erzeugung oder Reduzierung des Zuckerkonsums siegt dann doch immer der Wirtschaftslobbyismus. Wo ist denn Bayerns Vorreiterrolle bei z.B. einem Werbeverbot für Junkfood und Softdrinks?
Als Arzt (und Halb-Österreicher) kann man da nur den Kopf schütteln...

Schreibt uns Eure Meinung zur Kritik von Michaela Kaniber

Was haltet Ihr von der Kritik der Ministerin? Haltet Ihr sie für gerechtfertigt, und versteht daher auch die Not der Bauern? Findet Ihr, die Preise sind hierzulande noch zu günstig? Oder findet Ihr die Kritik in Anbetracht der Inflation als unangemessen – schließlich wird das Leben immer teurer und man sollte sparen, wo man kann? Wo kauft Ihr ein: bevorzugt Ihr Discounter oder die teureren Supermärkte wie EDEKA und Rewe? Schickt uns Eure Meinung und Eure Erfahrungen an leserbriefe@ovb24.de (Kennwort Kaniber) mit Eurem Namen und Eurem Wohnort und am besten noch mit einem Foto von Euch. Die Redaktion veröffentlicht Eure Leserbriefe samt Namen und Wohnort anschließend in einem entsprechenden Artikel.

Anm. der Red.: Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften entsprechend zu kürzen oder die Veröffentlichung gegebenenfalls ohne Angabe von Gründen zu verweigern.

si

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