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Hochprozentiges aus dem Chiemseebräu in Grabenstätt

„Kymsee“-Whisky und selbst gebrautes Bier: So haben die Langes ihr Wirtshaus zur Attraktion gemacht

Oliver Lange zeigt seine Holstein-Edeldestillationsanlage
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Der „Kymsee“ wird als Single Malt auf einer Holstein-Edeldestillationsanlage dreifach gebrannt. „Nur der sogenannte Mittellauf wird großzügigst abgetrennt und für diesen hochwertigen Malt verwendet“, betont Brenner Oliver Lange.

Hochprozentiges aus dem Chiemseebräu. In Grabenstätt kommen Bier und Whisky aus einem Wirtshaus. Wie das Ehepaar Lange Akzente im Tourismus setzt und sich in schweren Zeiten neu organisiert haben.

Von Ernst Deubelli

Grabenstätt – Das kleine Gasthaus mit dem lauschigen Wirtsgarten und hauseigener Brauerei am Ortseingang zu Grabenstätt am Chiemsee ist längst eine Touristenattraktion und hat auch die Jahre der Flaute in der zurückliegenden Pandemie gut überstanden. „Wir haben uns neu organisiert“, sagt Unternehmer Oliver Lange: Mittlerweile bewirtschaften er und seine Frau Eva-Maria das Gasthaus allein, haben die Speisekarte etwas ausgedünnt und die besonderen Akzente ausgebaut. Und diese Akzente liegen auf dem Bier aus der Wirtshaus-Brauerei und auf „Kymsee“-Whisky aus der angegliederten Destille. 

„Wir bieten verschiedene Konfitüren, Likör, Malzbrand oder Senf aus eigener Herstellung und vor allem mit Whisky-Noten an“, erklärt Oliver Lange. Auch mit diesem Sortiment nimmt der „Chiemseebräu“ eine weitgehende Alleinstellung ein. Denn nur wenige Brauereien und Brennereien stellen sowohl Bier als auch den dazugehörigen Bierbrand im eigenen Haus her. Entweder das Bier oder die Brennleistung wird in der Regel zugekauft. 

Chiemseebräu geht eigenen Weg

Nicht nur die Geschmacksrichtungen zeigen Raffinesse, auch in der Namensgebung steckt bayerischer Geschäftssinn. Die Konfitüren werden unter dem Namen „Mamalad“ angeboten. Das hat einen besonderen Grund: Mit Rücksicht auf die britischen Gepflogenheiten, die den Namen Marmelade, der in Bayern eigentlich für alle möglichen Konfitüren steht, nur für Konfitüre auf Basis von Orangen zulässt, hat die EU vor langer Zeit schon entschieden, dass in der EU eben auch nur Marmelade auf Orangen-Basis so heißen darf. Und das gilt auch noch, nachdem die Briten aus der EU ausgestiegen sind. Das Unternehmen in Grabenstätt hat einen diplomatischen Weg gefunden, das Namensproblem zu lösen, mit dem bayerischen Namen „Mamalad“. Da weiß jeder, was gemeint ist und die Vorgaben sind respektiert. 

Brauen und Brennen sind Leidenschaften, die Oliver Lange und seine Frau Eva-Maria schon vor rund 30 Jahren, als sie ihre Wirtshausbrauerei „Chiemseebräu“ in Grabenstätt gründeten, bewegt haben. Die Brauerei in ihrem Gasthaus am Ortseingang ist seit 1994 in Betrieb, die Brennerei erst seit rund zehn Jahren. Und seit sieben Jahren gibt es den ersten Whisky aus dem Chiemgau, den „Kymsee“, so benannt nach einer alten Bezeichnung des „Bayerischen Meeres“. 

Und noch eine Neuerung gibt es seit der Pandemie: „Wir haben uns eine Abfüllanlage für das Bier angeschafft und verkaufen nun auch in Flaschen abgefüllt“, ergänzt Oliver Lange. Zuvor war das hauseigene Bier aus der kleinen Brauerei nur in der Gaststätte im Ausschank erhältlich. Die Innovationen haben sich inzwischen auch im Tourismus herumgesprochen. Urlauber zählen neben den Einheimischen zu den regelmäßigen Kunden. Auch Vereine und Whisky-Freunde aus der Region und dem weiteren Umland nutzen inzwischen das Gasthaus mit der kleinen Brauerei und vor allem mit der exklusiven Destille zu Ausflügen und Verkostungen. 

Mit dem Gründungsjahr 1994 ist die Wirtshausbrauerei in Grabenstätt gewissermaßen ein Unikum, sowas wie die älteste jüngste Brauerei in der Region. Denn Neugründungen von Brauereien waren im vergangenen Jahrhundert eine absolute Seltenheit, in einer Ära, in der viele andere Brauereien zusperrten. „Die finanziellen Hürden waren bei der Unternehmensgründung für eine Wirtshaus-Brauerei und später für eine gewerbliche Brennerei ziemlich hoch“, sagt Unternehmer Oliver Lange. Eine Bank im Nürnberger Raum hatte schließlich die Finanzierung des Projektes gewagt. Man müsse zum Einstieg in den Betrieb einer Verschlussbrennerei, die allen zollrechtlichen Vorgaben entspricht, mit einem sechsstelligen Betrag kalkulieren, ergänzt er. 

Begeisterung fürs Brauen schon früh entdeckt

Seine Begeisterung für das Bierbrauen entdeckte der gebürtige Niederbayer während seiner Schulzeit als Ferienaushilfe in einer Traunsteiner Brauerei. Damit stand das Berufsziel fest: Er lernte Brauer und Mälzer und hängte ein Studium des Brauereiwesens und der Getränketechnologie in Weihenstephan an. Nach dem Abschluss arbeitete er dort am Lehrstuhl für Maschinen-und Apparatekunde mit.  

