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28 Afghanen zehn Stunden in Lieferwagen gepfercht

Anwalt nach Ablehnung zugelassen: Skurriler Schleuser-Prozess geht in Laufen in die nächste Runde

Amtsgericht Laufen
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"Amtsgericht Laufen" steht am Gerichtsgebäude in Laufen.

Mindestens einer der Geflüchteten hat sich im Laderaum des Kastenwagens mehrfach erbrochen. Was die weiteren 27 Afghanen, darunter zwölf Kinder, über zehn Stunden lang ohne Toilettengang mitmachen mussten, mag man sich nicht ausmalen. Ein 27-jähriger Franzose ohne gültigen Führerschein am Steuer wollte sich damit mutmaßlich einige tausend Euro hinzuverdienen.

Laufen - An der ungarisch-österreichischen Grenze hatte man einen kleinen Landstraßenübergang gewählt. Gleiches war bei Bad Reichenhall geplant. Hier wollte man sogar auf einem für Kraftfahrzeuge gesperrten Weg der Kontrolle entgehen. Doch diese Route hatte das Navi wohl nicht gefunden, und so landete der ungarische Mietwagen doch am Autobahngrenzübergang Walserberg. Bei dieser Mietwagenfirma handelte es sich um eine Briefkastenfirma, die vermutlich für solche Schleuserfahrten gegründete worden war, wie ein Ermittler der Bundespolizei Freilassing berichtete. „Wir konnten die Route und den Zeitablauf gut nachvollziehen“, so der Zeuge, denn es habe Chats, Fotos, Tank- und Mautbelege gegeben. Aufgrund seiner Erfahrung taxierte der Beamte den zu erwarteten Schleuserlohn auf rund 5000 Euro. 

Zwei der Geschleusten hatten ihm berichtet, dass sie während der zehnstündigen Fahrt den Laderaum nicht verlassen durften. Einer der Insassen soll ein „Hoteldirektor“ gewesen sein, der als Mitarbeiter der Bundeswehr bei der Machtübernahme der Taliban eigentlich hätte ausgeflogen werden wollen. Nebenbei: an diesem 27. Oktober 2023 hatte sich die Bundespolizei Freilassing um insgesamt neun Schleusungen zu kümmern. 

Professionell und kriminell

Staatsanwältin Helena Neumeier attestierte dem Angeklagten und den Hintermännern „hohe Professionalität und kriminelle Energie“. Weil der Franzose keinerlei Angaben machte, könne ihm auch keine Aufklärungshilfe angerechnet werden. Neumeier beantragte eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren. 

Rechtsanwalt Ulrich Baumann aus Frankfurt, der sich zuletzt kurzerhand im Gerichtsfoyer eine Vollmacht des Angeklagten hatte unterschreiben lassen, und deshalb von Richter Martin Forster abgelehnt worden war, agierte diesmal als zugelassener Wahlverteidiger (BGLand24.de hatte berichtet). Baumann, der nach eigener Aussage erstmals mit einer Schleusung befasst war, legte dem Gericht das Bild eines Bundeswehr-Transportflugzeuges vor, in dem rund 640 Menschen ungesichert und dicht an dicht im Laderaum sitzend evakuiert worden waren. Ein Vergleich, der aus Sicht des Vorsitzenden hinkt, gehe es hierbei doch um die Rettung vor den Taliban. 

Verteidiger will Bewährungsstrafe

Die von Neumeier angesprochene „erniedrigende und unmenschliche Behandlung“, wollte der Verteidiger nicht erkennen und führte dazu Beispiele aus der Rechtsprechung an. „Diese Menschen sind verzweifelt und nehmen all dies in Kauf, um ins gelobte Land zu kommen.“ Der Angeklagte hätte als Pflegefachkraft sogar erste Hilfe leisten können und er sei nirgendwo vorbestraft. „Das war eine einmalige Episode“, meinte der Verteidiger und benannte vergleichsweise ein Verfahren, in dem „eine Kollegin“ des Vorsitzenden eine Bewährungsstrafe verhängt habe. Eine solche sollte es daher auch in diesem Falle sein. 

Diesen Gefallen taten die Richter dem Franzosen nicht. Sie entschieden auf zwei Jahre und vier Monate, ein Strafmaß, das naturgemäß nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Das Gericht sah eine lebensgefährdende Behandlung erfüllt, denn bei einem Unfall oder einer Vollbremsung wären die Insassen auf- und übereinander gepurzelt. Vorsitzender Martin Forster zeigte abschließend die Perspektiven des in England lebenden Franzosen auf: „Es ist denkbar, dass er nach Verbüßung der Halbstrafe abgeschoben wird.“ Das wären 14 Monate, wovon er mit der U-Haft bereits fünf Monate abgesessen hat. 

Nachspiel droht

Das Geschehen vom 28. Februar könnte noch ein Nachspiel haben, denn Rechtsanwalt Ulrich Baumann will für diesen gescheiterten Termin nicht auf sein Anwaltshonorar verzichten. „Der Termin hätte nicht abgesetzt werden dürfen“, so der Verteidiger, der von seinem Mandanten diesmal vorsorglich eine Abtretungserklärung unterschreiben ließ. „Ein Rückgriff auf den Vorsitzenden ist ja nicht möglich“ meinte Baumann süffisant, „es ist wie bei Andreas Scheuer.“ Richter Martin Forster erhofft sich gleichwohl, dass der Anwalt den Fall „durchstreiten“ möge. „Das würde mich sehr interessieren“, so der Vorsitzende, der nochmal mögliche Hintergründe beschrieb. 

So stellen Schlepperorganisationen geschnappten Fahrern mitunter Anwälte zur Verfügung, weniger um die zu verteidigen, sondern sie zu einem Geständnis in eigener Sache zu bewegen, Hintermänner und Hintergründe aber möglichst unbeleuchtet zu lassen. Richter Forster stellte jetzt dazu fest, dass er dies dem angereisten Anwalt aufgrund dieser Verhandlung nicht unterstellen wolle. Bleibt allerdings der Umstand, dass der angeklagte Fahrer außer dem Geständnis so gar nichts „zur Sache“ sagen wollte. Möglicherweise auf Empfehlung des Verteidigers.  

hhö

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