Der Kampf eines Tittmoningers ums Internet
Die lange Leitung der Telekom: „Ich komm’ mir vor wie in einer Bananenrepublik“
‚Telekom - wir sind das Netz‘. Der Werbespruch des Mobilfunkanbieters - Hohn in den Ohren von Franz Stockhammer. Seit Jahren schlägt sich der Tittmoninger mit einer toten Leitung herum. Chiemgau24.de fragt bei der Telekom nach. Dann geht alles doch ganz schnell:
Tittmoning – Drei Tage vor Weihnachten ist es wieder so weit. Franz Stockhammer kommt von der Arbeit nach Hause. Vor seinem Haus liegt das zerfranste Ende eines abgerissenen Kabels. Er weiß aus Erfahrung: Jetzt geht erst mal wieder nichts mehr, denn – es handelt sich um das Telefonkabel der Telekom. Kein Telefon, kein Internet, und er ahnt da schon:
Funkstille an Weihnachten – eine ‚sehr stade Zeit‘
„So kurz vor Weihnachten, das ist immer ein Problem, das verstehe ich auch. Da muss ich wohl erst mal mit leben.“ Er habe die Beschädigung des Kabels sofort gemeldet. Die Antwort wäre auch prompt gekommen, so Stockhammer: Es wäre jetzt über die Feiertage schwierig, man wolle Anfang Januar vorbeikommen und den Schaden beheben. Der Schaden - ein zerrissenes Kabel - nichts Neues für den langjährigen Telekom-Kunden.
Unterirdisch, oberirdisch oder sogar außerirdisch: es ist scheinbar kompliziert
„Bei mir verläuft das Telefonkabel noch oberirdisch“, erklärt Stockhammer. Das sei natürlich nicht ideal. Sein Haus gehört zur Gemeinde Kirchberg im Süden von Tittmoning. Es liegt unterhalb einer Anhöhe., der Kabelmast stünde oberhalb beim Nachbarn. Durch die Topografie hänge die Leitung genau auf Höhe der Straße vor Stockhammers Haus zu niedrig. Er habe das auch ausgemessen: 3,95 Meter statt der gesetzlich erforderlichen 4,50 Meter. Landwirtschaftliche Fahrzeuge, vermutet Franz Stockhammer, würden so immer wieder das Kabel mit sich reißen.
Leitung wird immer wieder zerstört - Konsequenz Fehlanzeige
„Ich war nie dabei, die Leitung lag immer schon so da, wenn ich heimgekommen bin.“ Immer? Insgesamt erinnert sich Stockhammer an fünf Kabelrisse: „Das erste Mal, das war vor zirka dreißig Jahren. Da ging das mit der Reparatur recht fix damals, das hat so drei Tage gedauert.“ Das zweite Mal wurde die Telekomleistung vor fünf Jahren zerstört. Und damals wären es dann schon drei Wochen gewesen, bis das Problem behoben wurde, so Stockhammer.
Kein Geld für Erdleitung?
Mehrfach habe er in der Vergangenheit versucht, eine dauerhafte Lösung für das Problem zu finden. Bei einer Erneuerung der Straße vor 15 Jahren wollte er bereits erwirken, dass ein Rohr für den Leitungsstrang der Telekom gelegt wird, um so später nicht wieder die Straße komplett aufreißen zu müssen. Laut Stockhammer ist die Antwort der Telekom damals ernüchternd: „Für so einen Schmarrn hätten sie kein Geld. Daraufhin habe ich auf meine eigenen Kosten ein Leerrohr verlegen lassen.“
Kupferleitung lohnt nicht mehr?
