Infoveranstaltung in Seebruck
„Kommt einiges auf uns zu“: Wie Seeon-Seebruck gegen Katastrophen geschützt ist
Was passiert bei Katastrophen im Landkreis Traunstein? Noch genauer: in der Gemeinde Seeon-Seebruck? Sind Gemeinde und Landkreis geschützt? Genau mit diesen Fragen hat sich eine Infoveranstaltung in Seebruck befasst.
Seebruck – Wie sind der Landkreis Traunstein und die Gemeinde Seeon-Seebruck in Sachen Katastrophenschutz aufgestellt, und wie schaut es mit der Vorsorge für den Notfall aus? Darüber diskutierten die Bürger unlängst auf Einladung des Bündnis 90/Die Grünen-Ortsverbandes Seeon-Seebruck-Truchtlaching im Hafenwirt in Seebruck.
„Können froh über viele gutausgestattete Feuerwehren sein.“
Anwesend waren Seeon-Seebrucks Bürgermeister Martin Bartlweber (Freie Wähler), der Hauptamtsleiter der Gemeinde Benjamin Anweldt, Florian Appelt, Sachgebietsleiter Allgemeines Sicherheitsrecht, Brand- und Katastrophenschutz im Landratsamt Traunstein sowie die Grünen-Landesvorsitzende Gisela Sengl und die Grünen-Ortsverbandssprecherin Hannah Hollinger. Letztere moderierte den Abend.
Im Publikum saßen auch einige Vertreter der gemeindlichen Feuerwehren Seebruck und Truchtlaching sowie des DLRG-Ortsverbandes Seebruck-Truchtlaching und der Wasserwachts-Ortsgruppe Seebruck, die teilweise aus ihren Praxiserfahrungen berichteten.
„Wir wollen mit dieser Veranstaltung zeigen, dass der Katastrophenschutz sehr wichtig ist“, denn nicht zuletzt mit dem Klimawandel und den damit verbundenen Wetterkapriolen „kommt einiges auf uns zu“, betonte die frühere Grünen-Landtagsabgeordnete Gisela Sengl und lobte die vielen Bürger, die sich ehrenamtlich in Vereinen für die Sicherheit ihrer Mitbürger und den Katastrophenschutz engagieren. Das sei einen Applaus wert.
Sie selbst habe zuletzt bei sich in Sondermoning Wasser im Keller gehabt und sei erleichtert gewesen, dass die Feuerwehr gleich zur Stelle gewesen sei. „Wir können froh sein, dass wir in der Region so viele gutausgestattete Feuerwehren haben“, so Sengl.
Auch Bürgermeister Martin Bartlweber stimmte in die Lobeshymnen für die Blaulichtorganisationen und die vielen dort tätigen Ehrenamtlichen mit ein. Der Unterhalt der gemeindlichen Feuerwehren sei eine kommunale Pflichtaufgabe, der man sehr gerne nachkomme. Die finanzielle Unterstützung sei wichtig, damit die Wehren ihre Brand- und THL-Einsätze bestmöglich absolvieren könnten, so das Gemeindeoberhaupt.
Hochwasserplan in Gemeinde gut funktioniert
Erst vor kurzem sei es beim Hochwasser am Chiemsee und an der Alz „wieder Spitz auf Knopf gestanden“, doch zum Glück sei man „glimpflich davon gekommen“. Die Meldestufe 2 an der Messstation Seebruck/Alz war damals mit einem maximalen Pegelstand von rund 1,85 Metern erstmals seit dem Jahrhunderthochwasser 2013 (2,38 Meter) überschritten worden.
Der gemeindliche Hochwasserplan habe auch heuer wieder sehr gut funktioniert, meinte Hauptamtsleiter Benjamin Anweldt und lobte besonders die funktionierende Zusammenarbeit zwischen dem gemeindlichen Bauhof und der Seebrucker Feuerwehr. Zusammen habe man an den Brennpunkten stets alles im Blick und im Griff gehabt. Auch die Bürger seien auf der gemeindlichen Homepage und über Social Media stets auf dem Laufenden gehalten worden.
Als Gemeinde könnte man im Katastrophenfall auch auf andere Notfallpläne zurückgreifen, beispielsweise im Falle eines Blackouts, berichtete Anweldt. Man hoffe aber, dass solche Worst-Case-Szenarien „nie eintreten und nichts Schlimmeres passiert“, doch im Fall der Fälle wäre man als Kommune und als Landkreis gewappnet. Laut Bürgermeister Bartlweber sei aber auch jeder Bürger selbst in der Pflicht, bei sich zuhause für Notfälle Vorkehrungen zu treffen.
Der Katastrophenschutz sei Ländersache und es gebe auch im Katastrophenfall, bei dem eine akute Bedrohung für das Leben oder die Gesundheit vieler Menschen, die Umwelt oder andere bedeutende Rechtsgüter bestehe, „kein Handeln ohne Gesetz“, betonte der zuständige Sachgebietsleiter im Landratsamt Florian Appelt mit Verweis auf das stetig weiterentwickelte Bayerische Katastrophenschutzgesetz (BayKSG) von 1996. Die Einsatzleitung im Katastrophenfall obliege der Katastrophenschutzbehörde, die sich wiederum der Führungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK) bediene. Das Landratsamt, respektive der Landrat, rufe den Katastrophenfall aus und erkläre ihn auch wieder für beendet.
