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Helden der Lüfte: die Crew des Rettungshubschraubers Teil 2

Berufsalltag im Christoph 14: „Was wir hier machen, ist kein Kindergarten“

Collage: links: Ein Team des Rettungshubschraubers Christoph 14: von links: Benjamin Höflinger, Dr. Markus Barth, Robert Portenkirchner. Rechts: Rettungsaktion an der Seilwinde.
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Helden der Lüfte: Im zweiten Teil des Zweiteilers erzählen Robert Portenkirchner (linkes Bild, rechts) und der Hubschraubernotarzt Dr. Markus Barth (linkes Bild, mitte) von ihrem Berufsalltag. Im ersten Teil erfuhren wir mehr von Pilot Benjamin Höflinger (linkes Bild, links). Rechts: Rettungsaktion an der Seilwinde.

„Der Adrenalinspiegel steigt schon, aber Angst haben wir nicht.“ Auch im Zweiten Teil unseres Zweiteilers „Helden der Lüfte“ erzählen Crewmitglieder des Christoph 14 von ihrer Mission, Menschen zu retten: Wie geht man mit tragischen Fällen um? Warum gibt es immer mehr Bergeinsätze? Und was macht ihr da oben eigentlich genau? Notarzt Dr. Markus Barth und Stationsleiter Robert Portenkirchner haben Antworten:

Traunstein - „Also so ist es jetzt nicht, dass wir nach jedem Einsatz am Berg denken, was für ein Depp.“ Im ersten Teil des Zweiteilers „Helden der Lüfte“ erzähle ich, wieso ich die Menschen im Rettungshubschrauber genauer kennenlernen wollte. Im Italienurlaub war meine Hündin in den Abgrund gestürzt. Der Heli kam und hat uns gerettet. Robert Portenkirchner hat Verständnis. Es könne eben einfach mal blöd laufen und dafür sei die Luftrettung ja da.

Insgesamt 34 Notärzte, Piloten und Rettungssanitäter (HEMS TC) im Einsatz

Im Landkreis Traunstein sind das 34 Notärzte, Piloten und Rettungssanitäter, sogenannte HEMS TC (Helicopter Emergency Medical Services Technical Crew Member). Sie geben täglich alles, um Leben zu retten. Im letzten Teil hat der Berufspilot und Polizeibeamter Benjamin Höflinger von den Herausforderungen seines Jobs berichtet. Außerdem haben wir erfahren, wie der Hubschrauber Christoph 14 zu seinem Namen kam. Diesmal sprechen wir mit dem Hubschraubernotarzt und dem Stationsleiter.

2023 flog Christoph 14 insgesamt 1280-mal zum Einsatz: Unfall auf der Autobahn, Blockade am Klettersteig, dringende Verlegung von Patienten. Der Rettungshubschrauber ist oft die schnellste Möglichkeit zu helfen. Im Heli sitzen neben dem Piloten im Normalfall noch der Notarzt und der Rettungssanitäter.

Im Jahr 2023 war der Rettungshubschrauber Christoph 14 ganze 1280-mal im Einsatz. Insgesamt zählt das Team des Helis 34 Notärzte, Piloten und HEMS TC (Rettungssanitäter):

Rettungssanitäter sind die Allrounder der Lüfte

„Also umgangssprachlich würde man jetzt Notfallsanitäter sagen, aber weil das nicht so richtig trifft, gibt es diese lange Bezeichnung Emergency Medical Service Technical Crew Helikopter, kurz HEMS TC.“ Robert Portenkirchner ist Leiter der Station Christoph 14 und auch Sprecher der leitenden HEMS TC der 12 Zivilschutzhubschrauber in Deutschland. Was ist da der Unterschied? „Wir machen mit dem Piloten zusammen die fliegerische Komponente. Also die Navigation zur Einsatzstelle, die Luftraumbeobachtung und Unterstützung bei der Aufklärung des Fluges.“ Außerdem sei auch das Bedienen der Winde seine Aufgabe, so Portenkirchner. Und die Antwort, wie das genau funktioniert, lässt mich schaudern:

In diesem schwarzen Gehäuse steckt die Winde. Sie ist oberhalb des Hubschraubers fest installiert und wird vom sogenannten HEMS TC bedient.

