Ist der Angeklagte schuldunfähig?
Nachbarin zu Bluttat in Raubling: „Ich habe immer ein bisschen Angst vor ihm gehabt“
Am 25. März startet der Prozess gegen einen 32-jährigen Rosenheimer: Im August 2024 soll er seinen Vater brutal getötet und mit seiner Leiche im Kofferraum nach Neapel geflohen sein.
Übersicht
- Vorbericht: Angeklagter soll eigenen Vater brutal getötet haben
- Update 13.45 Uhr: Todesursache war ein tiefer Halsschnitt
- Update 14.45 Uhr: Angeklagter glaubte, zwei Mafiosi hätten Vater erstochen
- Update 15.30 Uhr: Nachbar sah, wie der Angeklagte einen Teppich ins Auto lud
- Update 16.30 Uhr: „Ich habe immer ein bisschen Angst vor ihm gehabt“ – Nachbarin sagt aus
Update 16.31 Uhr: „Ich habe immer ein bisschen Angst vor ihm gehabt“ – Nachbarin sagt aus
Eine weitere Nachbarin wird in den Zeugenstand gerufen. Ihrer Meinung nach sei der Angeklagte auffällig gewesen durch sein soziales Verhalten. „Ich habe immer ein bisschen Angst vor ihm gehabt“, sagt die Nachbarin. „Wenn man immer versucht, mit jemandem Kontakt aufzunehmen, und da kommt nichts – kein Blickkontakt, kein Gespräch – dann ist das schon ein bisschen befremdlich.“ Manchmal seien die Schritte in der Wohnung des Metzgers sehr, sehr laut gewesen. In der Nacht der Tat sei es ganz besonders stark gewesen. Lautes und unruhiges Hin- und Herlaufen habe die Nachbarin stark beunruhigt.
Sogar das Enkelkind sei in der Nacht von dem Laufen über ihrer Wohnung wach geworden. Als die Nachbarin beim Fenster rausblickte, war das Auto des Metzgers jedoch weg. Das habe sie irritiert. Stimmen oder Gespräche habe sie jedoch nicht gehört – „nur Laufen“, sagt die Zeugin. Auch der Ehemann der Vermieterin des Metzgers bestätigt, dass Tobias A. einen starren Blick hatte und wenig sprach. Als sein Vater um Erlaubnis bat, dass sein Sohn bei ihm einziehen könne, habe er gesagt: „Der is a bissl komisch aber der duad nix.“ Es habe auch nie einen Streit zwischen Vater und Sohn gegeben und der Angeklagte habe sehr oft von seinem „Papa“ gesprochen, was für sein Alter etwas auffällig gewesen sei.
Dann wird noch ein weiterer Zeuge befragt, der sagt, er habe den Angeklagten am 12. August zwischen 9 und 11 Uhr morgens mit dem Radfahren sehen. Er sei schwarz gekleidet gewesen und habe eine Sonnenbrille getragen. „Mir ist die so aufgefallen, weil er immer einen sehr leeren Gesichtsausdruck gehabt habe. Die Brille habe diesen Blick verdeckt – und das sei ihm aufgefallen.“ Richter Ziegler wirft einen kurzen Blick in eine Wetter-App und sagt, dass es an dem Tag „heiß“ gewesen sei.
Die Schwester des Angeklagten hatte der Verwendung ihrer Aussagen gegenüber der Polizei zwar zugestimmt, aber vor Gericht wird sie als Zeugin nicht erscheinen. Auch die Tante des Angeklagten – und Schwester des ermordeten Metzgers – verweigert die Aussage. Beide Angehörigen werden durch Nebenklägervertreter in dem Prozess vertreten. Am 3. April wird die Verhandlung fortgesetzt. Am 7. April könnte bereits das Urteil der Kammer gefällt werden. Chiemgau24.de wird auch dann wieder live aus dem Gericht berichten.
