Prozess wegen ausgesetztem Baby in Rosenheim
„Säugling hatte leicht bläuliche Lippen“ – Sanitäterin sagt zum Zustand des Babys aus
Traunstein; Rosenheim – Einer 27-jährigen Rosenheimerin wird vorgeworfen, am 9. März ihr Neugeborenes in einem Hotel-Hinterhof in Rosenheim ausgesetzt zu haben. Der Prozess gegen sie beginnt am 4. Oktober – es sind vier Verhandlungstage angesetzt.
Update, 15.48 Uhr – Notfallsanitäterin beschreibt Einsatz
Dann wird eine Notfallsanitäterin in den Zeugenstand gerufen. Die Frau wurde am 9. März an den Einsatzort gerufen. Laut der Zeugin fanden die Sanitäter auf dem Hotelparkplatz drei bis vier Personen auf dem Hotelparkplatz vor, von denen eine das Kind im Arm hielt. Sofort habe man erste Maßnahmen ergriffen und die Temperatur an dem Säugling gemessen. Das Mädchen habe gewimmert, leicht bläuliche Lippen gehabt – Hände und Füße hätten eher marmoriert ausgesehen.
Fortsetzung des Prozesses am 6. Oktober
Im Rettungswagen habe man sogleich Wärmekissen unter das Neugeborene gelegt, um die Temperatur zu stabilisieren. Am Kind habe die Sanitäterin noch Reste von angetrocknetem Geburtsschleim und etwas Stuhlgang wahrgenommen. Die Nabelschnur sei bereits angetrocknet gewesen. Nach einem übersichtlichen ersten Verhandlungstag wird die Verhandlung unterbrochen.
+++ Der nächste Prozesstermin ist am 6. Oktober um 9.15 Uhr angesetzt. rosenheim24.de berichtet auch dann wieder live aus dem Gerichtssaal. +++
Update, 15.30 Uhr - Zeugin: Das Baby wirkte schwach und kühl
Dann wird eine Hotel-Mitarbeiterin in den Zeugenstand gerufen. Die Dame berichtet, wie sie das Baby mithilfe einer weiteren Dame aus der Tasche hob und zum ersten Mal sah. Das Baby sei gut mit dem Schal umwickelt gewesen, habe aber gut atmen können. Laut der Zeugin habe das Mädchen allerdings keine Windeln angehabt, sich kühl angefühlt und schwach gewirkt. An dem Tag sei es stürmisch gewesen und es habe vorher auch geregnet, doch Tasche und Schal waren trocken.
Hotelinhaber sagt als Zeuge aus
Staatsanwalt Wolfgang Fiedler möchte von der Zeugin wissen, ob der Fundort an einer Stelle war, wo normalerweise Fußgänger vorbeikommen, doch die Zeugin verneint dies. Anhand eines Lageplanes wird die Zeugin gebeten, genau zu beschreiben, wie die Örtlichkeit aussieht. Anschließend wird der Inhaber des Hotel Wendelstein in den Zeugenstand gerufen. Laut seiner Aussage war er auf dem Parkplatz als die erste Zeugin, einer seiner Hotelgäste, die Tasche sah. Dann habe die Dame mit einer seiner Mitarbeiterinnen das Baby entdeckt. Er selbst habe dabeigestanden.
„Es passiert öfter, dass da jemand was ablegt“
Der Zeuge sagt aus, dass es sich um einen gut zugänglichen Ort handele, an dem gelegentlich Fußgänger durchkämen. Er sei etwas „eingewachsen“, aber Mitarbeiter des Hotels, Gäste und Mieter eines benachbarten Mehrparteienhauses kämen immer wieder daran vorbei. „Es passiert öfter, dass da jemand was ablegt“, so der Zeuge. „Als wir das Kind gefunden haben, hat es geschrien, aber sobald es in den Arm genommen wurde, hat es aufgehört“, sagt der Zeuge. Auch er beschreibt den dicken Schal, in den das Mädchen gewickelt war. Laut dem Hotelbesitzer soll es trocken und bewölkt gewesen sein.
Update, 14.54 Uhr - Erste Zeugin wird vernommen
Nach einer Besichtigung der Kleidungsstücke, in denen das neugeborene Mädchen aufgefunden worden war, betrachten Richter und Schöffen auch die schwarze Stofftasche und einen langen rosafarbenen Schal, in welche das Kind wohl gebettet war. Dann wird die erste Zeugin aufgerufen. Es handelt sich um eine Dame, die sich am 9. März als Gast im Hotel Wendelstein aufhielt. Die Frau berichtet, wie sie auf dem Rückweg von ihrem Auto eine schwarze Tasche auf dem Parkplatz fand.
Dicker rosa Strickschal um Baby
„Manchmal weiß man etwas instinktiv“, sagt die Zeugin, welche schnell auf die Idee kam, dass sich ein Baby in der Tasche befand. Als sie hineinblickte, hörte sie ein Geräusch, das sie sofort einem Neugeborenen zuordnen konnte. Gleich nach dem Entdecken habe sie Mitarbeiter des Hotels informiert, die Decken geholt hätten. „Das weiße Kleidchen des Babys war nicht zugeknöpft. Um und unter dem Kopf hatte das Baby einen rosa Strickschal“, sagt die Zeugin. Das Kind habe süß und zufrieden ausgesehen und beim Auffinden auch nicht laut geschrien.