Appelt erläuterte auch wie die vielen Rädchen, die beim Abarbeiten eines Katastrophenfalls ineinandergreifen, von der politisch-administrativen Ebene bis zur taktisch-operativen Ebene mit der Unterstützungsgruppe Örtliche Einsatzleitung (UG ÖEL) und der Örtlichen Einsatzleitung (ÖEL) bis hin zu den verschiedenen Einsatzkräften, sprich Feuerwehren, Technisches Hilfswerk (THW), Polizei, Bayerisches Rotes Kreuz (BRK) und Bundeswehr. Abschließend erläuterte er in seinem Vortrag wie jeder Bürger selbst Vorsorge für den Katastrophenfall treffen könne und wie man sich in einem solchen am besten verhalte und wo man sich informieren könne. Appelt empfahl unter anderem die Warn-App NINA, eine vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zur Verfügung gestellte App für Smartphones, die dazu dient, der Bevölkerung wichtige Warnmeldungen zukommen zu lassen.
„Alles ist ersetzbar, nur Menschenleben nicht“, so Appelt. Der Schutz von Menschenleben stehe über allem. Evakuierungen wie bei der Schneekatastrophe im Januar 2019, als man den Schlechinger Ortsteil Raiten wegen großer Lawinengefahr räumen habe müssen, seien „immer das letzte Mittel“, so Appelt. Tendenziell hätten die Katastrophenfälle und Krisenlagen in jüngerer Vergangenheit zugenommen. Nach drei Jahren Corona-Krise sei es 2022 nahtlos weitergegangen mit dem Ukrainekrieg und einem großen Flüchtlingsansturm.
Auf die Frage von Gisela Sengl, ob die schlimme Ahrtal-Hochwasserkatastrophe 2021 mit vielen Toten genügend aufgearbeitet worden sei, meinte Appelt, dass er das aus der Ferne schwer beurteilen könne, man aber in Bayern mit dem Bayerischen Katastrophenschutzgesetz „besser aufgestellt“ sei als in anderen Bundesländern. Er würde gerne einmal von den anwesenden Vertretern der Blaulichtorganisationen wissen, ob sie im Einsatz tatsächlich schon öfters von Schaulustigen behindert oder von Passanten sogar beschimpft, beleidigt und aggressiv angegangen worden seien, oder ob das alles von der Presse zu sehr aufgebauscht werde, so Günther Riepp aus Truchtlaching.
Hans Heistracher, ehemaliger Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Seebruck, bestätigt Ersteres und sprach davon, dass man von uneinsichtigen Verkehrsteilnehmern tatsächlich auch schon bespuckt und tätlich angegriffen worden sei. „Uns ist auch schon über die Füße gefahren worden“, so Heistracher. Gerade die jungen Leute hätten keinen Respekt mehr vor den Einsatzkräften und würden sich den Anweisungen widersetzen, „was uns vor große Probleme stellt“, so der 2. Seebrucker Feuerwehr-Kommandant Martin Pfeiffer. „Das ist schlimm und auch beängstigend“, meinte die Moderatorin und hiesige Grünen-Sprecherin Hollinger.
Ohne Ehrenamt würde die Gesellschaft nicht funktionieren
Was klassische Katastrophenlagen anbelange, sei man in der Region gerüstet, doch wie sehe es hinsichtlich „digitalisierter Katastrophen“ aus, wollte 3. Bürgermeisterin Dr. Christine Kosanovic wissen und verwies exemplarisch auf Hackerangriffe und Blackouts. Dafür gebe es zwar „keinen Master-Plan“, aber man sei im Landkreis auch auf Cyber-Attacken und ähnliches vorbereitet und wisse, was man zu tun hätte, so Appelt.
In puncto Hochwasserschutz im Landkreis Traunstein verwies Gisela Sengl auf Pläne die Tiroler Ache im unteren Flussbereich aufzuweiten, sprich die Dämme zurückzubauen, um dem Wasser mehr Raum zu bieten. Bürgermeister Bartlweber zeigte sich glücklich, dass die Alz zwischen Seebruck und Pullach bei Hochwasser – wie zuletzt geschehen – noch weite Flächen überfluten könne, ohne Schäden anzurichten. Flüsse seien früher begradigt worden und würden nun auch im Sinne des Hochwasserschutzes wieder renaturiert. Abschließend appellierte die Grünen-Ortsverbandssprecherin Hollinger, dass alle Bürger in puncto Umwelt- und Klimaschutz an einem Strang ziehen sollten, um die Gefahr von Naturkatastrophen zu minimieren. Ohne Ehrenamt würde die Gesellschaft nicht funktionieren, so Hollinger.
Eine Lanze für die Erste-Hilfe-Ausbildung brach der pensionierte Lehrer und Seebrucker Wasserwachtler Andreas Dorn. Es sei nur zu begrüßen, junge Leute frühzeitig beispielsweise für das BRK, die Kinder- und Jugendfeuerwehr oder für Erste-Hilfe-Kurse zu begeistern und man müsse das auf allen Ebenen und mit allen Mitteln unterstützen, um auch in Zukunft personell und fachlich gut aufgestellt zu sein, appellierte Appelt.

