Fliegender Schutzengel über Südostbayern
Zwischen Himmel und Notfall: Robert Portenkirchner ist Lebensretter an Bord von Christoph 14
Im Rettungs- und Zivilschutzhubschrauber Christoph 14 hat Robert Portenkirchner einen der seltensten Jobs Deutschlands: Er ist ausschließlich in der Luft unterwegs, als ausgebildeter Notfallsanitäter mit spezieller Zusatzausbildung.
Traunstein - Wenn Christoph 14 aus seinem Dachhangar vom Luftrettungszentrum Traunstein aus in die Luft steigt, ist für gewöhnlich etwas Schlimmes passiert: Anlass ist meist ein Unfall in den Bergen, ein Rettungseinsatz auf der Autobahn oder weil ein Patient mit internistischer Erkrankung Hilfe benötigt. Die Indienststellung von Christoph 14 liegt mittlerweile 48 Jahre zurück. Die Namensgebung kommt nicht von ungefähr: Der Heilige Christophorus gilt als der Schutzpatron der Reisenden. Bei Fahranfängern ist er häufig als Automedaille beliebt.
High-Tech-Maschine Christoph 14
Im südlichen Bereich der Bundesrepublik Deutschland werden vier orangefarbene Hubschrauber des Typs H 135 T3 vorgehalten, in Traunstein und in Kempten. Ein Christoph 14 ist eine High-Tech-Maschine. Regelmäßige Wartungen des rund sechs Millionen Euro teuren Helikopters sind Pflicht. Die Standorte Traunstein und Kempten greifen gegenseitig auf das Personal zurück. Insgesamt arbeiten 15 speziell für den Luftrettungsdienst ausgebildete Notärzte und 15 Bundespolizei-Piloten mit großer Flugerfahrung für Christoph 14, sagt Robert Portenkirchner.
Welchen Grund hat die orange Farbe?
Dessen Berufsbezeichung ist TC HEMS - Technical Crew-Helicopter Emergency Medical Service. „Man braucht dazu eine lange Berufserfahrung im bodengebundenen Rettungsdienst”, sagt der 46-Jährige. Portenkirchner ist nicht nur technisch, sondern auch medizinisch ausgebildet. Seit 19 Jahren übt der zweifache Familienvater seinen Job nun aus. Er ist einer von vier Windenoperatoren, die mit Christoph 14 fliegen.
Die orange Farbe des Rettungshubschraubers signalisiert dabei, dass er nicht nur ein solcher, sondern eigentlich ein sogenannter Zivilschutzhubschrauber ist, der vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zur Verfügung gestellt wird. Zugeordnet ist Christoph 14 dem Bundesinnenministerium, und zur Luftrettung an den Freistaat Bayern und den bayerischen Rettungsdienst zur Durchführung des Luftrettungsdienstes zur Verfügung gestellt.
Warum ausgerechnet Christoph 14?
„Ich war schon immer von der Luftfahrt fasziniert”, sagt Robert Portenkirchner. Er nutzte die sich bietende, seltene Gelegenheit, als eine Stelle in der Flugcrew frei wurde. „Ich bewarb mich und wurde genommen”, sagt er. Portenkirchner hat als ausgebildeter Notfallsanitäter eine besondere Ausbildungslaufbahn eingeschlagen, um die Arbeit in Christoph 14 überhaupt verrichten zu dürfen. „Als TC-HEMS ist man ständig damit beschäftigt, die Scheinerhaltung aufrechtzuerhalten”, sagt er. Fort- und Weiterbildung ist alles. Bedeutet: Die regelmäßige Teilnahme an Simulatortrainings, an medizinischen und fliegerischen Schulungen. „Wir müssen fortlaufend zum Fliegerarzt. Nach diesen Erfordernissen werden wir gecheckt.” Leitlinientreues Arbeiten sei in seinem Job grundsätzlich das A und O.
