Saaldorfer Nachbarn streiten seit Jahren
Tägliche Schikane vor Gericht – Ein Holzscheit „mit voller Kanone“ ins Gesicht
Der Verteidiger sprach von konfliktbehafteter Nachbarschaft. Der Staatsanwalt formulierte es drastischer: „Zwei Parteien machen sich gegenseitig das Leben zur Hölle.“ Tatsächlich könnten die Vorwürfe der beiden Männer kaum massiver sein. Am Laufener Amtsgericht musste sich deshalb kürzlich ein 57-jähriger Saaldorfer verantworten, weil er dem 66-jährigen Nachbarn ein Holzscheit gegen den Kopf geworfen haben soll.
Laufen – Das Garagentor auf den Kopf geschlagen, den Hund auf mich gehetzt und „das Scheitl mit voller Kanone ins Gesicht“ geschleudert, behauptete der angeblich Geschädigte. „Ich werde täglich schikaniert bis zum Gehtnichtmehr.“ Er selbst habe „noch niemanden ein Haar gekrümmt“, sagte er mit weinerlicher Stimme, „ich sage tausend prozentig die Wahrheit. Das schwöre ich bei Gott.“
Im Widerspruch dazu standen die Aussagen des Angeklagten, dessen Frau und Tochter. „Er hat unseren Hund getreten, meine Frau verfolgt“, so der 57-Jährige, „er hat mir Zucker in den Tank geschüttet und mich während der Pandemie bespuckt.“ Er werde „ständig bedroht“, der Nachbar sei so böse, „das können sie sich gar nicht vorstellen.“ Ansprachen wie „du Drecksau, du Gottvareckte“ sollen an der Tagesordnung sein. Inzwischen nimmt man dergleichen Ansprachen per Mobiltelefon auf und filmt sich gegenseitig. Das Holzstück soll der Nachbar selbst in die Hand genommen haben.
„Lügen, Lügen, Lügen“
„Er hasst uns“, meinte die Ehefrau des Angeklagten. Der Vorwurf, sie habe ihm das Garagentor auf den Kopf geschlagen, sei eine Lüge. Auch die 33-jährige Tochter will gesehen haben, dass der vermeintlich Geschädigte das Holzscheit selbst in der Hand gehalten hat. Sie soll er kürzlich eine „blöde Mistpritsch’n“ genannt und der Mutter schon mal einen Stein nachgeworfen haben. „Lügen, Lügen, Lügen“, unterstellte der Angeklagte dem Nachbarn.
Eine 24-jährige Polizeibeamtin will den Geschädigten „hyperventilierend“ und „unter Schock“ vorgefunden haben. Alarmiert hatten die Polizei sowohl der Angeklagte als auch die Lebensgefährtin des vermeintlich Geschädigten. Schon im Oktober 2020 hatte es eine Verhandlung in Laufen gegeben, weil der Angeklagte dem Nachbarn eine Krücke weggeschlagen und ihn damit zu Sturz gebracht haben soll (wir berichteten). Damals gab es einen Freispruch, weil eine Handy-Aufnahme den Vorwurf widerlegt hatte. Und diesmal?
Staatsanwalt Benedikt Metzl attestierte beiden Kontrahenten „einen gewissen Belastungseifer“. Ein Detail in den Schilderungen des Geschädigten überzeugte Metzl jedoch von der Richtigkeit der Anklage: „Er hat an der Tochter vorbei zum Scheit gegriffen.“ Der Staatsanwalt wollte es deshalb wie im Strafbefehl bei 120 Tagessätzen belassen, nur deren Höhe mochte er von 70 auf 50 Euro reduzieren.
Verteidigung beantragt Freispruch
„Der Nachbar hat gelogen“, unterstrich Rechtsanwalt Sven Ryfisch und wollte das mit vorhandenem Videomaterial belegt sehen. Die angeklagte gefährliche Körperverletzung könne jedenfalls „nicht gestützt“ werden. Der Verteidiger beantragte Freispruch.
Richter Josef Haiker wollte bei den Kontrahenten „die Hand nicht umdrehen“. So habe der angeblich Geschädigte sein eigenes Verhalten „massiv beschönigend“ dargestellt. Nachdem die Ehefrau des Angeklagten ihn hörbar dreimal aufgefordert habe zu gehen, wäre ein Garagentor auf einen „Holzkopf“ nachvollziehbar gewesen. Doch auch beim Angeklagten erkannte Haiker Widersprüche. Weil Zweifel blieben, entscheid der Strafrichter auf Freispruch. (hhö)