Überraschung, Eile und lauter ungeklärte Fragen
Tittmoning unter Druck: Landesgartenschau 2026 plötzlich „geschenkt“ - wie soll das gehen?
Schweinfurt zieht zurück, Tittmoning soll einspringen - obwohl bisher nur ein grobes Konzept steht: Kann man in nur zweieinhalb Jahren eine Landesgartenschau aus dem Boden stampfen? Zweifel und Hoffnungen sind gleichermaßen groß. Aber jetzt drängt die Zeit.
Tittmoning - Vom Landwirt über den Bäcker bis zum Bürgermeister - die 5900-Einwohner-Stadt Tittmoning steht dieser Tage gewaltig unter Druck. Eigentlich wollte man rund um das Jahr 2030 eine Landesgartenschau in die Stadt holen, einen Zuschlag bekam man nicht. Doch jetzt könnte es schneller gehen, als vielen lieb ist: Ausrichter Schweinfurt zog zurück, Tittmoning soll einspringen - und sich bis 2026 neu erfinden, umkrempeln, aufhübschen. Die Zeit drängt, in drei Wochen entscheidet der Stadtrat. „Was passiert da mit uns?“, fasste ein verunsicherter Tittmoninger Geschäftsbetreiber in der Infoveranstaltung am Montag (23. Oktober) im Pfarrsaal zusammen.
Landesgartenschau 2026? „Ein halbes Jahr lang schauen alle auf Tittmoning“
Das LGS-Konzept ist bisher nur grob, keine einzige der europaweiten Ausschreibung ist fertig, die Höhe der Kosten und Fördergelder weiß niemand so genau und unterm Strich wird gut ein Jahr für die Bauarbeiten bleiben. „Es ist knapp. Aber es würde funktionieren“, ist sich Annette Pfundheller vom Architekturbüro „Mahl Gebhard Konzepte“ sicher. Auch Bürgermeister Andreas Bratzdrum (CSU) spricht von einer „großen Chance“. All die Projekte, die in den letzten Jahren liegengeblieben seien, könnten jetzt angepackt werden - mit ordentlichen Finanzspritzen der öffentlichen Hand. „Es geht um die Lebensqualität der kommenden Generationen und um die Attraktivität für Betriebe und Arbeitnehmer.“
Mehr erlebbares Wasser, mehr Grün - das ist der Plan für 2026. Der unterirdische Ponlachbach und der Stadtbach sollen wieder an die Oberfläche, dazu vielleicht die Reaktivierung von Mühlen. Die Salzach nahe der Grenzbrücke soll schöner und zugänglicher werden, der Burginnenhof werde grüner, genauso wie der Klostergarten. Und vor allem der historische Stadtplatz: Weniger Autos, weniger Stein und Asphalt, mehr Wasser, mehr Bäume, mehr Platz für die Gastro. „Ein halbe Jahr lang werden alle auf Tittmoning schauen“, prophezeit Architektin Pfundheller.
2024 Feinplanung, 2025 Bau, 2026 Landesgartenschau - kann das klappen?
Doch die Bedenken der Tittmoninger sind konkret: Wo parken die Gäste? Wo übernachten sie? Wo ist der eingezäunte LGS-Bereich? Was kostet alles? Denn Tittmoning hat kein einziges Hotel, kein Parkhaus und der Bahnhof liegt sechs Kilometer vor der Stadt. Hunderttausende sind es, mit denen gerechnet werden darf. „Das sind alles Fragen, die wir in der Planung noch beantworten müssen“, versuchte Michael Blanck von der Bayerische Landesgartenschau GmbH zu beruhigen. Der Zeitplan ist wahrlich sportlich: Noch heuer Fördergelder abklopfen und ein genaues Konzept ausarbeiten. Nächstes Jahr die Feinplanung, 2025 die Bauarbeiten, im Frühjahr 2026 würde eröffnet.
„Und die Kosten werden wir bis zur Stadtratssitzung noch darstellen“, so Bratzdrum. Er rechnet mit zehn Millionen Euro Investitionskosten, von denen im allerbesten Fall nur 20 Prozent an der Stadt hängenbleiben. Die Durchführungskosten könnten sich durch die Eintritte decken. Und was, wenn die Kosten während der Planung davonrennen? Käme man dann noch aus dem Vertrag? Schweinfurt zog schließlich genau deshalb zurück - die Investitionskosten stiegen innerhalb zweier Jahre von neun auf 23 Millionen Euro.
Abstimmung per Hand ergab recht klares Bild
Anfangs schien die Stimmung der über 100 Tittmoninger im Pfarrsaal geteilt. Die kritischen Fragen überwogen, Euphorie war aber auch zu spüren. Dann wollte Stadtrat Hans Glück (Ökologische Bürgerliste) ein grobes, gesamtes Meinungsbild haben und die Leute per Handzeichen „abstimmen“ lassen. Als es nach zwei Stunden Diskussion soweit war, ergab sich ein recht klares Bild: die große Mehrheit der anwesenden Tittmoninger will die Landesgartenschau 2026 wohl. Am 14. November bestimmt der Stadtrat. „Er wird‘s im Kreuz haben, diese Entscheidung zu treffen“, so Bürgermeister Bratzdrum.
chiemgau24.de wird einen weiteren Artikel zu den genauen Fragen, Bedenken und Vorschlägen der Bürger aus der Veranstaltung am Montag veröffentlichen.
xe