„Ein bisschen schwindelfrei muss man schon sein“

„Ein bisschen schwindelfrei muss man schon sein“, Robert Portenkirchner schmunzelt. Er erklärt: Der„HEMS“ steht bei einem Windeneinsatz außerhalb des schwebenden Hubschraubers. Er sei natürlich gesichert und stehe dann nach vorne gebeugt auf den Kufen des Helikopters. So könne er den Notarzt an der Winde optimal sehen und mit ihm kommunizieren. Ich stelle mir vor, wie Portenkirchner mehrere hundert Meter über dem Abgrund auf den Kufen des Hubschraubers steht und schaue scheinbar entsprechend beeindruckt: „Ja, was wir da machen, ist kein Kindergarten“, fügt er mit einem Lächeln im Gesicht hinzu.

„Ein bisschen schwindelfrei“ müsse man schon sein. Der HEMS TC, Robert Portenkirchner steht beim Einsatz mit der Winde außerhalb des Helis, gesichert, auf den Kufen.

Mit 1,30 Meter die Sekunde in die Tiefe - Die Seilwinde macht es möglich

Er könne den Notarzt mit 1,30 Metern die Sekunde ablassen: „Wir nehmen unten Geschwindigkeit raus. Durch Handzeichen weiß ich, wie viel Meter noch bis zum Boden sind.“ Da zwängt sich die Frage auf, wie der Notarzt sich in dem Moment fühlt? Alles Routine? „Wenn man da ein Problem hätte, ist man nicht geeignet. Wenn einer noch, bevor er auf den Hubschrauber kommt, zu Schwindel neigt, dann wäre der Job nicht der richtige.

Die Arbeitsbedingungen im Rettungshubschrauber sind anders

Dr. Markus Barth ist Oberarzt der Intensivstation im Traunsteiner Krankenhaus. Höhenangst kennt er nicht. Um im Hubschrauber als Notarzt mitfliegen zu können, müsse man eine Zusatzausbildung absolvieren: „Weil natürlich die Arbeitsbedingungen auf dem Rettungshubschrauber anders sind. Die Platzverhältnisse sind schlechter. Es gibt Betriebsbedingungen zu beachten, weil man sich natürlich auch nicht verletzen soll am Rotor und dergleichen. Und an unserem Standort ist es zusätzlich notwendig, dass die Ärzte eine Ausbildung in der Berg- und Windenrettung haben.“

Der Notarzt im Team ist meist der erste beim Patienten. Für Dr. Markus Barth Alltag: Wenn es Sinn macht, kommt die Winde zum Einsatz. Dann schwebt er hunderte Meter über dem Boden und wird per Winde zum Patienten gebracht.

Bergwacht und Hubschrauberteam arbeiten eng zusammen

Bei Bergeinsätzen seien aber, so Barth, auch meistens noch Leute von der Bergwacht dabei und Portenkirchner ergänzt: „Einen Notarzt allein setzen wir im Prinzip nur an Stellen aus, wo es einigermaßen für ihn tragbar ist und der Patientenzustand eine umgehende ärztliche Versorgung notwendig macht. Das muss er auch selber sagen, ob es zu gefährlich ist oder ob er sich zutraut.“ Die Bergwacht kenne oft das Gelände vor Ort sehr gut, außerdem könne ein Bergwachtler dann bei einer Rettungsaktion auch den Notarzt sichern.

Ich bin Intensivmediziner. Das ist meine Profession.

Dr. Markus Barth, Notarzt im Rettungshubschrauber

Das klingt alles sehr spektakulär und nervenaufreibend. Dr. Markus Barth macht den Job im Heli bereits seit 20 Jahren. Was ist die Motivation dahinter, sich als Arzt in solche Situationen zu begeben? „Ich bin Intensivmediziner. Das ist meine Profession. Notfallmedizin ist letztendlich nichts anderes als präklinische Intensivmedizin. Die Intensivmedizin nach draußen zum Patienten zu bringen.“ Der Einsatz im Hubschrauber sei, so Barth, aber auch deshalb so attraktiv, weil das Team klein sei. Man kenne jeden Notarzt, Sanitäter und Piloten. Das mache die Arbeit leichter, weil man einfach eingespielt sei.

