Die Stichfrage musste entscheiden
Bürgerentscheid: Ruhpoldinger für Verkauf des Kurhauses und für Schwimmbad-Sanierung
Der Bürgerentscheid in Ruhpolding ist gelaufen: In der Stichfrage stimmten knapp 57 Prozent für die Sanierung des Schwimmbads „Vita Alpina“ - und damit gegen einen Erhalt des Kurhauses. Es soll von einem Investor durch ein Hotel ersetzt werden. Die Bürgerinitiative konnte sich also nicht durchsetzen.
Ruhpolding - Die Tage des 90 Jahre alten Kurhauses in Ruhpolding dürften gezählt sein: Am Sonntag (7. Mai) sprachen sich die Ruhpoldinger im Bürgerentscheid dafür aus, eher das Schwimmbad als das Kurhaus zu sanieren. In der Stichfrage fiel das Votum mit 56,6 Prozent zugunsten des Vita Alpina aus. „Die Frage zog Gräben durch Familien, durch Vereine und durch die Ortsgemeinschaft“, so Bürgermeister Justus Pfeifer (CSU) nach der Verkündung des Ergebnisses in der Grund- und Mittelschule. Jetzt sei es wichtig, wieder zusammen an einem Strang zu ziehen.
Die Stichfrage war ausschlaggebend, weil im Bürgerentscheid die beiden vorangestellten Fragen jeweils bejaht wurden: 66 Prozent stimmten für die Sanierung des Schwimmbads, 59 Prozent wollten eine Sanierung des Kurhauses. Doch falls beides im hochverschuldeten Ruhpolding nicht möglich sein sollte - wovon auszugehen ist - wurde den Bürgern auch jene Stichfrage vorgelegt. Die Bürgerinitiative „Rettet das Kurhaus“ ist also gescheitert. Helmut Müller von der Bürgerinitiative bewertete das Ergebnis gegenüber chiemgau24.de als „ernüchternd“. Er hätte sich ein knapperes Ergebnis erwartet.
In Ruhpolding steht damit jetzt nicht nur die Erneuerung des Vita Alpina auf der Agenda, sondern auch der Verkauf des Kurhauses. Es soll an einen Investor veräußert und durch ein Hotel ersetzt werden. Offen bleibt die Frage, wo im Ort dann ein Veranstaltungssaal, als Ersatz zum Kurhaus, entsteht. Laut Bürgermeister Pfeifer soll der Gemeinderat demnächst entscheiden: Entweder wird dem Investor die Auflage gemacht, einen großen Saal ins Hotel zu integrieren. Oder die Gemeinde baut den Saal am Schwimmbad selbst.
Am Montag lest Ihr bei chiemgau24.de einen ausführlichen Artikel zum Bürgerentscheid in Ruhpolding, mit Stimmen und Eindrücken vom Wahlabend sowie den nächsten Schritten, die jetzt auf die Gemeinde zukommen - und mit welchen finanziellen Folgen gerechnet werden kann.
Unser Live-Ticker zum Bürgerentscheid in Ruhpolding zum Nachlesen
+++ Update 19.50 Uhr: Das Endergebnis ist da: Mehrheitlich stimmten die Ruhpoldinger in den beiden ersten Fragen für die Sanierung des Vita Alpina, aber auch für die Sanierung des Kurhauses - doch in der Stichfrage lag das Verhältnis mit 1474 zu 1130 Stimmen auf Seiten des Vita Alpina! Die Wahlbeteiligung lag bei stattlichen 47 Prozent.
+++ Update 19.28 Uhr: Die Aula der Grund- und Mittelschule füllt sich, alle warten gespannt aufs Ergebnis - noch immer gibt es keine Zahlen, wie die Ruhpoldinger heute abgestimmt haben: Soll das Kurhaus saniert werden? Oder steht ein Verkauf bevor und die Gemeinde geht dagegen die Sanierung des Schwimmbads an? Falls bei beiden Fragen ein Patt herrscht, gab es eine Stichfrage, die eindeutig Klarheit schafft.
+++ Update 19.03 Uhr: Die Kisten mit den ausgezählten Stimmzetteln werden jetzt quer durchs Schulhaus getragen. In der Aula haben sich Gemeinderäte, Vertreter der Bürgerinitiative und Bürgermeister Justus Pfeifer versammelt und warten auf die Verkündung des Endergebnisses. Zwischenergebnisse sind bis jetzt noch nicht durchgesickert.
+++ Update 18.35 Uhr: Allein schon 24 Prozent an Briefwählern deuten zumindest darauf hin, dass das Quorum erreicht wird - so sieht es auch Bürgermeister Justus Pfeifer (CSU) im Gespräch mit chiemgau24.de: „Die Bürger sehen es wohl als ernstes Thema.“ Und: eine hohe Beteiligung beim Bürgerentscheid gebe dem Gemeinderat auch eine gute Entscheidungsgrundlage für die Zukunft. Pfeifer selbst hat sich immer klar für einen Verkauf des Kurhauses und eine Sanierung des Schwimmbads ausgesprochen. Beides könnte sich die hochverschuldete Gemeinde nicht leisten.
+++ Update 18.22 Uhr: Noch gibt es keine Zwischenergebnisse. Bis 19 Uhr, so die Schätzungen, könnten aber erste Zahlen vorliegen. Damit die Bürgerinitiative zur Sanierung des Kurhauses Erfolg hat, müssen 20 Prozent der Wahlberechtigten den Erhalt befürworten - also 1170 Ja-Stimmen. Und diese müssen natürlich auch in der Mehrheit sein.