„Es war immer ein bisschen Liebe dabei“
Dann zeigt die Zeugin anhand der vorhandenen Beweisstücke, wie der lange und breite Strickschal wärmend um das Baby in seinem weißen Taufkleid gewickelt war. Obwohl in mehreren Berichten die Rede von einer Plastiktüte war, wurde das Neugeborene in einer schwarzen Stofftasche gefunden. „Die Tasche war aufrecht hingestellt und nicht schlampig zur Seite gekippt. Es war immer ein bisschen Liebe dabei, das will ich jetzt schon sagen“, sagt die Zeugin.
Update, 13.47 Uhr – Rosenheimerin wegen Aussetzung ihres Babys vor Gericht
Der Prozess gegen eine 27-jährige Rosenheimerin, die ihr neugeborenes Baby am Morgen des 9. März im Hinterhof eines Hotels in Rosenheim ausgesetzt haben soll, beginnt nach einer längeren Vorbesprechung der 7. Strafkammer unter Vorsitz der Richterin Christina Braune. Die zierliche Angeklagte, die bereits seit dem 14. März in Untersuchungshaft sitzt, wird von ihrem Pflichtverteidiger Dr. Markus Frank aus Rosenheim begleitet.
Niemandem von Schwangerschaft erzählt
Nach Verlesung der Anklageschrift durch Staatsanwalt Wolfgang Fiedler, gibt Franke bekannt, dass sich seine Mandantin nicht selbst zur Sache äußern wird. Der Rechtsanwalt verliest daraufhin die Einlassung seiner Mandantin zur Sache. Die 27-Jährige räumt ein, das Mädchen allein in ihrer Wohnung in Rosenheim geboren und die Nabelschnur mit einer Schere durchtrennt zu haben. Von der Schwangerschaft habe sie niemandem erzählt. Weil sie bereits zwei Kinder geboren und diese zur Adoption freigegeben habe, hatte die Angeklagte Bedenken, anderen von ihrer erneuten Schwangerschaft zu berichten.
Angeklagte fühlte sich „völlig überfordert“
Die Angeklagte habe sich mit Schwangerschaft und Geburt völlig überfordert gefühlt, und noch am Tag vor der Geburt im Internet nach einer Babyklappe gesucht, welche aber zu dem Zeitpunkt in ihrer Nähe nicht zur Verfügung gestanden habe. Am Morgen nach der Geburt habe sie dann ihr Neugeborenes in ein Taufgewand gekleidet und zum Schutz vor der Kälte mit einem Schal umwickelt. Dann habe sie das Baby in einer Tasche auf das Parkplatzgelände des Hotel Wendelstein in Rosenheim gebracht. Weil sie ein Geräusch hörte, und vermutete, dass jemand komme, habe sie den Hinterhof gleich wieder verlassen. Laut Einlassung der 27-Jährigen bedauert die Angeklagte ihre Tat zutiefst, will aber keinen anderen Ausweg gesehen haben.
Vorbericht
Es hatte wohl nur acht Grad Außentemperatur, als der Inhaber des „Hotel Wendelstein“ und ein Hotelgast am 9. März 2023 im Hinterhof der Anlage ein ausgesetztes Neugeborenes fanden: Das Baby war nur in ein weißes Taufkleid, ein dünnes Jäckchen und mit einem dünnen Schal umwickelt gewesen. Wimmernd und unterkühlt soll es in einer Plastiktüte an einer Hausecke gelegen haben.
Der mutmaßlichen Mutter des Kindes wird nun am Landgericht Traunstein der Prozess gemacht. In vier Verhandlungstagen muss sie sich wegen Aussetzung und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Am 8. März, zwischen 22 und 0 Uhr, soll die 27-jährige Rosenheimerin das Baby in ihrer verwahrlosten Wohnung geboren haben: Unter unhygienischen Umständen und bei niedrigen Raumtemperaturen. Mit einer Schere soll die Angeklagte die Nabelschnur durchtrennt und ihre Tochter gegen 7.51 Uhr in dem besagten Hinterhof ausgesetzt haben.
Angeklagte soll Tat bereits gestanden haben
Die ehemalige Filialleiterin war von der Kriminialpolizeiinspektion Rosenheim durch die Auswertung von Aufnahmen aus Überwachungskameras ausfindig gemacht worden. So konnten die Beamten gezielt nach der Beschuldigten suchen und diese bereits am 14. März festnehmen. Gegenüber den Ermittlern soll die 27-Jährige ihre Tat bereits zugegeben haben. Während sie fünf Tage nach der Aussetzung die Untersuchungshaft antreten musste, konnte das Mädchen bloß sieben Tage nach ihrer Auffindung an eine Pflegefamilie vermittelt werden.
Warum es zu der Tat kam, und wer der Vater des Kindes ist, wird wohl im Laufe der Gerichtsverhandlung zur Sprache kommen müssen. Nach Beginn des Prozesses am 4. Oktober um 13 Uhr sind Folgetermine am 6., 9. und 11. Oktober um jeweils 9.15 Uhr angesetzt.