Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Im Kampf gegen Missbrauch und Kinderpornos – Teil 1

Kinderschändern auf der Spur: Ermittlerin über den Weg von der heißen Fährte bis zur Anklage

Ermittlungsarbeit im Missbrauchskomplex Lüdge im Jahr 2019: Spurensicherung am Campingplatz Eichwald.
+
Ermittlungsarbeit im Missbrauchskomplex Lüdge im Jahr 2019: Spurensicherung am Campingplatz Eichwald.

Erst kürzlich kam es in Ostermünchen im Landkreis Rosenheim zur Festnahme eines Mannes wegen Verdachts auf Kindesmissbrauch. Im Landkreis Altötting fand erst eine Hausdurchsuchung wegen Hinweisen auf Verbreitung von Kinderpornografie statt. Staatsanwältin Helena Neumeier von der Staatsanwaltschaft Traunstein hat sich auf diesen Fachbereich spezialisiert und erklärt, wie das Verfahren vom ersten Hinweis bis zur Anklage läuft.

Traunstein/Mühldorf – Lüdge, Bergisch Gladbach, Münster, Wermelskirchen: Eine ganze Liste von Orten, die wegen großer Missbrauchskomplexe eine traurige Berühmtheit erlangten. Gerade Nordrhein-Westfalen wurde in den letzten Jahren zu einem Ermittlungsschwerpunkt – doch die Spuren führen auch nach Bayern. Wie genau der Weg vom Hinweis zum Verdacht und dann zur Anklage führt, wollten wir nun von einer Traunsteiner Staatsanwältin genauer wissen:

Tipps kommen oftmals aus den USA

Helena Neumeier arbeitet in der Abteilung für Sexualstraftaten und kümmert sich vorrangig um Kindesmissbrauch und Kinderpornografie. Sie kann im Detail erklären, wie genau die Ermittlungsverfahren hier zustande kommen. Oftmals stammen Hinweise nämlich aus den USA: „Ein US-Bundesgesetz verpflichtet die amerikanischen Provider, strafrechtlich relevante Inhalte dem National Center for Missing & Exploited Children (NCMEC) mitzuteilen“, so die Staatsanwältin. Die Organisation erstellt dann sogenannte CyberTipline-Reports und ermittelt mit Lokalisierungsmaßnahmen die betreffenden IP-Adressen. „Sobald ein Bezug zu Deutschland besteht, stellt das NCMEC die Daten dem Bundeskriminalamt zur Verfügung“, erklärt Neumeier.

Helena Neumeier ist in ihrem Fachbereich zuständig für Kindesmissbrauch und Kinderpornografie.

Lange Behördenkette

„Anschließend prüft das Bundeskriminalamt, ob eine strafrechtliche Relevanz besteht und leitet den Sachverhalt an das zuständige Landeskriminalamt – in unserem Fall an das Bayerische – weiter“, so die Staatsanwältin. Von dort werde dann die örtlich zuständige Kriminalpolizei eingeschaltet. Im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Traunstein also die Kripo Traunstein, Mühldorf oder Rosenheim. „Das Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch im Internet (ZKI) bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg ermittelt dann, ob der jeweilige Fall mit anderen in Verbindung steht und ob dieser eine sogenannte ‚herausgehobene Bedeutung‘ hat“, so Neumeier. Herausgehoben sind Verfahren, in denen die Art und Anzahl der aufgefundenen Dateien besonders auffällig sind, wenn ein Verdächtiger bereits mehrfach einschlägig in Erscheinung getreten ist oder wenn eine organisierte Struktur wie zum Beispiel ein Netz von Verteilern und Beziehern besteht.

„Kann schon mal ein paar Monate dauern“

„Ist der Fall NICHT herausgehoben im Sinne der genannten Definition, kommt die Akte bei uns auf den Tisch. Auch unsere Fälle führen häufig zu erheblichen Freiheitsstrafen“, so die Traunsteiner Staatsanwältin. „Es kann schon mal ein paar Monate dauern, bevor ein Fall, der dem Bundeskriminalamt aus den USA mitgeteilt wurde, bei uns landet. Gerade bei NCMEC-Fällen, wie wir sie nennen, liegen die Tatzeiten teilweise durchaus bereits zwei bis drei Jahren zurück, wenn das Verfahren bei uns landet. Tatsächlich gibt es auch aktuell Fälle, wo wir noch Mitteilungen zu Straftaten aus dem Jahr 2019 erhalten“, so Neumeier.

Warum sich gewisse Fälle verzögern, könne man in Traunstein nicht genau sagen. „Nach Erhalt der Akte beantragen wir in der Regel einen Durchsuchungsbeschluss beim Ermittlungsrichter des zuständigen Amtsgerichts.“ Wird der Beschluss erlassen, vollzieht die zuständige Kripo diesen und durchsucht Personen, Wohnungen und/oder Geschäftsräume und stellt Beweise – wie beispielsweise Datenträger – sicher. „In speziellen Fällen nehme ich selbst an der Durchsuchung teil und leite diese“, so Neumeier. „Auf diese Weise verschaffe ich mir einen persönlichen Eindruck vom Beschuldigten und seinen Wohnverhältnissen, der für die weiteren Ermittlungen wichtig ist.“

So sieht der Weg eines Hinweises aus Amerika bis zur zuständigen Staatsanwaltschaft aus.

Auswertungszeiträume von mindestens 12 Monaten

Die Auswertung der Datenträger erfolgt entweder über eine interne Digitale Forensik der Kriminalpolizei oder durch externe speziell zertifizierte und zur Verschwiegenheit verpflichtete Sachverständige aus dem Gebiet IT-Forensik. „Die Auswertung dauert ziemlich lange, und zwar regelmäßig 12 bis 18 Monate“, sagt die Staatsanwältin. „Nach der Auswertung folgt die Vernehmung der Beschuldigten, wenn diese konkrete Hinweise auf kinderpornografische Inhalte ergeben hat“, so Neumeier. „Das Ergebnis der Ermittlungen wird von mir dann abschließend umfassend geprüft und bewertet. Wenn eine Verurteilung zumindest wahrscheinlich ist, ist ein hinreichender Tatverdacht gegeben und ich erhebe Anklage. Ansonsten stelle ich das Ermittlungsverfahren ein.“

Anfangsverdacht

Es müssen Indizien (Hinweise) für eine Straftat vorliegen. Eine bloße Vermutung reicht nicht. Der Anfangsverdacht führt in der Regel zu Ermittlungsverfahren, außer die Tat ist nicht verfolgbar – beispielsweise weil sie verjährt ist. Der Anfangsverdacht berechtigt dazu, Zwangsmaßnahmen wie Telefonüberwachung, Durchsuchung und Beschlagnahmungen durchzuführen.

Hinreichender Tatverdacht

Dieser liegt vor, wenn eine Verurteilung wahrscheinlich ist. Liegt ein hinreichender Tatverdacht vor, muss die Staatsanwaltschaft Anklage erheben. In einem Zwischenverfahren prüft das Gericht dann das tatsächliche Vorliegen des hinreichenden Tatverdachts. Hat das Gericht die gleiche Ansicht wie die Staatsanwaltschaft, wird das Hauptverfahren eröffnet. Wesentlicher Bestandteil des Hauptverfahrens ist die Hauptverhandlung.

Dringender Tatverdacht

Hier muss aus den Ermittlungen eine hohe Wahrscheinlichkeit hervorgehen, dass der Beschuldigte eine Straftat begangen hat. An diesem Punkt besteht die Möglichkeit, einen Haftbefehl zu erlassen, oder den Führerschein einzuziehen.

Kommentare