Klimawandel bedroht Seen
„Hydraulisch versagt“? Wasserspiegel der Seeoner Seen sinken - was passieren soll
Macht der Klimawandel den Seeoner Seen zu schaffen? Zumindest konnten Studenten einen Zusammenhang feststellen. Was genau Probleme macht, wie es um die Seen steht und was in Zukunft geplant ist.
Seeon-Seebruck/Obing – Der Klimawandel erhöht den Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre und macht die Wasserverfügbarkeit weniger berechenbar. Auch das Gesamtsystem Seeoner Seen reagiert stark auf klimatische Veränderungen und weist einen sinkenden Grund- und Seewasserspiegel auf, wie das von der Technischen Universität München (TUM) durchgeführtes Forschungsprojekt Seeoner Seeon belegt. Zwei Master-Studenten der TUM haben sich auf Ursachensuche begeben und wissenschaftliche Erkenntnisse erworben, warum der Wasser- und Grundwasserspiegel des Seenverbundes Obing-Seeon nachweisbar sinkt. Die Forschungsergebnisse wurden jetzt in der „Camba“ in Seeon vorgestellt. Hauptursache der Wasserprobleme ist offensichtlich die menschengemachte Klimaveränderung.
Das große Interesse der Veranstaltung hat gezeigt, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger um die Wassersituation der Seeoner Seen sorgen. Dessen Gesamtsystem stelle sich als sensible, stark wechselnde und vulnerable Kausalkette aus natürlichen hydraulischen funktionalen Elementen wie Niederschlag, Grundwasserneubildung, Brunnseequellen, Niedermoor-Seeon oder Versickerung dar, erklärte der Hydrologe der TUM, Christian Tomsu und stellt fest: „Aus den Ergebnissen kann man erkennen, dass der Grundwasserrückgang mit dem Klima zu tun hat.“ Das Gesamtsystem stelle sich nicht als resilient gegenüber geänderten Umweltbedingungen dar. Es reagiere sensibel auf geänderte klimatische Einflüsse und sei vulnerabel gegenüber leicht veränderten Randbedingungen. Ein Gesamtkonzept für nachhaltige Nutzungen und Steigerung der Resilienz sei für eine zukünftige nachhaltige Nutzung als Trink- und Brauchwasserressource zwingend erforderlich, so Tomsu, der die Forschungsarbeit der beiden Masterstudenten Alexander Wartner und Ludwig Setzwein vorstellte.
Hydrologe sieht klaren Zusammenhang mit Klimawandel
Die niedrigen Wasserstände der Seeoner Seen, die seit 2013 festzustellen sind, fänden ihre Ursache vor allem in der Veränderung der Niederschlagsverteilung, in den vermehrten Starkregen und damit größeren Oberflächenabflüssen und in einer höheren Verdunstungsrate aufgrund höherer Temperaturen. In der Summe führe das zu einer geringeren Grundwasserneubildung, die auch die See- und Grundwasserspiegel seit 2013 sinken lasse.
„Je mehr man reinguckt, desto mehr Fragen tun sich auf.“
Die bisherigen Forschungen – die vollinhaltlichen Ergebnisse der Studie sollen auf der Homepage der Gemeinde veröffentlicht werden – hätten schon gute Ergebnisse gebracht, es gebe aber noch viele offene Fragen zu klären, sagte der Hydrologe. Deshalb soll das Forschungsprojekt fortgesetzt werden. „Je mehr man reinguckt, desto mehr Fragen tun sich auf.“ So treibt die Fachleute unter anderem die Fragen um: Wieso sich das Grundwasser nach 2013 nicht im gleichem Maße regeneriert habe wie in den Jahren zu vor? Wirkt das Niedermoor als Wasserspeicher und hat es neuerdings „hydraulisch versagt“? Kann das Moor also zukünftig als Ressource zur Unterstützung der Grundwasserbildung eingesetzt werden? Die Fortführung des Forschungsprojekts soll im Rahmen einer Dissertation (Doktorarbeit) erfolgen.
Neue Ergebnisse bestätigen bisherige Vermutung
Das Wasserwirtschaftsamt Traunstein begrüßt eine mögliche Fortsetzung des Forschungsprojekts: „Weitere Messungen und Erhebungen könnten tieferen Aufschluss darüber geben, wie Moore im Gebiet der Seeoner Seen mit dem Grundwasser interagieren“, heißt es in einer Pressemitteilung. Das Amt werde daher weitere wissenschaftliche Untersuchungen zu den Seeoner Seen gerne fachlich unterstützten. Weiter erklärt die Behörde, dass die Ergebnisse der beiden Masterarbeiten die bisherige, aus Messwerten abgeleitete Argumentation des Wasserwirtschaftsamtes bestätigen.