In der Fasslagerung und Reifung setzt Oliver Lange auf einen erfahrenen Importeur von Fässern aus amerikanischer Weißeiche aus den USA. Mittlerweile experimentiert er auch mit kleineren Fässern.

An diesem Lehrstuhl gibt es außerdem eine kleine Versuchsbrauerei, die nicht nur manchen Bierversuch, sondern auch Oliver Langes Wunsch nach einer eigenen kleinen Brauerei weiter reifen ließ. Zunächst gründete er jedoch ein Serviceunternehmen zur Wartung von Schankanlagen, bis er 1993 mit seiner Frau den Grundstein für ihr Gasthaus mit Brauerei und Brennerei in Grabenstätt am Chiemsee legte. Oliver Lange kam als Zehnjähriger mit seinen Eltern aus Eggenfelden in den Chiemgau, seine Frau Eva-Maria stammt aus Tann im Landkreis Rottal-Inn. 

Unmittelbar am Ortseingang, mit Wirtsgarten unter Kastanien und freiem Blick auf das Naturschutzgebiet am Achendelta steht das Wirtshaus, als hätte es seit über hundert Jahren Bestand. Nicht von ungefähr. Die Inneneinrichtung hatte Oliver Lange vor der Gründung seines eigenen Unternehmens beim Abriss eines historischen Gasthauses gerettet. Und gewissermaßen hat er mit seiner Frau eine alte Brautradition in Grabenstätt wieder belebt. Dort hatte es bis vor rund 100 Jahren die große Schlossbrauerei gegeben, die allerdings aufgrund der wirtschaftlichen Folgen des Ersten Weltkriegs ihren Betrieb einstellen musste. 

Drei bis vier bodenständige Biersorten, die im eigenen Gasthaus zum Ausschank kommen, braut Oliver Lange im Jahreslauf. Ganzjährig gibt es das Zwickl-Bier, ein ungefiltertes Helles. Im Sommer dazu noch Weißbier und in der kühlen Jahreszeit auch dunklen Bock. Auf rund 150 Hektoliter im Jahr taxiert Lange den Jahresausstoß in seiner Wirtshausbrauerei. Seit zwei Jahren gibt es das Bier auch in Flaschen abgefüllt zum Mitnehmen, allerdings nicht zu verwechseln mit einem Bier mit ähnlichem Namen, das jedoch von einer anderen Brauerei in Rosenheim gebraut wird. 

Klimatische Bedingungen im Chiemgau für Whisky-Herstellung günstig

Bierbrauen und Whiskybrennen haben viel mehr gemeinsam, als manch ein Laie ahnt. „In der Vergärung der Maische aus Gerstenmalz ist das Wissen und Können des Mälzers und des Brauers gefragt“, erklärt Oliver Lange. Er bringt dafür seine Technik aus der Brauerei zum Einsatz. Er lässt für seine Whiskys die Whiskywürze länger gären, vertraut auf eine bewährte Partner-Mälzerei im Allgäu, die außerdem Qualitätsgerste aus dem Voralpenland verarbeitet, und auf die Qualität des Quellwassers in Grabenstätt, das unweit des mystischen Tüttensees gewonnen wird. 

Weithin sichtbar vor dem Gasthaus - ein Hobby des Brauers und Brenners aus Grabenstätt: ein historischer Transporter „Granit“, in den 50er Jahren in der DDR hergestellt.

Auch die klimatischen Bedingungen im Chiemgau seien für die Herstellung von Whisky günstig, betont Lange. Die Temperaturschwankungen sind deutlich größer als in Schottland. Das fördere den Reifeprozess. Die Kunden waren deshalb bereits mit dem relativ jungen Whisky, den er erstmals 2015 nach dreijähriger Lagerung auf den Markt brachte, sehr zufrieden. Auch bei der ersten Vorstellung des Whiskys aus dem Chiemgau auf der Whiskymesse in Salzburg vor einigen Jahren habe er eine gute Resonanz erfahren, berichtet Lange. Mittlerweile ist der „Kymsee“, der Whisky aus dem Chiemgau auch in Jim Murray’s „Whisky Bible“ mit hervorragender Bewertung registriert. „Jim Murray’s Whisky Bible“ stellt sich im Internet als „the worlds’s most influential book on whisky“ vor, mit über 4500 Sorten aus über 30 Ländern. 

Rund 2000 Liter „Kymsee“-Whisky im Jahr

In der Fasslagerung und Reifung setzt Oliver Lange auf einen erfahrenen Importeur von Fässern aus amerikanischer Weißeiche aus den USA. Mittlerweile experimentiert er auch mit kleineren Fässern, mit sogenannten „Quarter Casks“ mit einem Fassungsvermögen von rund 50 Litern. Im Vergleich zu den 200 Liter-Fässern ist hier der Kontakt des Inhalts mit dem Holz intensiver. Auch das Finish oder die Lagerung in Sherry-Fässern liefern neue Geschmacksnoten. 

Rund 2000 Liter „Kymsee“-Whisky gewinnt Oliver Lange im Jahr. Der Kymsee wird als Single Malt auf einer Holstein-Edeldestillationsanlage dreifach gebrannt. „Nur der sogenannte Mittellauf wird großzügigst abgetrennt und für diesen hochwertigen Malt verwendet“, betont der Brenner. Weitere Details im Internet unter:  www.kymsee-whisky.de      

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