Dann vor zwei Jahren ein erneuter Versuch, die altmodische und gefährliche Variante der oberirdischen Leitung loszuwerden. Die Telekom verlegt zu dem Zeitpunkt Leerrohre für Glasfaserkabel: „Da habe ich nachgefragt, ob man den Anschluss nicht vom Nebengebäude unterirdisch verlegen könne. Die Antwort des Telekom-Mitarbeiters von der Bauabteilung: Wenn es für Glasfaser ausgelegt ist, verlegen wir da jetzt kein Kupfer mehr.“
Ein Vierteljahr ohne Telefon und Internet
Alle Versuche, die Leitung in die Erde zu bekommen, scheitern. Und dann wird die ‚stade Zeit‘ im Dezember 2023 so richtig ‚stad‘. Denn das Unvermeidbare passiert wieder: Das Kabel reißt - Funkstille bei Franz Stockhammer. Und diesmal für sehr lange Zeit. Erst nach einem Vierteljahr wird nach vielem hin und her endlich die Leitung repariert. Sie hält genau drei Wochen. Dann liegt das schwarze Kabel wieder zerrissen auf der Straße vor Stockhammers Haus.
„Ich komme mir vor wie in einer Bananenrepublik“
„Alle zwei Wochen habe ich E-Mails geschrieben, immer ein bisschen anderer Text, damit es nicht langweilig wird.“ Irgendwann kann er seinen Ärger nicht mehr zurückhalten: „Erst hab ich gedacht, ich komme mir vor wie in einer Bananenrepublik. Aber das stimmt nicht. Ich bin mitten im Dschungel einer Bananenrepublik, weil außerhalb vom Dschungel haben die ja überall guten Empfang.“
Die erfreuliche Wendung nach der Presseanfrage bei der Telekom
Im Mai wendet sich Franz Stockhammer mit einem Leserbrief an chiemgau24.de. Er wüsste nicht mehr weiter und schildert sein Dilemma. Dafür fährt Stockhammer ins Vereinsheim, da hat er ein Telefon und Internet. Wir sprechen die Pressestelle der Telekom darauf an: Eine Woche vergeht - auch uns gegenüber Funkstille: nach erneutem Nachhaken dann eine überraschende Wende im ‚Fall Stockhammer‘. Am 24. Mai schreibt die Telekom:
Telekom entschuldigt sich und ist plötzlich sehr schnell
„Die Reparatur des abgerissenen Kabels erfolgt voraussichtlich bis Ende dieser Woche. Für diese Verzögerung entschuldigen wir uns ausdrücklich. Das ist definitiv nicht unser Anspruch.“ Sie bestätigen in ihrem Schreiben den Verdacht von Franz Stockhammer, dass die Leitung eigentlich zu tief hängt: „Wir gehen davon aus, dass der Schädiger mit ausgefahrenen Anbauten unter dem Kabel durchgefahren oder die lokale Hanglage des verfügbaren Durchfahrtskorridores verkleinert ist. Derzeit prüfen wir vor Ort verschiedene Möglichkeiten einer Lösung, u.a. den Mast zu erhöhen.“
Und dann erreicht chiemgau24.de am 27. Mai eine sehr freudige Nachricht von Franz Stockhammer selbst: „Soeben bin ich wieder ans Netz gekommen.“ Auch die Telekom schreibt erneut und teilt mit, dass die Schäden behoben werden konnten. Und das ist noch nicht alles: Einen Tag später sieht es so aus, als könnte doch noch das Unmögliche wahr werden: Die Leitung wird vielleicht sogar in die Erde verlegt:
Doch noch ein Erdkabel? Wunder gibt es immer wieder
„Heute war schon wieder jemand von der Telekom bei mir. Er ist von der Technik in Altötting und hat sich sogar für mein Leerrohr interessiert, dass ich vor zirka 15 Jahren in die Straße einbauen ließ. Er hat sich die Situation angesehen und gesagt, dass womöglich doch ein Erdkabel eingebaut werden kann. Vielen Dank, es bewegt sich doch noch was.“
Bei Störungen: Recht auf Entschädigung
Und einen Tipp hat Franz Stockhammer noch an alle Leserinnen und Leser, die auch Probleme mit dem Netzanbieter haben: Bei solchen Störungen habe der Kunde das Recht auf Schadenersatz. Die Telekom habe ihm das leider nie verraten: „Nachdem ich die Telekom dann auf den Praragraph 58 des Telekommunikationsgesetzes hingewiesen habe, haben die auch sofort und sehr schnell 860 Euro Entschädigung gezahlt.“
