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Lucia von Bredow im Gespräch über ihren Podcast

Zwischen Mammut und Mord: „Es waren zwei Menschen, an die ich mich erinnern möchte“

Collage: Links: Lucia von Bredow; Rechts: Podcast Cover Mammut.
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Lucia von Bredow: Regisseurin, Drehbuchautorin und Tochter des ermordeten Siersdorfer Bernard von Bredow. Im Interview verrät sie unter anderem, warum sie sich mit ihrem Podcast „Mammut“ öffentlich über Leben und Tod ihres Vaters und ihrer Schwester auseinandersetzt.

„Mein Vater Bernard und meine Schwester Loreena wurden in Paraguay umgebracht. Mein Vater war Mammut-Forscher, Geigenbauer und Verschwörungstheoretiker, meine Schwester noch Schülerin“ - Lucia von Bredow, aufgewachsen in Ruhpolding, macht sich in ihrem Podcast „Mammut“ auf die Suche nach Antworten: Wer war ihr Vater wirklich und warum mussten er und Loreena sterben? Im Interview verrät Lucia, warum sie ihre Geschichte teilen will:

Paraguay/Berlin/Ruhpolding – „Ich hatte von meinem Fenster aus so einen klassischen Bergblick. Und schon als Kind habe ich mir immer vorgestellt, wenn Nebel war, dass die Berge nicht da sind.“ Inzwischen freut sich Lucia von Bredow schon bei der Reise in die alte Heimat, wenn die ersten Berge am Horizont auftauchen. Damals habe sie sich irgendwie fehl am Platz gefühlt. Ihr altes Zuhause ist der Chiemgau, im neuen treffen wir uns zum Interview:

Mord an Bernard von Bredow und seiner Tochter Loreena

In einem Café in Berlin sind wir verabredet, um über Lucias Podcast „Mammut“ zu sprechen - und damit unweigerlich auch über ihren Vater Bernard von Bredow, bekannt geworden durch seinen Mammutfund in Siegsdorf im Jahr 1975. Zusammen mit seiner Tochter Loreena wurde er im Oktober 2021 in Paraguay brutal ermordet. Bis heute sind die Täter nicht gefasst. Die Geschichte geht durch alle Medien, schonungslos werden selbst blutige Bilder vom Tatort veröffentlicht. Für die Familie - ein Alptraum:

Podcast-Idee: „Ich habe gespürt, dass es raus muss.“

„Mich hat das am Anfang total überfordert, so viel Gewalt, mit der man sich ja normalerweise nicht auseinandersetzen muss, trifft einen auf einmal.“ Zunächst, erzählt Lucia, flieht sie in ihre Arbeit. Aber dann merkt sie: „Ich wollte, dass es nicht nur so eine Bildzeitungsgeschichte bleibt. Sondern, dass es zwei Menschen waren, die gelebt haben, an die ich mich erinnern möchte.“ Sie will ihre Trauer nicht weiter verdrängen: „Ich habe gespürt, dass es raus muss.“ Die Idee des Podcasts „Mammut“ ist geboren. Zusammen mit einer Kollegin beginnt sie sich auf Spurensuche zu machen:

„In unserer Familie wurden schon immer gerne Geschichten erzählt“

„Das hier ist nicht die Geschichte eines Mordes, es ist die Geschichte meines Vaters, meiner Schwester, meiner Familie - und es ist meine Geschichte“, sind dann mit die ersten Worte der ersten Folge im Podcast. Sie beginnt, wo sonst, in Siegsdorf, als Bernard von Bredow mit gerade mal 16 Jahren Knochen eines Mammuts im Wald findet - und zunächst fast niemandem davon erzählt. Lucia wächst bei ihrer Mutter auf, sieht ihren Vater selten. Trotzdem glaubt sie mittlerweile, dass sie zumindest das Geschichtenerzählen von ihm hat:

„In unserer Familie wurden immer schon gerne Geschichten erzählt.“ Ihre Mutter wiederum, erzählt sie, habe eine riesige VHS-Kassettensammlung zu Hause gehabt. Und so kommt Lucia zu ihrer Leidenschaft. Nach einigen anderen Stationen studiert sie letztlich an der Filmhochschule in Ludwigsburg. Mittlerweile arbeitet sie als freiberufliche Drehbuchautorin, Regisseurin und Dramaturgin und lebt in der Nähe von Berlin. Sie hat bereits mehrere Kurzfilme gedreht und Podcasts produziert. Im November 2024 ist der Podcast ‚Mammut‘ in Kooperation mit der ARD erschienen, drei Jahre nach dem Mord.

