Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Sexuelle Belästigung von Schulmädchen

„Es steht Aussage gegen Aussage“: Prozess gegen Akademiker aus dem Landkreis Mühldorf endet

Am Landgericht Traunstein endete der Berufungsprozess gegen einen Akademiker aus dem Landkreis Mühldorf. Er soll zwei Mädchen angefasst haben.
+
Am Landgericht Traunstein endete der Berufungsprozess gegen einen Akademiker aus dem Landkreis Mühldorf. Er soll zwei Mädchen angefasst haben.

Der Berufungsprozess gegen einen Familienvater aus dem Landkreis Mühldorf ist beendet: Dem Akademiker wurde vorgeworfen, zwei Schulmädchen unangemessen angefasst zu haben – doch es stand Aussage gegen Aussage.

Traunstein / Landkreis Mühldorf – Am 7. Januar wurde am Landgericht der Berufungsprozess gegen einen Akademiker aus dem Landkreis Mühldorf beendet. Der Angeklagte stand im Juni 2024 wegen sexueller Belästigung zweier Schulmädchen vor dem Amtsgericht Mühldorf und wurde wegen seiner Handlung an einem Mädchen verurteilt und in Bezug auf weitere Vorwürfe freigesprochen. Nach dem Urteil hatte sowohl der 51-Jährige als auch die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel eingelegt und es folgte der Berufungsprozess in Traunstein. Nach der Prüfung des Urteils der ersten Instanz kam die Jugendkammer unter dem Vorsitz von Richterin Heike Will zu dem Schluss, dass die Berufung als „unbegründet“ verworfen werden kann. Es bleibt demnach bei dem Urteil des Amtsgerichts und auch die Höhe der Geldstrafe ändert sich nicht. Noch können gegen den Beschluss jedoch Rechtsmittel eingelegt werden.

Die Vorwürfe aus der Anklageschrift

Laut der Anklageschrift soll der Akademiker zwei Freundinnen seiner Tochter angefasst haben. Während eines Urlaubs im Sommer 2022 soll er die zehnjährige Hanna (Name von der Redaktion geändert) aus sexuellen Motiven angefasst haben, während sie mit seiner Tochter im Bett schlief. Durch die Berührung am Oberkörper und im Intimbereich wach geworden, stellte sich das Kind schlafend, habe aber die Belästigung erfolgreich abwehren können, indem es die Hand des Angeklagten mit dem Bein wegschubste.

Die Staatsanwaltschaft lastete dem 51-Jährigen aber auch weitere Übergriffe gegen ein anderes Mädchen an. So soll er auch die zehnjährige Petra (Name von der Redaktion geändert) auf den Bauch geküsst und sie unangemessen berührt haben. Während eines früheren Urlaubs soll er sich zudem nackt zu ihr und seiner Tochter auf die Couch gesetzt haben. Die Anklage im Berufungsprozess lautete demnach auf sexuellen Missbrauch und Belästigung, sowie exhibitionistische Handlungen vor Kindern. Wegen Letzterem war der Angeklagte bereits im Jahr 2010 verurteilt worden, wobei die Strafe inzwischen aus dem Bundeszentralregister gelöscht wurde.

Aussage gegen Aussage

Schon am Amtsgericht Mühldorf musste der Prozess gegen den Akademiker vorrangig mit den Aussagen der beiden Kinder begründet werden. Während sich die schüchterne Hanna bereits gegenüber ihrer Mutter nicht näher zum Tatvorwurf äußern wollte, schilderte Petra regelmäßige Auffälligkeiten im Verhalten des Angeklagten. So soll der Familienvater mehrmals nackt zu Hause umhergelaufen sein und ihr auch unangemessene Nachrichten gesendet haben. Hanna wollte sich dagegen nur mit Nicken oder Kopfschütteln zu seinen Taten äußern – und das nicht nur dem Ermittlungsrichter und einer Polizeibeamtin gegenüber: Auch ihre Mutter und eine Therapeutin kamen bei dem Mädchen nicht weiter.