Portenkirchners Dienst beginnt in der Regel um 7 Uhr morgens. Der Arbeitsrhythmus der Windenoperatoren umfasst Schichten von zwei bis sieben Tagen. Die Flug- und Ruhezeiten richten sich nach Sonnenauf- und Untergang. Christoph 14 fliegt nur tagsüber. Für die Nacht gibt es sekundäre Hubschrauber. „Unser Einsatzradius beträgt 70 Kilometer um Traunstein herum”, sagt Robert Portenkirchner. Wann Christoph 14 überhaupt zum Einsatz kommt, entscheidet nicht die Flugcrew, sondern die Integrierte Leitstelle Traunstein.
Eine effiziente Einsatzbereitschaft ist unerlässlich
„Wir können aber auch weiter entfernt als 70 Kilometer eingesetzt werden.” Selbst Einsätze auf österreichischem Gebiet sind möglich. „Die Landesgrenze ist für uns nicht entscheidend.” Wenn ein Alarm eingeht, startet das Christoph 14-Team innerhalb von drei Minuten. Der Flug von Traunstein nach Berchtesgaden - rund 50 Kilometer mit dem Auto - dauert rund zwölf Minuten in der Luft. Je nach Windverhältnissen. „Wir fliegen aber immer unter Sichtflugwetterbedingungen.” Im Durchschnitt hat die Crew vier Einsätze pro Tag. Die Statistik zeigt: Im letzten Jahr hob der Rettungshubschrauber Christoph 14 1404-mal ab.
Die Aufgaben eines Windenoperators
Was ein Windenoperator genau tut? Die Aufgaben sind vielfältig, weiß Portenkirchner: „Wir bringen das medizinische Personal zur Einsatzstelle und bergen Patienten über die Winde”, sagt er. 90 Meter Windenseil stehen zur Verfügung. Robert Portenkirchner bedient dabei nicht nur die Technik. Seine Berufsgruppe, von der es in Deutschland nur etwa 400 Vertreter gibt, muss auf verschiedene fliegerische Tätigkeiten spezialisiert sein, dazu gehört die Meteorologie, die Navigation, die Luftraumbeobachtung sowie die Hubschraubertechnik - aber eben auch die medizinische Unterstützung des begleitenden und speziell ausgebildeten Notarztes. Bei einem Einsatz muss er eine Checkliste abarbeiten, die erfüllt sein muss.
Herausfordernd sind die Einsätze immer wieder. „Wenn wir zu einem Einsatz gerufen werden, hängt daran immer auch ein Menschenschicksal”, sagt Robert Portenkirchner. Der Job eines Helikopter-Windenoperators gilt als anspruchsvoll und erfordert ein hohes Maß an Fachwissen und Belastbarkeit. Vor allem in den Bergen sind die Einsätze oft schwierig, wenn etwa jemand in Bergnot geraten ist. Die Crew befindet sich dann in schwierigem Umfeld. „Gebirgseinsätze sind eine besondere Herausforderung”, sagt der Windenoperator. „Wir müssen uns in der Luft ständig bewerten und entscheiden, wie wir handeln, ob wir fliegen können oder nicht, was sicher ist und was verantwortungslos wäre“.
„Risk and benefit”, sagt Portenkirchner dazu: die Abwägung von Risiko und Nutzen.
Robert - bescheiden und professionell
Rettungseinsätze mit Christoph 14 seien bei Weitem nicht das Heldentum, wie es immer im Fernsehen gezeigt wird, sagt er. „Das ist nicht immer realistisch.” Alles auf eine Karte setzen? Keineswegs, weiß Portenkirchner. Manchmal, sagt er, werde es in der Öffentlichkeit so suggeriert, „als würden wir alles machen, aber wir bringen uns zu keinem Zeitpunkt leichtfertig in Gefahr.“ Kindernotfälle beschäftigen Robert Portenkirchner zudem oft über den Einsatz hinaus. „Man muss aber lernen, dass Arbeit, Arbeit ist und man die Einsätze nicht mit nach Hause nimmt”, sagt er. Sich ein Schicksal zu stark zu Herzen nehmen, das würde auf Dauer nicht funktionieren.
kp