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Der Minister und die Mücke

„Wir können euch keine Hilfe bieten“: Umweltminister Glauber über die Mückenplage am Chiemsee

Collage: Der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber und eine Mücke
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Der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber und die Mücke: Er ist gekommen, um mit den Bürgermeistern der Chiemsee-Gemeinden und weiteren „Entscheidungsträgern“ über die Plagegeister zu beraten - viele Ergebnisse bringt er nicht.

Umweltminister Thorsten Glauber besuchte die Hirschauer Bucht am Chiemsee, um die Mückenplage zu begutachten. Mit Mückenschutzmittel in der Hand und vielen Worten im Gepäck bleibt die Frage: Gibt es Lösungen oder nur leere Versprechen?

Grabenstätt – Der Ort ist wohl gewählt: die Hirschauer Bucht beim Achendelta. Hier schwirren noch genug Stechmücken – so zumindest die Hoffnung. Denn der bayerische Umweltminister ist gekommen, um sich ein Bild von der Mückenplage zu machen. „Das wirst du brauchen“, sagt Dr. Martin Brunnhuber (Freie Wähler), Landtagsabgeordneter für Traunstein, und überreicht seinem Parteikollegen Thorsten Glauber eine Flasche Mückenschutzmittel.

Gut gelaunt kommt der Umweltminister Thorsten Glauber (links) an - vertieft ins Gespräch mit Dr. Martin Brunnhuber.

Fachgespräch zur Stechmückensituation mit „Entscheidungsträgern“

Der Landtagsabgeordnete hat zum Fachgespräch „Stechmückensituation am Chiemsee“ geladen. Gekommen sind „Entscheidungsträger“, wie er sagt: die Bürgermeister der Chiemsee-Gemeinden, Vertreter aus lokaler Wirtschaft und Tourismus, der Naturschutzbehörden und des Abwasser- und Umweltverbandes (AUV) Chiemsee. Im Nachgang sollen Umweltverbände mit einbezogen werden, sagt Brunnhuber.

Wenigstens den Priener Bürgermeister Andreas Friedrich hat eine Mücke erwischt.

Der Hintergrund:

Am Chiemsee kann gegen die Überschwemmungsmücke mit dem Wirkstoff des Bakteriums B.t.i. (Bacillus thuringiensis israelensis) vorgegangen werden. Die Eier der Mücken schlummern in den Wiesen rund um den See. Tritt der Chiemsee über seine Ufer, werden die Wiesen geflutet und Mückenlarven schlüpfen aus den Eiern. Die Lebenserwartung der blutsaugenden Weibchen ist auf etwa sechs bis acht Wochen beschränkt. Von der Überflutung bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Larven die Wasseroberfläche als Mücke verlassen, dauert es nur wenige Tage.

Das kristalline Eiweiß B.t.i., das gegen die Überschwemmungsmücke ausgebracht werden kann, wird nur von den Larven der Mücke aufgenommen. Durch das Protein sterben sie – so wie alle anderen Mückenlarven, die das Insektizid fressen. Der Einsatz von B.t.i. unterliegt deshalb Auflagen von Naturschutzbehörden. Werden diese nicht erfüllt, kann kein B.t.i. am Chiemsee ausgebracht werden.

Auf der Aussichtsplattform am Chiemsee deutet Thorsten Glauber in die Ferne.

Treffen auf dem Parkplatz

Zu Beginn des Treffens führt Martin Brunnhuber Umweltminister Thorsten Glauber auf eine Aussichtsplattform am Chiemsee. Oben steht ein Mann mit Fernglas und beobachtet die Vögel. Um Ruhe wird hier oben durch ein Schild gebeten. Die wird genommen. Brunnhuber und Glauber unterhalten sich vor der Kulisse des bayerischen Meers. Es gibt viele Fotos und beide deuten bedeutsam in die Ferne. Die geladenen Gäste sind ihnen auf dem Pfad zum See gefolgt. Auf der Aussichtsplattform gibt es keinen Platz für sie. So dreht der Zug an Menschen nach dem Fotoshooting wieder um und versammelt sich gemeinsam auf dem Parkplatz.

Auf der Aussichtsplattform haben wenige Platz - daher geht es nach den Fotos zurück zum Parkplatz.

