„Schafft man damit einen Präzedenzfall?“
Gefahr für Grassauer Ortskern? Optiker will ins Gewerbegebiet – und löst kontroverse Debatte aus
Kürzlich diskutierte der Marktgemeinderat Grassau über den Antrag eines Optikers, seinen Betrieb ins Gewerbegebiet Eichelreuth zu verlegen. Doch das Einzelhandelskonzept scheint dagegen zu sprechen, denn es untersagt die Ansiedlung ortskernrelevanter Produkte in diesem Gebiet. Der Antrag löste deshalb eine kontroverse Debatte aus.
Grassau – Kann der in der Grassauer Ortsmitte ansässige Optiker seinen Betrieb in das Gewerbegebiet Eichelreuth verlegen? Diese Frage wurde im Marktgemeinderat kontrovers diskutiert. Ausschlaggebend war der Antrag von Optik Ager und Dr. Hellmut Münch auf Zustimmung zur Betriebsverlagerung in das neue Ärztehaus. Das gültige Einzelhandelskonzept verhindert die Ansiedelung von ortskernrelevanten Produktgruppen im Gewerbegebiet, zu denen auch Brillen und optische Geräte zählen.
Einzelhandelskonzept nach wie vor gültig
Vor der Beratung erinnerte Bürgermeister Stefan Kattari an die Planungen nach der Auflösung des Gartenbaubetriebs in dem Bereich des nun bestehenden Ärztehauses im Gewerbegebiet Eichelreuth. Für dieses Gebiet wurde ein Aufstellungsbeschluss mit Veränderungssperre erlassen, um das Gebiet planerisch zu entwickeln und um einen weiteren Discounter auszuschließen. Man wisse, dass die bestehenden vier Lebensmittelgeschäfte die Kaufkraft gut binden, ein weiterer jedoch zur Verdrängung führen würde, erklärte Bürgermeister Stefan Kattari.
Zudem sollte ausgeschlossen werden, dass sich einer der Lebensmittelmärkte aus dem Ortszentrum zurückzieht und ins Gewerbegebiet ansiedelt. Im Zuge der damaligen Beratungen wurde auch die Notwendigkeit des Einzelhandelskonzepts diskutiert. Er betonte, dass aufgrund dieses Konzepts auch die Ansiedlung eines Filialoptikergeschäfts nicht möglich sei. Bürgermeister Kattari belegte, dass mehrfach der Plan ausgelegt und die Bevölkerung Möglichkeit zur Beteiligung gehabt habe. Im Juni 2022 wurde der Bauantrag Ärztehaus beraten und genehmigt.
Vor 22 Jahren erließ der Marktgemeinderat für das Gewerbezentrum in Eichelreuth ein Einzelhandelskonzept mit dem Ziel, das Ortszentrum zu stärken. Im Konzept wurde festgelegt, dass keine ortskernrelevanten Produkte im Gewerbegebiet verkauft werden dürfen. Erneut wurde das Konzept beraten, als es um die Ansiedlung eines Baumarkts ging.
Der Rathauschef erklärte zudem, dass das Einzelhandelskonzept auf intensiven Untersuchungen und Analysen des fachkundigen Büros Cima beruhe, dass neben eigenen Analysen, Befragungen und Erhebungen auch den Landesentwicklungsplan in das Konzept einfügte. Eine wichtige Aussage war, dass die Kaufkraft im Ort gestärkt und Grassau zudem keine zweite Ortsmitte im Gewerbegebiet vertrage. Hierfür reiche die Kaufkraft nicht aus.
Laut Kattari schließt das Einzelhandelskonzept einen Annexhandel nicht aus. Er erklärte, dass damit eine Art Fabrikverkauf gemeint sei und Waren, die vor Ort produziert werden, in untergeordneter Weise verkauft werden dürfen. „Konkret wäre das der Fall, wenn ein Brillenhersteller in Eichelreuth produziert und seine Waren an andere Händler verschickt und am Freitagnachmittag an der Theke verkauft“, führte Kattari aus. Wie er weiter informierte, wurde der Antrag bereits im Marktgemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung behandelt und abgelehnt. Auch verwies er auf Gespräche mit Optik Ager, der seine Pläne für das neue Geschäftsmodell und Betriebsbeschreibung mitteilte und den Marktgemeinderat auch zu einer Besichtigung ins Ärztehaus einlud.