Update 15.30 Uhr: Nachbar sah, wie der Angeklagte einen Teppich ins Auto lud
Nun wird ein erster Zeuge in den Gerichtssaal gerufen. Es ist ein Nachbar des getöteten Metzgermeisters. Er beobachtete am Montag, den 12. August gegen 5.30 Uhr morgens, wie Tobias A. den zusammengerollten Teppich in das Auto seines Vaters lud. „Im ersten Moment habe ich gedacht, dass der Vater gleich herunterkommt und ihm helfen wird“, sagt der ältere Herr. Normalerweise sei sein Nachbar um diese Zeit schon auf dem Weg zur Arbeit gewesen. Zuletzt habe er mit dem Metzger am Sonntagabend geredet. Erst im Juli habe der Vater des Angeklagten seinen 60. Geburtstag gefeiert – über Probleme mit seinem Sohn habe er aber nie etwas erzählt.
Als nächste Zeugin sagt die Vermieterin des Getöteten aus. Im Herbst 2023 habe der Metzger angefragt, ob sein Sohn mit in die Wohnung einziehen dürfe. Er habe gesagt, Tobias A. habe Depressionen und dass er ihm gerne helfen würde, so die Zeugin. Bereits am 13. August wurde die Vermieterin nach der Vermisstenmeldung von der Polizei vernommen. Ihr gegenüber hatte sie angegeben, dass sie den Angeklagten am Morgen des 12. August in schwarzer Kleidung zu Fuß von der Hauptstraße hergehen sehen habe. Er sei allein unterwegs gewesen. „Er hatte wie immer den starre Blick nach vorne, wenig Mimik, wenig Regung“, sagt die Vermieterin.
Update 14.45 Uhr: Angeklagter glaubte, zwei Mafiosi hätten Vater erstochen
Nach Verlesung der Anklageschrift durch Staatsanwalt Wolfgang Fiedler gibt Baumgärtl bekannt, dass sich sein Mandant zur Sache nicht äußern möchte. Der psychiatrische Sachverständige Dr. med. Josef Eberl gibt in seinem Gutachten bekannt, dass der Angeklagte (32) in Rosenheim aufwuchs und seine Eltern sich bereits in seinem Grundschulalter getrennt hatten. Mit seinem Vater habe er sich immer gut verstanden. Wegen selbstgefährdendem und aggressivem Verhalten soll der Angeklagte bereits mehrmals stationär in psychiatrischer Behandlung gewesen sein. 2023 zog er nach einer solchen in die Wohnung seines Vaters.
Zur Sache habe der Angeklagte gegenüber Eberl gesagt, dass er in der Nacht des 12. August in seinem Zimmer geschlafen habe, als er aufwachte und die Leiche seines Vaters in der Küche liegen sah. Daneben seien zwei Männer gestanden, die er für Mitglieder der Mafia hielt. Diese hätten ihn anschließend gezwungen, den Körper seines Vaters in den Kofferraum des Autos zu laden und ihn damit anschließend nach Neapel gefahren. Am Folgetag der Bluttat wurden der Angeklagte und sein Vater von seiner Schwester als vermisst gemeldet.
Bei einer Wohnungsdurchsuchung konnten Polizeibeamte keine großen Auffälligkeiten feststellen. Nur an einem Lichtschalter in der Küche und in der Nähe der Wohnungstür wurden zwei kleine Blutflecken an den Wänden festgestellt. Die Anordnung mehrerer Messer an einem Magnetstreifen in der Küche lässt das Fehlen eines Messers vermuten.
Update 13.45 Uhr: Todesursache war ein tiefer Halsschnitt
Der Prozess beginnt pünktlich und zahlreiche Medienvertreter und Zuschauer sind anwesend. Der Angeklagte wirkt verunsichert und nervös. Sein Verteidiger Harald Baumgärtl aus Rosenheim begleitet ihn in den Gerichtssaal. Nach Eröffnung der Verhandlung verliest Staatsanwalt Wolfgang Fiedler die Anklageschrift. Dem Mann wird vorgeworfen, dass er seinen 60-jährigen Vater zwischen 3.00 und 5.30 Uhr am 12. August 2024 mit einem Messer tödlich verletzt und seine Leiche in den Kofferraum seines Autos verladen habe, um danach mit ihm nach Neapel zu flüchten.