+++ Update 18 Uhr: Jetzt geht nichts mehr: Die Abstimmung zum Ruhpoldinger Bürgerentscheid ist gelaufen - jetzt geht es in der Grund- und Mittelschule ans emsige Auszählen. Eine Zahl ist bereits bekannt: Von den 5848 Wahlberechtigten haben 1418 Ruhpoldinger die Möglichkeit der Briefwahl genutzt - gute 24 Prozent. Eine beachtliche Zahl, die zwar noch nichts darüber aussagt, ob die Mindestwahlbeteiligung wirklich erreicht wurde, doch sie deutet darauf hin.
+++ Update 17.53 Uhr: Laut Geschäftsleiter Martin Heinemann wird beim Auszählen wie folgt vorgegangen: Zuerst die komplette Auszählung der Frage 1 (Sanierung Vita Alpina), dann die Frage 2 (Sanierung Kurhaus) und zuletzt natürlich die Stichfrage.
+++ Update 17.43 Uhr: Noch laufen einige Ruhpoldinger in die Grund- und Mittelschule, um ihre Stimmen abzugeben: Bis 18 Uhr läuft der Bürgerentscheid noch, dann geht es an die Auszählung. Zwei Fragen gilt es zu beantworten: Soll das Vita Alpina und Freibad saniert werden? Oder soll das Kurhaus saniert werden? Falls sich die Gemeinde beides nicht leisten können sollte, ist eine Stichfrage vorgesehen, was den Ruhpoldingern wichtiger ist. Entscheidend wird auch, ob die Mindestwahlbeteiligung, das sogenannte Quorum, erreicht wird. Nur dann hat das Ergebnis bindende Wirkung für den Gemeinderat.
Unser Vorbericht zum Bürgerentscheid in Ruhpolding
Ruhpolding - Beim Bürgerentscheid in Ruhpolding am heutigen Sonntag (7. Mai) geht es um „die wichtigste Entscheidung der letzten zehn Jahre und der nächsten zehn Jahre“ - so drückte es zumindest Bürgermeister Justus Pfeifer (CSU) aus. Sein Plan, hinter dem auch der Gemeinderat mit breiter Mehrheit steht: Das Kurhaus verkaufen und mit dem Geld das Schwimmbad „Vita Alpina“ sanieren. Anstelle des Kurhauses soll ein Investor dort ein Hotel bauen, möglichst mit Veranstaltungssaal.
Live-Ticker zum Bürgerentscheid in Ruhpolding ab 17.30 Uhr
Doch eine Bürgerinitiative sammelte genug Unterschriften, um einen Bürgerentscheid dagegen zu erzwingen: das Kurhaus soll erhalten bleiben, so die Initiative um Peter Nawratil, Helmut Müller und Michael Meisl. „Wir wollen kein Entweder-oder“, so Nawratil. Denn laut dem Bürgermeister könnte sich die hochverschuldete Gemeinde nur eines von beiden leisten: „Wenn das Kurhaus erhalten wird, muss das Schwimmbad schließen“, stellte Justus Pfeifer klar. Die Ruhpoldinger bekommen deshalb im Bürgerentscheid zwei „konkurrierende“ Fragen und eine zusätzliche Stichfrage vorgelegt.
- Soll das Vita Alpina und Freibad saniert und erhalten, sowie ein Grundstück für einen Veranstaltungssaal vorgesehen werden? Ja/Nein
- Soll das Kurhaus mit Veranstaltungssaal und Kurpark saniert und erhalten werden? Ja/Nein
Für den Fall, dass beide Fragen mehrheitlich mit „Ja“ beantwortet werden, aber sich dann herausstellt, dass beides nicht parallel finanzierbar ist, gibt es zusätzlich eine Stichfrage: Soll das Vita Alpina saniert und erhalten werden oder das Kurhaus?
Das Ergebnis hat für die Gemeinde ein Jahr bindende Wirkung, wenn die Wahlbeteiligung hoch genug ist. Mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten müssen sich für den Erhalt des Kurhauses aussprechen - und natürlich in der Mehrheit sein - damit die Bürgerinitiative erfolgreich ist. Es gibt fünf Wahlbezirke und fünf Briefwahlbezirke. Die Wahllokale sind von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Auch der Gemeinderat war schließlich einstimmig dafür, dass die Fragen zur Zukunft von Kurhaus und Schwimmbad in einem Bürgerentscheid beantwortet werden.
Fünf Investoren waren es laut Bürgermeister Pfeifer zwischenzeitlich, die konkretes Interesse am Kurhaus-Kauf anmeldeten. Zwei von ihnen, darunter die Brauerei Wieninger aus Teisendorf, würden auch einen Veranstaltungssaal dazubauen, was der Gemeinde am liebsten wäre. Sollte es bei einem Hotel im Kurpark alleine bleiben, will die Gemeinde einen Veranstaltungssaal ans Schwimmbad integrieren. Pfeifer rechnet mit 25 bis 35 Millionen Euro für die Sanierung des „Vita Alpina“ - ein Teil davon, etwa drei Millionen, käme dann aus dem Kurhaus-Verkauf.
Die Bürgerinitiative will dagegen beides erhalten, Schwimmbad und Kurhaus, und beides nach und nach sanieren. „Eine ganze Generation hätte dann keinen Veranstaltungssaal, bis 2030 was Neues gebaut ist“, so Peter Nawratil von der Bürgerinitiative. Nach der Schätzung eines Architekturbüros würde es weitere acht bis neun Millionen Euro kosten, das Kurhaus zu sanieren. Es stammt aus dem Jahr 1933 und war über Jahrzehnte Dreh- und Angelpunkt des Ruhpoldinger Tourismus. Seit den 1990er-Jahren wurde aber kaum mehr hineininvestiert, auch genutzt wurde es immer wieder. Anfang 2022 schloss es die Gemeinde aus Sicherheitsgründen.
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