Richterin: „Wir müssen uns an die Regeln halten“
Wildfremdes Mädchen in Holzkiste gesteckt und entführt - „Mildes Urteil“ gegen Bernd W.
Traunstein/Mühldorf/Regensburg - Die Taten hat Bernd W. - mit teils bizarren Erklärungen - bereits eingeräumt: Er soll unter anderem ein kleines Kind missbraucht und eine Elfjährige in einer Holzkiste verschleppt haben. Das Urteil ist gefallen
Update, 13.27 Uhr – Urteil gegen Bernd W. steht fest
Das Urteil am Traunsteiner Landgericht ist gefallen. Bernd W., der vor seiner Flucht nach Indien in Mühldorf lebte, ist schuldig wegen Menschenraubs, Kindesmissbrauchs, Körperverletzung und Kinderpornos. Fünfeinhalb Jahre Gefängnis hat das Gericht verhängt. Weil ihm die einjährige Auslieferungshaft in Indien zur Hälfte angerechnet wird, bleiben fünf Jahre Gefängnis „übrig“.
„Es ist ein sehr mildes Urteil“, gesteht die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler. Doch das hat seine Gründe: denn der Kindesmissbrauch liegt über 20 Jahre zurück, der Menschenraub in Tschechien und die Kinderporno-Funde rund zehn Jahre. „Damals galten noch andere, teils mildere Strafrahmen und an die müssen wir uns halten“, erklärt Aßbichler: „Es gilt immer das Gesetz zum Zeitpunkt der Tat.“
Entführung wäre schwer nachweisbar
Außerdem habe das Geständnis des 58-Jährigen hier besonders hohe Bedeutung. Denn die Entführung einer elfjährigen Tschechin 2014 sei ohne Geständnis womöglich sehr schwer nachweisbar gewesen: Die tschechischen Zeugen wären schwer greifbar gewesen, die dortigen Behörden hätten den Fall sehr lückenhaft ermittelt und weil Bernd W.s Auto längst verschrottet wurde, gibt es auch keine DNA-Spuren mehr.
„Die kriminelle Energie bei dieser Entführung war sehr, sehr hoch“, stellt die Richterin aber fest. Am 4. September 2014 lockte er in Tschechien ein elfjähriges Mädchen an einem einsamen Parkplatz zu sich und steckte das Kind in eine verschließbare Holzkiste in seinem Kofferraum. Nach einer 30-minütigen Fahrt lud er sie gefesselt bei einem Maisfeld ab – denn er hatte mitbekommen, dass die Elfjährige mit ihrem Handy einen Notruf absetzte.
Angeklagter hatte mehr als 20.000 Kinderporno-Dateien
Was wollte Bernd W. mit dem Mädchen? Er selbst sagte, er habe sich nur selbst testen wollen. Ob er pädophil ist, ob er aggressiv reagiert, wie er in einer solchen Situation fühlt. „Glauben muss man Ihnen nicht alles“, so Richterin Aßbichler in Richtung des Angeklagten. Denn beim Angeklagten wurden auch weit über 20.000 Kinderporno-Dateien gefunden. Der Schweregrad der Fotos und Videos sei „erschütternd“, so Aßbichler, auch Kleinkinder sind zu sehen.
Und: 2003 sprach der Angeklagte in Regensburg auf offener Straße junge Mädchen an. Einer Vierjährigen fasste er in den Intimbereich und filmte das Ganze. Auch hier war der Mann geständig. 2015, kurz nach einer Hausdurchsuchung, floh Bernd W. nach Indien. 2020 wurde er wegen Problemen mit seiner Aufenthaltsgenehmigung auch dort inhaftiert. „Aber über die Haftbedingungen dort dürfen Sie sich nicht beklagen“, so die Richterin. Das Land habe er sich schließlich selbst ausgesucht.
Das Urteil wurde nach einer kurzen Beratung rechtskräftig.