Niemand zappelt, keiner muss um sich schlagen und alle lauschen. „Können wir irgendetwas machen, um die Lage für die Zukunft zu verbessern?“ Mit dieser Fragestellung leitet Martin Brunnhuber das Gespräch ein. Das Thema Stechmücken sei für den Umweltminister nichts Neues, sagt dieser, als er das Gespräch übernimmt. „Wir haben B.t.i. bei euch in der Region eingesetzt“, führt er mit einem Seitenblick auf die Bürgermeister aus, „und letztendlich werden wir es auch wieder einsetzen, wenn wir es hätten – aber wir haben es nicht.“

Keine Hilfe für den Chiemgau

Der Markt sei nach dem Hochwasser in Süddeutschland im Juni schnell leer gekauft worden, „deshalb können wir euch momentan auch keine Hilfe bieten“, sagt der Umweltminister. „Die Produktion dauert mehrere Monate und damit ist im Prinzip das Jahr eigentlich schon Geschichte.“ Eine spontane Idee kommt ihm noch: „Außer es gibt jemanden hier in der Runde, der einen guten Kontakt hat – den nehmen wir auch gerne mit.“ Verhaltene Lacher kommen von den Versammelten.

Der Umweltminister bringt wenige Antworten.

Glauber spricht nach unten zu seinen Füßen, ein ausgeschaltetes Tablet fest umklammert. Laut überlegt er Pläne, wie eine Lagerung des Mittels B.t.i. aussehen könnte, und stellt diese im Nebensatz wieder selbst infrage, da es aufgrund der kurzen Haltbarkeit nicht möglich sei. „Wir haben auch noch nicht den –“, verliert Glauber den Satz, „Königsweg“ souffliert Brunnhuber. An den Auflagen für den Einsatz möchte der Minister festhalten, aber er stehe zu dem Einsatz. „Das ist für mich die Botschaft an Sie: Sie können sich darauf verlassen, dass die Regierungsseite da steht.“

Seit 20 Jahren Erfahrung

„Es ist nicht so, dass wir das Rad neu erfinden, wir haben das über Jahre hin entwickelt – zusammen mit dem Ministerium“, sagt AUV-Geschäftsführer Quirin Schwaiger. Seit über 20 Jahren ist der AUV Chiemsee federführend in der Stechmückenbekämpfung. Den Weg, der aktuell gegangen werde, sei ein sehr schmaler Grat zwischen Naturschutz, Wirtschaft und Zustimmung der Bevölkerung. „Was man am Chiemsee nicht unterschätzen darf, ist der schützenswerte Raum. Unser Tourismus ist deshalb so stark, weil wir eine wahnsinnig schöne Natur haben, die es auch zu schützen gilt“, führt Schwaiger an.

AUV-Geschäftsführer Quirin Schwaiger spricht über die Erfahrung mit dem Einsatz von B.t.i.

Christina Pfaffinger, Geschäftsführerin vom Chiemsee-Alpenland Tourismus, geht auf den Image-Schaden durch die mediale Berichterstattung und den wirtschaftlichen Schaden ein. Das Jahr sei vergleichbar zu dem Hochwasserjahr 2013. Durch fehlende Übernachtungen während der Mückenplage seien der Region damals 37 Millionen Euro verloren gegangen. „Wir leiden darunter, wir brauchen Taten. Ich danke Ihnen da ganz herzlich, wenn Sie uns da nicht im Stich lassen“, sagt sie an den Minister gerichtet.

Christina Pfaffinger, Geschäftsführerin vom Chiemsee-Alpenland Tourismus bittet den Minister um Taten.

Viele Worte, keine Taten

Die Antwort des Ministers sind viele Worte. Er startet bei der Berichterstattung nach dem Hochwasser, geht über zu den Nachrichten zur Mückenplage und redet sich bei der Fußball-Europameisterschaft in Rage. Schließlich kommt er an den Einfluss von negativen Nachrichten im Fernsehen auf die Kinder an und schließt mit einem philosophischen Exkurs über „Aufbruchstimmung“ und eine „positive Gesellschaft“. Wie er die Tourismusbranche unterstützen will, beantwortet er nicht.

Zum Abschluss gibt es Schnaps von Brunnhuber für den Minister.

Zum Abschluss bekommt der Umweltminister noch ein Geschenk. „Ein hervorragendes Mittel gegen alle Probleme“, sagt Martin Brunnhuber und gibt ihm eine Flasche Schnaps. „Vielen Dank, dass du da warst, und ich denke, in dem Sinne können wir weiter machen.“

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