„Macht man damit ein Fass auf und schafft einen Präzedenzfall?“
„Es geht nicht darum, an einem Beschluss festzuhalten, sondern darum, den Einzelhandel so gut wie möglich zu schützen“, betonte der Rathauschef. Wichtig sei zudem, dass dies nicht die letzte Fläche zur Bebauung im Gewerbegebiet sei und zudem die Entwicklung des Gewerbeparks ansteht. „Macht man damit ein Fass auf und schafft einen Präzedenzfall?“, fragte Kattari.
Für Kathi Schmuck (SPD) ist es fraglich, ob eine Ansiedlung von Optiker und Apotheke im Gewerbegebiet eine weitreichende Auswirkung habe. Sie würden in den medizinischen Bereich passen, und der Bedarf sei auch aufgrund des nahegelegenen Seniorenheims da.
Sollte ein Annexhandel durchsetzbar sein, sehe er kein Problem, so Franz Pletschacher (BP). Er sehe das Entwicklungspotenzial des Optikers. Hierzu ergänzte Kattari, dass Pläne vom Optiker-Betrieb hinsichtlich seines Vorhabens angefordert, bislang aber nicht eingereicht wurde. Laut Cima könne die Annexregelung angewandt werden, wenn die Verkaufsfläche der Betriebsfläche deutlich untergeordnet ist, also das Optikergeschäft nur nebenbei betrieben werde.
„Ein normales Ladenlokal ist kein Annexhandel“, so Kattari. „Was wir wollen, ist die Ortsmitte stärken und keine weitere schaffen“, erklärte Dr. August Trimpl (CSU). Wenn sich der Betrieb entwickeln wolle, müsse sich dieser im Ortszentrum umschauen. „Es ist nicht unsere Aufgabe, einen Schlupfweg zu finden“, ergänzte er und hob die Bedeutung des Einzelhandelskonzepts als zentrales Steuerungselement der Gemeinde hervor.
Für Olaf Gruß (SPD) sind mündliche Auskünfte des Betriebs nicht ausreichend und betonte, dass schriftliche Unterlagen vom Antragsteller mit Bewertung der Cima eingereicht werden müssen. Manfred Huber bat um nähere Informationen durch einen Experten des Cima-Unternehmens, was vom Bürgermeister befürwortet wurde. Dr. Winfried Drost (UGL) hingegen meinte, man solle nicht nur auf externe Berater hören und sich fragen, ob wirkliche eine Gefährdung des Ortszentrums zu befürchten sei. Seinem Eindruck nach überwiege beim Optiker der Handwerksbetrieb, und der Verkauf sei untergeordnet.
Auch für Franz Heuberger (SPD) ist das Konzept des Betriebs schlüssig und bringe mehr Vorteile. Er verwies auf die zukünftige Entwicklung im Bereich Eichelreuth mit mehr Wohngebäuden und viel mehr Anwohnern. Man müsse sich überlegen, wie sich dieser Bereich weiter entwickeln soll.
Antrag wird vorerst zurückgestellt
Gemäß Kattari wären Pläne, die belegen, dass zwischenzeitlich ein anderes Betriebskonzept vorliegt, hilfreich. Dem schloss sich Marina Geisteiger (SPD) an, die das mündlich vorgestellte Konzept gerne schriftlich bestätigt habe.
Dr. Ernst Weindel (UGL) resümierte, dass keine neuen Gesichtspunkte vorhanden seien und erst eine schriftliche Stellungnahme des Unternehmers benötigt werde. Mit zwei Gegenstimmen wurde der Antrag zurückgestellt. Der Antragsteller wird nun um weitere Stellungnahme gebeten. Zudem wird ein Experte zurate gezogen.