Städtische Galerie Traunstein
Mode und Müll: Kunstvolle Kleider aus Abfall in Traunstein zu bewundern
In der Städtischen Galerie in Traunstein präsentiert die Berliner Künstlerin Patricia Thoma bis 23. Juni ihre Modekreationen aus Alltags-Müll. Unter dem Titel „Zu schön, um wahr zu sein“ zeigt sie kunstvoll gestaltete Kleider und Kronleuchter.
Traunstein – Verpackungen von Instant-Nudeln, Aldi-Einkaufstüten aus Plastik oder gelesene Zeitungen, wo landen die normalerweise? Genau, im Müll oder in der Wertstofftonne. Zu ganz anderen Ideen inspirieren diese Gebrauchsgegenstände die Künstlerin Patricia Thoma aus Berlin. Sie schneidert daraus kunstvolle Kleider, die auf den ersten Blick an kostbare Brokatkleider, Seidenroben oder Designerstücke erinnern. Ins Staunen geraten kann man angesichts dieses Augenschmauses in der aktuellen Ausstellung „Zu schön, um wahr zu sein“, die noch bis 23. Juni in der Städtischen Galerie im Kulturforum Klosterkirche in Traunstein zu sehen ist.
Auf den zweiten Blick
Erst auf den zweiten Blick erkennt man bei den ausgestellten Stücken, die sich „Brautkleid mit Nerzkragen“ oder „Koreanisches Müllkleid“ nennen, dass sie aus ungewöhnlichem Material geschneidert sind. Faszination und Enttäuschung – nach dem Erkennen der geschickt inszenierten Täuschung – halten sich dabei die Waage. Steht der offenkundigen Banalität des Stoffes, die sich erst in der Nahsicht offenbart, doch die äußerst aufwendige Verarbeitung kunstvoller „Kleider-Skulpturen“ gegenüber. Bei der Vernissage musste Patricia Thoma immer wieder die Frage beantworten: Kann man das anziehen? Man kann, zumindest, was die Kreationen aus gebügeltem und bemaltem Zeitungspapier angeht. Sie kamen bereits bei Tanzaufführungen zum Einsatz. Die gut 2,20 Meter hohen Edel-Roben aus Plastiktüten dagegen dürften mit ihrem schmalen Schnitt beim Anpassen erhebliche Probleme bereiten.
Was ist Mode wert?
Thoma versteht es, mit ihrer Kunst den Betrachter gleich auf mehreren Ebenen zu bezirzen, zu irritieren und so zum Nachdenken zu bringen. Wie kann man aus Billigware und Allerweltsmüll solche Kreationen schaffen, die wie seltene und teure Kostbarkeiten anmuten? Zu sehen gibt es auch opulente „Kronleuchter“, deren Bestandteile aus alten Plastikflaschen herausgeschnitten sind. Brautkleider wie Mülltüten – beide sind zum einmaligen Gebrauch gedacht. Aber auch Anspielungen an Berge von „Fast Fashion“ – schnell produzierter Billigmode – sind offenkundig. Mit Preisen von mehr als 5000 Euro für ihre aus wertlosem Müll gefertigten, untragbaren „Designerstücke“ persifliert Thoma das aktuelle Modegeschehen der Top-Marken: Was ist uns der Stoff und was die Arbeitszeit wert?
In ihrem Grußwort zur Vernissage verwies Zweite Bürgermeisterin Burgi Mörtl-Körner „auf die höchst problematischen Produktionsbedingungen von Billigkleidern in Asien oder Indien“ sowie deren unreflektierten Konsum, den Thoma künstlerisch aufgreife. Sie verwies auf Berge von Kleidermüll, mit denen Länder des globalen Südens zu kämpfen haben. Zugleich erhebe sich die Frage: Sind Wertstoffe nicht auch bei uns zu schade zum Wegwerfen und Verfeuern oder kann man etwas Nützliches daraus kreieren?
Vielseitig aktiv
Die Arbeit von Thoma beschränkt sich dabei nicht nur auf akademische Diskussionen. Nach dem Kunststudium in Stuttgart und Großbritannien bereiste sie als pädagogische Kooperationspartnerin des Goethe-Instituts viele Länder, stellte im In- und Ausland in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen aus und heimste zahlreiche Preise und Stipendien ein. Sowohl an der Akademie für Mode und Design in Berlin wie auch an Hochschulen in China hatte die Biennale-Teilnehmerin (Korea) Lehraufträge. Werke von ihr stehen im Kunstmuseum Bonn, in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe oder dem Museum für Angewandte Kunst Köln. Ebenso ist sie als Buchillustratorin sehr gefragt.
Workshops mit Schülern
In zahllosen Workshops mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen von ihr geht es zudem um Themen wie Zukunft, Kinder- und Menschenrechte. Sehr erfrischend sind die mitausgestellten Ergebnisse von sechs Workshops mit Schülern in Traunstein, die Thoma vor derAusstellung für den Umgang mit Farben, Mustern, Schriften und Designs sensibilisiert hat. Im Gespräch mit Thoma beleuchtete Galerieleiterin Judith Bader, welche kreativen Prozesse und Perspektivwechsel die Beschäftigung bei den jungen Nachwuchs-Künstlern ausgelöst hat. In der Ausstellung lassen sich die Vorbilder von Thoma an der Rückwand mit den Schülerarbeiten an den Seitenwänden gut vergleichen.