Die Attacke mit einem sogenannten „Ausbeinmesser“, soll in der Küche der väterlichen Wohnung stattgefunden haben. Mindestens sechsmal soll der Angeklagte seinen Vater mit der 15 Zentimeter langen Klinge gestochen und geschnitten haben. Die Verletzungen zogen sich wohl vom Gesicht über den Hals bis in den Brustbereich – Todesursache war wohl ein tiefer Halsschnitt sowie der Schock, den er Getötete erlitt. Den Verstorbenen soll der Angeklagte dann in zwei Fleece-Decken und einen Teppich gewickelt haben. So verpackt lud er die Leiche in den Kofferraum des Firmenwagens seines Vaters und fuhr damit nach Neapel. Dort wurde Tobias A. am 13. August 2024 gegen 15:00 Uhr festgenommen.
Die Staatsanwaltschaft geht von einer paranoiden Schizophrenie und einer Schuldunfähigkeit des Angeklagten aus. Aufgrund seiner Wahnvorstellungen sei er nicht in der Lage gewesen, das Unrecht seiner Tat einzusehen. Er muss sich nun wegen Totschlags verantworten und da er seit seiner Inhaftierung in einer psychiatrischen Klinik untergebracht ist, ist mit einer Verurteilung zu einer weiteren Unterbringung zu rechnen.
Vorbericht: Angeklagter soll eigenen Vater brutal getötet haben
Traunstein / Raubling – Am 25. März um 13 Uhr beginnt am Landgericht Traunstein der Prozess gegen Tobias A.: die Anklage lautet auf Totschlag. Seine mutmaßliche Tat in Raubling erschütterte im Sommer 2024 die Region. Am 12. August hatten Angehörige das Verschwinden von Tobias A. und seinem Vater Johann gemeldet. Anschließend fand die Polizei in der gemeinsamen Wohnung Spuren einer Gewalttat vor und schrieb den damals 31-jährigen Sohn international zur Fahndung aus. Einen Tag später wurde Tobias A. nahe Neapel festgenommen. Im Kofferraum seines Skoda lag die Leiche seines Vaters.
Vater mit Messer attackiert und getötet
Nach den Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft hat sich in den frühen Morgenstunden des 12. August 2024 wohl eine regelrechte Explosion der Gewalt ereignet. Tobias A. soll seinem Vater ins Gesicht geschlagen und ihn dann mit einem Messer attackiert haben. Der 60-Jährige soll Stichverletzungen in der Brust und am Hals erlitten haben und verblutet sein. Nach der Tat wickelte Tobias A. die Leiche seines Vaters wohl in Decken und einen Teppich und verlud sie dann in den Kofferraum eines Skoda Kodiaq. Dieser war auf die Metzgerei zugelassen, für die sein Vater gearbeitet hatte. Anschließend machte sich der Angeklagte auf den Weg nach Italien. Warum er die mehr als 1000 Kilometer lange Fahrt nach Neapel antrat, ist jedoch unklar. Ermittler vermuteten, dass er sich dort ein anderes Fahrzeug besorgen wollte.
Polizei entdeckt Leiche im Kofferraum
Am Nachmittag des 13. August wurde Tobias A. dann in Pomigliano d’Arco nahe Neapel von italienischen Polizeibeamten festgenommen. Der Skoda wurde wenige Stunden später sichergestellt – die Leiche seines Vaters im Kofferraum. Laut Zeugenaussagen galt der getötete Johann A. als hilfsbereit und freundlich. Sein Vermieter berichtete, dass sein Sohn etwa neun Monate vor der Tat in die Wohnung seines Vaters gezogen war. „Der habe zwar Depressionen, aber Hans hat gesagt, er könne für ihn bürgen“, sagte der Vermieter gegenüber dem OVB. Hinweise auf gravierende Streitigkeiten gab es allerdings keine.
Der Prozess dürfte von psychiatrischen Gutachten geprägt sein. Die Verteidigung von Tobias A. übernimmt der Rosenheimer Rechtsanwalt Harald Baumgärtl. Sollte das Gericht den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, droht Tobias A. nicht eine Gefängnisstrafe, sondern eine dauerhafte Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung.
+++ chiemgau24.de berichtet live aus dem Gerichtssaal +++