Bürgerbegehren in Ruhpolding
Veranstaltung der Bürgerinitiative „Rettet das Kurhaus“ mit Vita Alpina im Fokus
Bürgerinnen und Bürger, Vereine und Gäste brauchen beides, das Vita Alpina als Alleinstellungsmerkmal und einen Saal, letzteren möglichst bald und nicht erst in einigen Jahren. So das Resümee der Veranstaltung der Bürgerinitiative „Rettet das Kurhaus“, welche im gut gefüllten Saal des Hotels zur Post statt fand.
Die Pressemitteilung im Wortlaut:
Ruhpolding - Die Bürgerinitiative hatte zu einem „Faktencheck“ eingeladen, bei der die Anwesenden Ihre noch offenen Fragen zum anstehenden Bürgerentscheid/Ratsentscheid stellen sollten. Um diesen Fragen genügend Zeit einzuräumen, sollten Bürgermeister Pfeifer und für die Bürgerinitiative Dr. Nawratil einen kurzen Einstiegsvortrag halten. Der Bürgermeister hatte am vergangenen Montag (1. Mai) bei der Veranstaltung der Gemeinde sein Kommen zugesagt, lies sich aber im Laufe der Veranstaltung wegen Terminkollision entschuldigen. So hat die Veranstaltung mit etwas Verzögerung mit dem Vortrag von Dr. Nawratil begonnen.
Dabei wurde das Anliegen, das Kurhaus zu erhalten und zu sanieren nur kurz gestreift, da die Argumente in den letzten Wochen vielfach kommuniziert wurden. Einen breiteren Raum nahmen im Vortrag die offenen Fragen zum Thema Vita Alpina ein. So würde von denjenigen, die gegen den Erhalt des Kurhauses sind, immer dann eine „Kristallkugel“ bemüht, wenn von Seiten der Bürgerinnen und Bürger konkrete Fragen zum zeitlichen Ablauf beziehungsweise zum Ausmass der Sanierung des Hallenbades und des Freibades gestellt würden. Auch wenig konkrete Aussagen würde man in Bezug auf die zukünftigen Pflichtaufgaben der Gemeinde bekommen, die ebenfalls umfangreiche Geldmittel binden würden.
Nachdem von der Gemeinde immer wieder argumentiert wird, das Vita Alpina sei überdimensioniert hinterfragte der Redner das von den Gemeinderäten favorisierte Bäderkonzept. Ein Bad, wie das in Berenbostel, wäre demnach sowohl von der Ausstattung als auch von den Kosten nicht den Bedürfnissen von Ruhpolding angemessen. Berenbostel ist ein Teilort von Garbsen und letzterer eine Stadt mit mehr als 60.000 Einwohnern. Die Gewerbesteuereinnahmen seien dort vierzehn mal so hoch, während die Schulden nur das Doppelte von Ruhpolding ausmachten, die Pro-Kopf-Verschuldung sei entsprechend niedrig.
Aussprache für eine Sanierung des Vita Alpina und eine Revision der „Welle“
Eine drei Meter Plattform im Innenbereich des Bades, wie in den Plänen der Gemeinde ersichtlich, würde eine komplette Umgestaltung des Bades bedeuten, was nach Ansicht des Redners weder notwendig noch leistbar sei. Statt dessen sollte die Gemeinde Ihre kostspieligen Pläne fallen lassen und lieber auf eine Sanierung des Vita Alpina in seiner heutigen Form setzen. Das von seiten der Gemeinde immer wieder vorgebrachte Argument, wichtige Teile der Wellenmaschine seien nicht mehr lieferbar wiedersprach Nawratil ebenfalls vehement. Er habe mit dem Hersteller der Wellenmechanik in Schleswig-Hollstein gesprochen und bekam eine gänzlich andere Auskunft. Im Gegenteil, die Firma Köster habe Ihre „Brandungsmaschine“ weiterentwickelt und könnte jederzeit eine Revision ausführen. Selbst eine komplett neue Anlage wäre lieferbar und würde einen sicheren Betrieb für die nächsten 20 Jahre gewährleisten.
Auch habe Nawratil angefragt, ob die Gemeinde im letzten Jahr Kontakt mit dem Hersteller aufgenommen habe. Dies wurde von der Firma Köster verneint. Dies zeige eindeutig, so Nawratil, dass die Gemeinde nebst Gemeinderat kein Interesse am Erhalt der „Welle“ hätte. Im letzten Teil seines Vortages ging der Redner auf die von der Gemeinde veranschlagten Investitionskosten ein. So seinen in den vom Gemeinderat präsentierten Gesamtkosten von bis zu 35 Millionen weder die steigenden Finanzierungskosten noch die explodierenden Baukosten eingepreist. Als Beispiel nannte Nawratil 28 Prozent gestiegene Baukosten bei der Sanierung des Inzeller Bades als auch die aus dem Ruder gelaufenen Kosten der Erneuerung des Prienavera.