Patientenschicksale, die man nicht routinemäßig abspult

Nach so langer Zeit als Hubschraubernotarzt - hat man da noch manchmal tragische Einsätze zu verdauen oder ist bereits alles Routine? Dr. Markus Barth denkt kurz nach. Es sei eigentlich kein großer Unterschied zu seiner Arbeit in der Klinik: „Auf einer Intensivstation, wo ich arbeite, hat man auch viele belastende Schicksale und Fälle, die man nicht einfach so routinemäßig abspult.“ Natürlich würde man sich immer professionell verhalten, aber es lasse einen nicht einfach kalt: „Wir haben sicher auch Einsätze, wo man weiß, dass die letztendlich das Leben von Patienten dauerhaft beeinträchtigen werden, also Unfälle oder Erkrankungen oder gar zum Tode führen und das ist schon etwas, das einen belastet.“ Sehr viele Einsätze seien aber weniger dramatisch, weil man wisse, dass der Patient wieder gesund werden wird.

Einsätze, die man mit nach Hause nimmt

Das kann auch Robert Portenkirchner bestätigen: „Bei uns ist nicht jeder Einsatz hochdramatisch, manche Einsätze stellen sich vor Ort anders dar, als sie bei der Einsatzmeldung noch geklungen haben.“ Das sei Teil des Jobs. In einem Moment noch ein entspannter Einsatz und beim nächsten Anflug kann es hochdramatisch werden: „Zum Beispiel Schwerbrandverletzte, gravierende Verkehrsunfälle oder wenn es etwas mit Kindern zu tun hat.“ Das seien auch teilweise dann die Einsätze, die einen schon noch beschäftigten, die man mit nach Hause nehme, so Portenkirchner.

Grundsätzlich sei aber nicht die Schwere der Verletzung entscheidend, ob der Hubschrauber kommt: „Wir sind immer dann gefordert, wenn die Luftrettung die schnellste Notarztzubringung gewährt“, erklärt Portenkirchner. Und das entscheide die integrierte Leitstelle in Traunstein, bei der der Notruf eingeht.

Bei einer Blockade im Klettersteig zahlt der Gerettete in der Regel selbst

Die Einsätze des Christoph 14 steigen. Vor allem in den Bergen. Warum? „Häufig sind es Leute, die sich in ein hochalpines Gelände wagen und nicht wissen, was sie da tun.“ Portenkirchner nennt ein Beispiel, mit dem die Retter aus der Luft häufig konfrontiert sind - der Blockade im Klettersteig: „Grade noch im Auto, und zehn Minuten später schon in der Steilwand. Nach 200 Metern setzt dann die Angst ein, man zittert, verliert dadurch immens Kraft und kommt nicht weiter.“ Der Pilot Benjamin Höflinger betont an dieser Stelle im Gespräch: „Da dies kein medizinischer Notfall ist, hat der Verursacher die Einsatzkosten selber zu tragen.“

Tragisch: Während die Besatzung des Christoph 14 Leute, die sich überschätzt haben, aus den Klettersteigen holt, fehlt der Hubschrauber andernorts: „In dieser Zeit ist man nicht verfügbar für einen Herzinfarkt, für einen Schlaganfall, für einen Verkehrsunfall, für eine Kinderreanimation“, so Portenkirchner.

Top ausgebildet und hoch motiviert eilen sie von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang herbei, um zu helfen. Die Besatzung des Christoph 14. Drei von ihnen durften wir kennenlernen. Und ich werde beim nächsten Mal, wenn ich den orangen Engel fliegen sehe, auf jeden Fall mal winken, nur zur Sicherheit. Vielleicht sitzen da grade Dr. Markus Barth, Robert Portenkirchner und Benjamin Höflinger und bereiten sich auf den nächsten Einsatz vor.

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