Die Studie fußt auf einer Initiative des Wasserwirtschaftsamtes Traunstein. Wie der Behördenleiter Bernhard Lederer sagte, habe das Amt die Frage schon länger umgetrieben. Und das obwohl eigentlich die Kommunen Obing und Seeon-Seebruck für die Seeoner Seen, die zu den sogenannten Gewässern dritter Ordnung gehören, zuständig seien. Die Behörde begründet ihr Interesse wie folgt: „Durch ein Gespräch mit dem Umweltverband Alztal und Umgebung (UVA) hat uns die Frage der Ursachen für die niedrigen Wasserstände im Seenverbund Obing-Seeon – mit Griessee und Brunnensee auf Obinger sowie Seeleiten-, Mitter-, Jäger-, Ban-, Kloster- und Seeoner See auf Seeon-Seebrucker Gebiet umgetrieben.“ In Zusammenarbeit mit den Gemeinden Seeon-Seebruck und Obing sei dann ein umfangreiches Forschungsprojekt angeschoben worden.
Umweltverband fordert langfristiges Konzept
Bereits im Oktober letzten Jahres hatten die beiden Master-Studenten Alexander Wartner und Ludwig Setzwein ihre sechsmonatige Arbeit aufgenommen. Das Wasserwirtschaftsamt Traunstein aber auch die Bevölkerung und der UVA haben die Untersuchungen mit Messdaten und Informationen unterstützt. Für die großartige Hilfsbereitschaft vor Ort hatten die beiden Studenten über Tomsu ein großes Dankeschön ausrichten lassen. Laut dem Abschlussbericht haben Eingriffe von Menschenhand nur sehr geringen Einfluss auf den Grundwasserhaushalt. Man wisse jetzt, dass weniger der Kiesabbau oder der kommunale Trinkwasserverbrauch die niedrigen Wasserstände verursacht hätten, sondern vielmehr die Veränderung der Niederschlagsverteilung, räumte der Seeon-Seebrucker Bürgermeister Martin Bartlweber ein. Die Gemeinde sei sich des essentiellen und kostbaren Gutes bewusst das sie auch bei allen Bauaktivitäten beschäftige.
„Ich bin total überrascht, welche Dynamik das Projekt genommen hat.“
„Ich bin total überrascht, welche Dynamik das Projekt genommen hat“, sagte ein strahlender UVA-Vorsitzender Reinhold Schopf. Für den Umweltverband wäre es wichtig, ein langfristiges Konzept zu haben, so Schopf. Sein Stellvertreter Gerd Raepple fasste die Veranstaltung so zusammen: „Die Veranstaltung hat nicht nur gezeigt, dass für dieses Thema großes Interesse besteht und dass sich viele Bürger Sorgen um die Wassersituation der Seeoner Seen machen. Sie hat auch dazu geführt, dass das Wasserwirtschaftsamt Traunstein und die Gemeinden Seeon-Seebruck und Obing die Bedeutung des Themas erkennen.
Auch wenn der momentane Stand der Untersuchungen durch die Technische Universität München noch viele Fragen offen lässt, so ist doch deutlich geworden, wie verwundbar und gefährdet die Situation ist. Die dafür zuständigen Gemeinden haben eine hohe Verantwortung. Gleiches gilt für das Wasserwirtschaftsamt, das die Aufgabe hat, die Gemeinden dabei zu beraten und zu unterstützen.“
Falls sich die Hypothesen bestätigen, dass die Klimaveränderung die Hauptursache der Wasserprobleme sei – wovon er nach wie vor noch nicht so recht überzeugt sei, stelle sich die Frage, warum dann die gleichen Probleme nicht auch am Obinger See oder an den Eggstätter Seen auftreten und warum der hohe Wasserstand im Jahr 2024 nicht dazu führe, dass der am Ende der Seeoner Seenkette liegende Eglsee nicht wieder mit Wasser gefüllt sei: „Ich glaube, es sind noch mehr Fragen offen, als die genannten“, äußerte Raepple gegenüber dem Traunsteiner Tagblatt.
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