Neben ehemaligem Hellwig-Kultlokal
Verunsicherung in Reit im Winkl: Was über die geplante Flüchtlingsunterkunft bekannt ist
Früher sorgte im „Kuhstall“ in Reit im Winkl das Hellwig-Duo für gute Laune, mittlerweile steht das Gebäude leer. Aber nicht mehr lange. Ein Teil soll nun zur Flüchtlingsunterkunft werden.
Reit im Winkl – „Verunsichert“. Mit diesem Wort beschreibt Reit im Winkls Bürgermeister Matthias Schlechter auf Anfrage der Redaktion die Stimmung im Ort. In der jüngsten Gemeinderatssitzung informierte er das Gremium, dass das Landratsamt Traunstein ein Gebäude in der Brunnenstraße 1 angemietet hat. Dieses soll als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden.
Die Gemeindeverwaltung habe vor kurzer Zeit von der Anmietung erfahren, es sei im Vorfeld aber zu keinerlei Kontakt gekommen, weder durch den einheimischen Vermieter noch durch die Akquisestelle des Landratsamtes. Daher hat Schlechter umgehend Kontakt mit den zuständigen Stellen aufgenommen, wie er sagte. Er betonte aber auch, dass die Gemeinde keinen Einfluss auf die Entscheidung hat.
Gebäude wird noch ausgestattet
Das betroffene Gebäude ist kein Unbekanntes. Direkt nebenan befindet sich das Kultrestaurant „Kuhstall“. Darin hatte das Volksmusik-Duo Maria und Margot Hellwig jahrzehntelang ihre Gäste unterhalten. Seit über fünf Jahren steht die Einrichtung aber leer.
Wer die Flüchtlinge sind, wie viele es sein werden, und wann sie das Gebäude beziehen, dazu liegen laut Bürgermeister Schlechter noch keine Informationen vor. Er glaubt aber nicht an eine Menge von über 30 oder 50 Personen. „Das ist keine Riesen-Einrichtung, so viel Platz gibt auch das Gebäude gar nicht her.“ Zudem werde im Landratsamt noch geprüft, welche Räume wie genutzt werden könnten. Hier spielen unter anderem der Denkmalschutz, der Brandschutz und das Baurecht eine große Rolle. Damit lägen durchaus Hürden für die Nutzung vor, die der Landkreis als Mieter und Genehmigungsbehörde abzuwägen habe.
Michael Reithmeier, Pressesprecher im Landratsamt Traunstein bestätigt auf Nachfrage, dass die Akquisestelle die Einrichtung „als geeignet bewertet“ und sie deshalb angemietet wurde. Aktuell wird sie aber noch ausgestattet. Auch von Seiten des Landratsamts können noch keine genauen Angaben zur Flüchtlingszahl oder ihrem Bezug gemacht werden. Das hänge auch davon ab, wie viele Asylbewerber und Flüchtlinge dem Landkreis in den kommenden Wochen und Monaten zugewiesen werden.
Unterbringung in Turnhallen soll weiter vermieden werden
Insgesamt hat das Landratsamt mittlerweile 96 dezentrale Unterkünfte im gesamten Landkreis angemietet. Hinzu kommen sechs Gemeinschaftsunterkünfte in Grassau, Inzell, Traunstein, Trostberg, Traunreut und Chieming. Diese werden von der Regierung von Oberbayern betrieben. In den staatlichen Unterkünften im Landkreis Traunstein sind aktuell knapp 2200 Personen untergebracht. Diese kommen vor allem aus der Türkei, Afghanistan, Nigeria und Jemen. Knapp 1400 Ukraine-Flüchtlinge sind zudem in Privatunterkünften untergebracht.
Wie Pressesprecher Reithmeier weiter mitteilt, wird in den kommenden Monaten wieder mit einem Anstieg der Flüchtlingsankünfte in der EU und in Deutschland gerechnet. „Für den Landkreis Traunstein bedeutet das, dass wir mit zwei Bussen und 100 unterzubringenden Personen pro Monat rechnen müssen.“ Weiterhin sei es aber auch das Ziel, die Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen in Turnhallen zu vermeiden.
Nachdem Reit im Winkls Bürgermeister Matthias Schlechter bei der jüngsten Gemeinderatssitzung das Gremium über die Pläne in der Brunnenstraße 1 unterrichtete, betonte er aber auch, dass eine Ablehnung schon im Voraus, vor allem in sozialen Medien, niemanden weiter bringt. „Wir sind gut beraten, uns nicht vom absoluten Negativfall in Seegatterl im Herbst verleiten zu lassen.“ Dort hatte vergangenen November ein 33-jähriger Flüchtling aus Afghanistan seine Unterkunft angezündet, weil er sich dort nicht wohlfühlte. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von elfeinhalb Jahren verurteilt.
Reit im Winkl hat viele Geflüchtete, die sich gut integriert haben, sagt Bürgermeister Schlechter der Redaktion. Hierfür gebe es zahlreiche Beispiele aus der Nachkriegszeit, aus den 1990er Jahren nach den Jugoslawienkriegen und auch zuletzt mit den Menschen aus der Ukraine.
