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Ministerin Kaniber in Siegsdorf

Kampf gegen das Wirtshaus-Sterben: Chiemgauer Podiumsdiskussion sucht nach Lösungen

Im Festsaal in Siegsdorf fand eine Podiumsdiskussion zum Thema „Wirtshaussterben“ statt. Dazu eingeladen war auch die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (Mitte) Links: Dr. Birgit Seeholzer, Geschäftsführerin der Chiemgau GmbH Wirtschaftsförderung.  Rechts: Moderator Axel Effner
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Im Festsaal in Siegsdorf fand eine Podiumsdiskussion zum Thema „Wirtshaussterben“ statt. Dazu eingeladen war auch die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber.

Wie stark trifft die Region das Wirtshaussterben? Und wie wirkt sich das auf den Tourismus aus? Dazu fand eine Diskussion in Siegsdorf statt. Eingeladen war auch Ministerin Michaela Kaniber. Die Veranstaltung brachte Licht in die vielschichtigen Herausforderungen der Branche und zeigte mögliche Lösungen.

Siegsdorf – Zahlreiche Gäste kamen im Festsaal in Siegsdorf zusammen. Der Verband der privaten Gastgeber im Chiemgau hatte am Donnerstag, den 23. November zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Das Thema: das Wirtshaussterben in der Region und die Auswirkungen auf den Tourismus.

Im Vorfeld der Veranstaltung war es zu Irritationen gekommen, weil der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) eingeladen war und zusagte. Letztendlich kam jedoch Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) und nahm an der Diskussion teil.

Eigene bayerische Initiative geplant

Moderator Axel Effner führte in das Thema des Abends ein. Er betonte, dass laut dem Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband die Anzahl der bayerischen Wirtshäuser von 20.000 im Jahr 2001 auf 14.500 im Jahr 2022 gesunken sei. „Noch beunruhigender ist, dass im Jahr 2022 rund 500 Gemeinden in Bayern ganz ohne Wirtshaus auskommen mussten, was etwa 23 Prozent aller Gemeinden im Freistaat sind.“

Auch für Michaela Kaniber sei das ein überaus ernstes Thema. Wer wie sie als Wirtstochter am Stammtisch groß geworden sei, bedient und geholfen habe, wisse wie brutal die Branche unter Druck stehe. Und welchen Herausforderungen sie ausgesetzt ist. Sie bedauere auch, dass die Mehrwertsteuer von 7 % für die Gastronomie nicht verlängert werde, und kündigte eine bayerische Bundesratsinitiative an. Sie warnte, dass die Rückkehr zum Satz von 19 % Preiserhöhungen und einen Gästerückgang nach sich ziehen könnte, was auch Steuereinnahmen schmälern würde.

Kaniber zeigte sich jedoch optimistisch über die Möglichkeiten ihres Ministeriums, die Gastronomie zu unterstützen. „Deswegen habe ich am meisten gehofft, dass der Tourismus beim Landwirtschaftsministerium landet, weil der Werkzeugkasten dort viel, viel größer ist“, sagte sie und verwies auf Förderprogramme und europäische Fördertöpfe. Das Ministerium werde sich sehr genau anschauen, an welchen Stellen es ansetzen müsse, ein weitgefächertes Portfolio für den Gast zu bieten. Das reiche vom Privatvermieter bis zum Fünf-Sterne-Haus. „Wir haben unglaublich viele Möglichkeiten und ich freue mich, das mit euch allen zu stemmen.“

Im Verlauf der Diskussion kamen auch weitere Vertreter der Gastronomie, Hotellerie und des Tourismus zu Wort und schilderten ihre Sorgen und Wünsche. Barthl Irlinger, Vorsitzender des Verbands der privaten Gastgeber, betonte die Bedeutung der traditionellen Gasthäuser für das gesamte Geschäftsumfeld, einschließlich der Privatvermieter und Brauereien. Laut Irlinger spielt das Wirtshaus eine entscheidende Rolle dabei, ob Feriengäste wiederkehren. Er appellierte an die Gemeinschaft, gemeinsam anzupacken, um das Wirtshaussterben zu stoppen.

Düstere Zukunftsprognosen

Die Gastronomie sei auch von Arbeitskräftemangel stark betroffen, was Irlinger durch den Rückgang von Wirten ohne Ruhetag seit der Pandemie unterstreicht. Ministerin Kaniber kritisierte dazu starre Arbeitszeitregelungen und plädierte für mehr Flexibilität und Vertrauen in die Arbeitnehmer.

Digitalisierung wurde von Moderator Effner als Schlüsselwort angesprochen, das die Branche voranbringen könnte. Dr. Birgit Seeholzer, Geschäftsführerin der Chiemgau GmbH Wirtschaftsförderung sieht darin zwar keine Generallösung, sie werde sich aber in vielen Lebensbereichen weiter entwickeln. „Da kann ich mir vorstellen, dass die Digitalisierung in der Gastronomie die Arbeitsbedingungen weiter erleichtert, sodass der Beruf für Fachkräfte und junge Leute wieder attraktiver wird“, sagte Seeholzer.

Bei der Podiumsdiskussion ging es um das Wirtshaussterben in Bayern. Um die Lage zu verdeutlichen, wurden Zahlen des DEHOGA-Bayern mitgeteilt.

Seeholzer sprach noch ein weiteres drängendes Problem an: den Mangel an beruflichem Nachwuchs. Sie wies darauf hin, dass während der Pandemie acht Prozent der Arbeitskräfte aus der Gastronomie in andere Wirtschaftsbereiche abwanderten und die Zahl der Berufsabschlüsse in den nächsten zehn Jahren um voraussichtlich zehn Prozent sinken werde. „Die Lücke zwischen denen, die in den Ruhestand gehen, und denen, die nachkommen, wird in allen Bereichen immer größer,“ erklärte Seeholzer. Arbeitgeber müssen daher attraktiver werden. Das Problem: Viele Betriebe seien nicht mehr in der Lage, eine umfassende Ausbildung anzubieten.

„Die Umkehr müssen wir gemeinsam hinkriegen“

Im weiteren Verlauf der Diskussion spricht Michaela Kaniber ein kulturelles Problem an. Sie kritisiert die „Geiz ist geil“-Mentalität, welche funktionierende Strukturen zerstört hat. „Jetzt rudern wir überall herum, um wieder zu diesen Strukturen zurückzukommen, zum Metzger, Bäcker und Gastronomen im Ort“, so Kaniber. Sie erinnerte sich an Stammtische, mit denen der Wirt früher im Winter überlebte. „Die Zeiten werden wir nicht mehr erleben. Und die Umkehr müssen wir tatsächlich gemeinsam hinkriegen“, ruft Kaniber auf.

Die Veranstaltung endete ohne kontroverse Diskussion, bot jedoch einen umfassenden Einblick in die Herausforderungen der Gastronomiebranche. Trotz der Schwierigkeiten wurden auch erfreuliche Ansätze sichtbar, die zeigen, wie es gelingen kann, das Wirtshaussterben zu stoppen oder sogar eine Trendwende herbeizuführen.

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