Die Aussagen von Hanna waren demnach weder flüssig, noch konnte das Mädchen eine zusammenhängende Abfolge schildern. Bei der quirligen Petra waren diese zwar zum Teil sehr deutlich und das Mädchen konnte sogar schildern, dass sie am Angeklagten eine Erektion beobachtet hatte. Dennoch kam es auch hier zu Schwierigkeiten: Ging es um eine kritische Berührung am „Po“, zog das Kind eine erste Aussage zurück und sagte, er habe sie an der Hüfte angefasst. Es ist demnach nachvollziehbar, dass die Jugendkammer die Qualität der Aussagen als einzige Beweise gegen den Angeklagten infrage stellen musste.

Jugendkammer geht von sexueller Absicht aus

„Keiner im Sitzungssaal hat nach Ansicht der Vernehmungsvideos einen Zweifel daran, dass es zu Übergriffen gekommen ist“, stelle Richterin Heike Will dennoch klar. Bereits an den ersten beiden Verhandlungstagen hatte die Richterin betont, eine weitere Anhörung der Mädchen vermeiden zu wollen. „Es gibt keine Anhaltspunkte, dass die Kinder sich das ausgedacht haben und ihre Schilderung hat immer in den Gesamtkontext gepasst“, fasste sie zusammen. Die Jugendkammer sei keineswegs der Ansicht, dass die Aussagen der Mädchen nicht glaubwürdig seien, doch vor allem bei Hanna seien die Aussagen zum „Kerngeschehen“ dürftig gewesen.

„Woran wir keinen Zweifel haben ist, dass sie sich Petra regelmäßig nackt präsentiert haben“, so die Richterin. In seiner Einlassung gab der Angeklagte zu, sich ans Bett der Mädchen gesetzt zu haben, um seine Tochter zu umarmen. Dabei habe er Hanna ohne sexuelle Absichten berührt. Diesen Aussagen schenkte die Jugendkammer jedoch keinen Glauben: Die Bettseite Hannas habe sich nämlich weiter von der Tür entfernt befunden als die Bettseite seiner Tochter. „Wir gehen also von sexuell motivierten Taten aus“, stellte die Richterin fest. Bezüglich der Anklagepunkte Petra betreffend werde es aber auch in diesem Prozess nicht zu einem weiterreichenden Urteil kommen, als in erster Instanz kündigte Will an, denn man könne nur das aburteilen, was man feststellen konnte.

Die Plädoyers und die Urteilsbegründung

Auf die richterliche Frage, ob man sich auf eine beidseitige Rücknahme der Berufung einigen könne, sagte Staatsanwältin Helena Neumeier, dass sie dies nicht in Betracht ziehe. In ihrem Plädoyer betonte sie, dass Hanna noch immer an Ängsten und Schlafstörungen leide und das Erlebnis und die Folgen davon wohl ein Leben lang mit sich tragen werde. Der Angeklagte selbst habe jedoch weder Einsicht noch Reue gezeigt. Neumeier hielt eine Geldstrafe in Höhe von 180 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen und Nebenklagevertreter Axel Reiter stimmte ihr darin zu. Der Rechtsanwalt unterstrich jedoch, dass sich die Kinder in der Obhut des Angeklagten befunden hätten.

Verteidiger Jörg Zürner hob in seinem Plädoyer hervor, dass man dem Angeklagten keine sexuellen Motive unterstellen könne: „Wir können dem Angeklagten nicht in den Kopf schauen“, sagte er und betonte, dass der Akademiker seine Arbeitsstelle aufgrund der Vorwürfe verloren habe und sowohl unter privaten als auch öffentlichen Konsequenzen leide. Es gebe keine „Teilglaubwürdigkeit“ von Zeugen – der Wert des Geständnisses seines Mandanten sei jedoch extrem hoch. „Wir sind im Strafrecht und moralische Erwägungen haben hier nichts verloren“, plädierte Zürner an die Kammer, das die Berufung am Ende als „unbegründet“ verwarf.

Zur Urteilsbegründung wiederholte Richterin Will noch einmal, dass die Zeuginnen keine Lügen erzählt hätten und es durchaus glaubhaft gewesen sei, dass es unangemessene Bemerkungen und Berührungen gegeben habe. „Für eine Verurteilung ist aber erforderlich, dass die Qualität der Aussagen stimmt und da kommen wir an Grenzen.“ Aus diesen Gründen habe die Jugendkammer das Urteil des Amtsgerichts Mühldorf für zutreffend befunden. Der Akademiker wurde also der sexuellen Belästigung eines Kindes für schuldig befunden und muss die Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen sowie die Kosten der Nebenklage und die Gerichtskosten tragen.

Kommentare