Update, 11.48 Uhr – Mädchen wählt aus Kiste den Notruf
Staatsanwältin Helena Neumeier holt zum Plädoyer aus – und spricht vom „Albtraum eines jeden Mädchens“, was der damals elfjährigen Tschechin 2014 passierte: „Von einem unbekannten Mann ins Auto verfrachtet und verschleppt.“ Auf einem unbeobachteten Parkplatz habe Bernd W. gewartet und das Mädchen dann angelockt und gepackt. Dann steckte der Angeklagte sie in eine verschließbare Holzkiste mit Deckel.
„Der Angeklagte merkte aber, dass sie aus der Kiste mit dem Handy einen Notruf absetzte. Dann erkannte er, dass er das Mädchen loswerden muss“, so die Staatsanwältin. Hinzu kommt der Kindesmissbrauch 2003 in Regensburg, als Bernd W. einer Vierjährigen in den Intimbereich fasste und filmte. Außerdem über 21.600 Kinderporno-Dateien, die man beim Angeklagten fand. Die Staatsanwältin fordert sechseinhalb Jahre Haft.
Urteil wird heute noch fallen
Dass Bernd W. die Taten begangen hat, bezweifeln auch seine Verteidiger nicht. Schließlich hat der Mann alles gestanden. Aber Anwältin Isabella Komm bewertet die Taten anders. „Der Angeklagte ist damals nicht nach Tschechien gefahren, um ein Mädchen zu verschleppen, sondern er suchte Brennholz.“ Einen Vorsatz gebe es nicht und auch die Vernunft habe bei Bernd W. dann schnell wieder eingesetzt.
Bei der Entführung in Tschechien handle es sich also nur um Freiheitsberaubung und Aussetzung. Die Verteidigung fordert eine Haftstrafe von vier Jahren. Und weil auch die gesamte Zeit, in der Bernd W. in Indien in Haft saß, angerechnet werden soll, müsse der Haftbefehl gleich aufgehoben werden – der Angeklagte solle also auf freien Fuß kommen. Auch das Urteil wird heute noch fallen.
Vorbericht, 9.14 Uhr
Im Prozess um die Horror-Taten eines 58-jährigen Ex-Mühldorfers fällt am heutigen Donnerstag das Urteil. Bernd W. soll 2003 in Regensburg auf offener Straße eine Vierjährige missbraucht und dabei gefilmt haben. Und 2014 soll der Angeklagte eine damals Elfjährige in Tschechien entführt haben. Er packte das Mädchen, sperrte sie in eine Holzkiste in seinem Kofferraum und ließ sie später gefesselt bei einem Maisfeld zurück. Dazu wurden jede Menge Kinderpornos der härtesten Sorte gefunden: Bernd W. hat alles gestanden.
Kind in Kiste entführt - Heute Urteil am Landgericht Traunstein
Am heutigen Donnerstag (28. März) wird der Prozess vor dem Traunsteiner Landgericht fortgesetzt. Ab 9 Uhr werden die Plädoyers gehalten, danach geht es ans Urteil. Der Angeklagte sieht sich selbst nicht als pädophil. Die Kinderpornos habe er nur für eine angepeilte Diplomarbeit zur Recherche heruntergeladen. Und die Kindesentführung habe er nur als „Selbsttest“ gemacht: um herauszufinden, wie er in einer solchen Situation fühle und ob er pädophil oder aggressiv reagiere. Die Entführung in Tschechien sei spontan und nicht geplant gewesen.
Verjährt sind die Taten noch nicht. Doch wie lange Bernd W. im Falle einer Verurteilung im Gefängnis bleiben muss, ist offen. Denn nach seiner Flucht nach Indien wurde er 2020 auch dort festgenommen. Seitdem sitzt er durchgehend in Haft. Wie viel davon wird dem 58-Jährigen angerechnet? Angeklagt ist der Ex-Mühldorfer jetzt wegen Menschenraubs, sexuellen Missbrauchs von Kindern, Körperverletzung und Kinderpornos.
innsalzach24.de berichtet aktuell vom Prozess.
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