Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Nach Höhenflug als Sieger jäh abgestürzt

Vom Burnout zurück ins Leben: Sven Hannawalds inspirierende Geschichte in Traunstein

Nach seinem Burnout 2004 setzt sich der ehemalige Skispringer und Olympiasieger Sven Hannawald inzwischen als Gesundheitsbotschafter für die Aufklärung über mentale Krisen ein.
+
Nach seinem Burnout 2004 setzt sich der ehemalige Skispringer und Olympiasieger Sven Hannawald inzwischen als Gesundheitsbotschafter für die Aufklärung über mentale Krisen ein.

Nach einem Burnout hat der ehemalige Skispringer Sven Hannawald eine neue Karriere als TV-Kommentator und Unternehmensberater begonnen. Seine Geschichte ist ein starkes Beispiel dafür, wie man nach einem Burnout ein neues Leben beginnen kann.

Traunstein – Jeden kann es treffen, jederzeit. Das aktuellste Beispiel ist der Spitzenpolitiker und SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, der „aus gesundheitlichen Gründen“ vor kurzem die Notbremse zog und mit 35 aus dem hochtourig drehenden Polit-Karussell in Berlin ausgestiegen ist. Die Liste der Burnout-Opfer ist lang: Auch TV-Koch Tim Mälzer, Bestsellerautor Franz Schätzing oder Bayern-Sportvorstand Max Eberl fühlten sich eines Tages nur noch „müde, leer und antriebslos“.

Allgemeine Prävention immer wichtiger

Mit der Diagnose Burnout stürzte 2004 ebenfalls der Olympiagewinner, Skiflug-Weltmeister und Vierschanzentournee-Sieger Sven Hannawald nach einem Höhenflug der Erfolge jäh ab. Nach einem Klinikaufenthalt und Karriereende als Skispringer hat er sich inzwischen als TV-Kommentator, Unternehmensberater und AOK-Botschafter für psychische Gesundheit einen Namen gemacht. Als solcher begleitete er als Stargast und Mut-Macher auch einen von der AOK veranstalteten Informationstag über „mentale Gesundheit in der Arbeitswelt“ für Führungskräfte im Landratsamt Traunstein. Dieser fand im Rahmen der „Woche der seelischen Gesundheit“ im Landkreis statt.

Stellvertretender Landrat Sepp Konhäuser stellte in seiner Begrüßung heraus, dass angesichts immer komplexerer Herausforderungen in Beruf und Privatleben die allgemeine Prävention und betriebliche Gesundheitsförderung gerade beim Thema mentale Belastbarkeit immer wichtiger werde. Sepp Parzinger, Gewerkschaftssekretär beim DGB in Rosenheim und Beiratsvorsitzender der Versicherten bei der AOK-Direktion Bad Reichenhall, hob in der Diskussion mit Moderatorin Elena Mayer ebenfalls die starke Arbeitsverdichtung hervor. „Viele Leute zerreißt es förmlich im Spannungsfeld zwischen Arbeit, Familie, pflegenden Angehörige und Ehrenamt.“ Nicht zuletzt die Social Media trügen zur Verschärfung der Situation bei. „Deutlichen Handlungsbedarf“ stellte auch Mathias Förg, Direktor der AOK-Direktion Bad Reichenhall, fest. Zumindest sei die Aufklärung über das Entstehen von Burnout, die Ursachenzusammenhänge und probate Lösungswege inzwischen verbessert dank der Geständnisse zahlreicher Prominenter, der Berichterstattung und einer gewachsenen Sensibilität in Arbeitswelt und Gesellschaft.

Betroffene holen sich oft zu spät Hilfe

Welche Belastungsfaktoren durch fortlaufenden Stress zu einem seelisch-emotionalen Ausgebranntsein führen können, wie Führungskräfte Betroffenen helfen können und welche Angebote zu selbstwirksamer Hilfe es gibt, beleuchtete Philipp Hubert, Psychologe beim Bildungswerk der bayerischen Wirtschaft. Davor stimmte Andrea Seehuber von der AOK die rund 70 Zuhörer – darunter zahlreiche Personaler – mit einer Achtsamkeitsübung ein. Hubert zufolge sind psychische Erkrankungen nach Untersuchungen der AOK inzwischen ursächlich für jeden zweiten Fall von Arbeitsunfähigkeit. Deutlich steigend sei neben den Fallzahlen die Länge der Ausfalltage. Grund dafür sei unter anderem, dass sich Betroffene zu spät professionelle Hilfe holen oder auch in Unternehmen im Kollegenkreis lange weggeschaut werde. Dabei seien durch Antriebslosigkeit, Rückzug oder Veränderungen im Wesen, Auftreten, Aussehen und Arbeitsverhalten bereits früh erste Symptome einer psychisch-emotionalen Krise erkennbar. Hubert ermunterte die anwesenden Führungskräfte, mit Mitarbeitern rechtzeitig und niederschwellig ins Gespräch zu kommen.

Wie sein von Perfektion, Kontrolle, Ehrgeiz und eisernem Erfolgswillen geprägtes Leben als Sieger und „umjubelter Popstar des Sports“ Risse bekommen hat und sein Körper ihm im Burnout deutliche Grenzen gesetzt hat, zeigte Sven Hannawald eindrucksvoll in der Filmdokumentation „Seelenstark“. Sportliche Weggefährten, Trainer, Funktionäre und Eltern zeichnen darin ebenso wie Psychologen, Mediziner, Therapeuten und seine Frau den Weg des Erfolgs nach und den von „innerem Chaos“ und Selbstentfremdung begleiteten Absturz. Schließlich folgt der Weg durch die Krise zu einem neuen Selbstbild und Erfüllung im Leben.

Detailreich und emotional schilderte Hannawald – heute 49 und Vater von zwei kleinen Kindern –, wie er das „Leben quasi neu wiederentdeckt“ und neue Betätigungsfelder gefunden hat. In der Diskussionsrunde mit dem Psychogen Hubert Philipp und AOK-Direktor Mathias Förg sprach Hannawald über verdrängte Körpersignale, Therapieansätze, ein ausbalanciertes Leben und neue Verhaltensstrategien. So gestand er, Angebote für einen Trainerjob auszuschlagen, „weil ich mich da wahrscheinlich für meine Schützlinge wieder zu sehr reinsteigern würde“.

Kommentare