Spurensuche auch in Paraguay?

In sechs Episoden nimmt Lucia den Hörer mit auf ihre ganz persönliche Reise: Sie spricht darin zunächst mit ihrer Tante Anita, die sie bislang nur durch Katzenbilder-Nachrichten auf Whatsapp kennt. Einer ihrer Brüder erzählt über seine Erinnerungen an den Vater. Und dann muss Lucia entscheiden: Fährt sie für den Podcast in die Wahlheimat ihres Vaters und ihrer Schwester - und zeitgleich auch zum Tatort des Mordes: nach Paraguay?

„Nein, auf keinen Fall“, ist ihre spontane Antwort, als die Produktionsfirma nachfragt. Warum eigentlich nicht, fragt Lucia sich selbst - weil sie Angst hat. Und Angst sei kein guter Berater, erzählt sie uns. Sie fliegt zusammen mit ihrer Kollegin und Freundin Katharina in Bernards letzten Wirkungskreis: „Komm mich doch mal besuchen“, habe er Lucia in der Zeit vor seinem Tod öfter geschrieben. Aber Bernard sei laut Lucia immer mehr in Richtung Verschwörungstheorien abgedriftet:

Der fremde Vater? Querdenker-Welten

„Es ging immer mehr um Corona und Echsenmenschen und was es da alles gibt. Ich habe wirklich versucht, den Kontakt zu ihm zu halten und ihn auch zu fragen, was er da für Projekte hat.“ Der Kontakt war da, aber es hätte sich immer fremder angefühlt. Ihre Schwester wiederum sei eben ein Teenager gewesen, da war die Kommunikation entsprechend spärlich. Für den Podcast begibt sich Lucia dann letztlich doch in die Welt deutscher Auswanderer in Paraguay. Seit einigen Jahren auch Wahlheimat für viele, die den Coronamaßnahmen entgehen wollten.

Lucia zwischen Teufelsanwalt und Hells Angels

Drohungen von Hells-Angels-Mitgliedern, Gespräche mit Freundinnen von Loreena - man kann als Hörer des Podcasts die undurchsichtige Stimmung vor Ort förmlich spüren. Wer sagt Lucia die Wahrheit, wer ist ihr gut gesonnen? Die beiden Freunde von Bernard, die auch zeitweise unter Mordverdacht stehen? Der „Teufelsanwalt“, wie Lucias Vater seinen Advokaten nannte? Der Podcast endet nicht mit der Aufklärung des Mordes - so viel sei verraten. Das war aber auch nicht Lucias Ziel:

„Jeder weiß vermutlich, was Trauer ist“

„Jeder weiß vermutlich, was Trauer ist, und wie sich Trauer anfühlt.“ Mit ihrem Podcast habe sie ihre Trauer verarbeitet, aber hofft auch, dass sich andere in ihrer Familiengeschichte wiederfinden und vielleicht auch etwas daraus mitnehmen können. Das ungewöhnliche Leben ihres Vaters habe sie und ihre Geschwister geprägt, die Kindheit zwischen Mammutknochen und Geigen - im Mammutheum, wo auch damals ihre kleine Schwester aufgewachsen ist.

Familie wächst zusammen - haben auf Podcast „positiv reagiert“

Das Haus in Siegsdorf soll vermutlich verkauft werden, verrät Lucia noch, die archäologischen Funde? Das hätten sie noch nicht entschieden. Bei all der Trauer um den Tod ihres Vaters und ihrer Schwester sei es schön, dass die restliche Familie noch ein Stück mehr zusammengewachsen sei. Dem Mammut-Podcast gegenüber waren sie zunächst kritisch, was Lucia verstehen kann: „Sie haben ihn jetzt angehört und sehr positiv reagiert.“ Über ihre neuen Projekte darf Lucia noch nichts verraten, wir sind aber sehr gespannt.

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