Im Anschluss an den Vortrag bat Nawratil um eine Vorstellung aller anwesenden Funktionsträger, damit die offenen Fragen zielgenau adressiert werden könnten. Aus dem Gemeinderat konnten Thomas Ringsgwandl, Ludwig Bödddecker beide von der VRB und Josef Hohlweger von den Grünen begrüßt werden. SPD- und CSU-Gemeinderäte standen den Anwesenden für Fragen nicht zur Verfügung. Neben Angehörigen der beiden Trachtenvereine und anderer Vereine war die DLRG mit drei Vertreterinnen anwesend. Gleich darauf ging es in die Fragerunden.
Rege Beteiligung in der Fragerunde
Auf die erste Frage eines Zuhöreres, ob die Brandschutzmängel im Kurhaus offiziell dokumentiert sind, verwies Ludwig Böddecker auf die ortsansässige Firma BGT, welche auch auf der Versammlung vertreten war. Diese konnte aber keine diesbezügliche Anfrage der Gemeinde bestätigen. Auch die Aussagen der Gemeinde zur Statik des Kurhaus-Daches wurden hinterfragt. Hierzu konnte Margarete Schürholt auf eine Gemeinderatssitzung verweisen. Dort habe Gerhard Hallweger erklärt, das das Dach des Kurhauses von seiner Firma gerichtet und geprüft worden sei. Statische Mängel wären dabei nicht ersichtlich gewesen.
Schließlich wurde nochmal nachgefragt, wie es zu der vorzeitigen Schließung des Kurhauses kam. Margarete Schürholt verwies auf eine Aussage des Bürgermeisters, dass dies aufgrund der Begehung durch die im eigenen Haus ansässige Bauabteilung erfolgte, von einer Beteiligung externer Sachverständiger wisse sie nichts. Schließlich wurde gefragt, warum die Gemeinde das Gebäude gekauft und erst im Nachhinein den Zustand inspiziert habe. Dazu antwortete Thomas Ringsgwandl , dass er bei dem Vorgehen mit der plötzlichen Schließung Bauchschmerzen gehabt habe „als Gemeinderäte sind wir keine Experten, da müssen wir vertrauen“.
Ein Zuhörer regte an, mit der Gemeinde zu reden, ob diese nicht das Kurhaus selbst sanieren könne, um es anschließend an jemanden wie Wieninger zu vermieten mit kleinerem Saal und Biergarten.
Ein weiterer Wortbeitrag betraf den zukünftigen Stellenwert des Tourismus. Nachdem Rauschbergbahn und Kurhaus geschlossen worden sei, stelle sich die Frage, was mit der „Welle“ werde. Hier müsse sich die Gemeinde eindeutig positionieren. Ein anderer Zuhörer meinte der Zustand des Schwimmbads wäre akzeptabel, eine Sanierung des Kurhauses sehe er aber eher kritisch.
Ein Diskutant merkte an, dass größere Investitionen im Vorfeld immer genau geplant werden müsse, bevor es in deren Umsetzung gehe. Dies sehe er aber bei den Planungen der Gemeinde nicht. Diese Ansicht wurde auch von einem anderem Teilnehmer geteilt, der beruflich in einem Großunternehmen als Controller tätig war.
Zu der Höhe der geplanten Investitionen nahm auch Gemeinderat Hohlweger Stellung. Aufgrund der vorhandenen Schulden, müsse man das Ganze intensiv von der Geldseite her betrachten. „Wenn wir das Kurhaus wirklich verkaufen müssen, dann nur zum höchsten Preis und nicht jemanden für die Hälfte des offiziellen Bodenrichtwertes“
Der DLRG über die Ausbildung der Kinder im Hallenbad
Angesprochen auf die Anforderungen an das Hallenbad in Bezug auf den Ausbildungsbetrieb äußerte sich auf sehr kompetente Weise eine Vertreterin der DLRG. Sie betonte, dass eine gute Ausbildung der Kinder und Jugendlichen mindestens das Bronze-Abzeichen beinhalte und dazu reiche die nutzbare Länge des jetzigen Becken nicht, als Jugendliche wünsche sie sich aber auch einen Saal, selbst wenn er nicht so gross ist. Darauf antwortete Dr. Nawratil, dass ihm diese Problematik bekannt ist. Nach seinen Kenntnissen, ist eine Anhebung des Wasserstands bereits im gegenwärtigen Becken vorgesehen gewesen aber zwischenzeitlich zumindest teilweise zurück gebaut worden. Auch habe er recherchiert, ob es eine Möglichkeit gebe, das Wellenbad diesbezüglich zu ertüchtigen. Mit einer Schottwand und den entsprechenden Pumpen wäre dies zu bewerkstelligen. Dies wäre sicherlich preisgünstiger als ein komplett neues Becken.
Helmut Müller, einer der Initiatoren des Bürgerentscheids, wünschte sich, dass der Bürgerentscheid/Ratsentscheid ähnlich ausgehe wie in Garmisch, wo sich die Bürger für den Erhalt des Congresszentrums ausgesprochen hätten.
Nach circa drei Stunden lebhafter Diskussion wurde der offizielle Teil der Veranstaltung beendet. Anschließend wurde in kleiner Runde weiterdiskutiert bis sich gegen Mitternacht die letzten Besucher auf den Heimweg gemacht haben.
Pressemitteilung der Bürgerinitiative „Rettet das Kurhaus“