Polizei-Großeinsatz nach Geiselnahme in Grassau
Ablauf, Motiv, Hintergründe: Was wir zum Todesschuss bislang wissen – und was nicht
Grassau/Rosenheim – Riesenaufregung herrschte am Montagabend (9. Dezember) im Grassauer Ortsteil Mietenkam (Landkreis Traunstein). Dort ging ein Mann (†35) mit einem Messer auf die Polizei los – und wurde erschossen. Der Fall bleibt allerdings rätselhaft.
Zuallererst stellt sich vor allem die Frage, warum die Einsatzkräfte vor Ort an der Haustür klingelten und nicht ein mögliches Eintreffen von Spezialeinsatzkräften abwarteten? Der 35-Jährige war nach Polizeiangaben in der Vergangenheit ja bereits wegen etlicher (Gewalt-)Delikte aufgefallen. „Ein weiteres Zuwarten wäre in diesem Fall die wohl schlechtest mögliche Vorgehensweise gewesen“, sagte Polizeisprecher Stefan Sonntag auf Nachfrage von chiemgau24.de. Die Kollegen vor Ort hätten von einer Geiselnahme und einer „akuten Notlage für die Mutter“ des 35-jährigen Tatverdächtigen ausgehen müssen, zumal es zuvor am Telefon „lautes Geschrei im Hintergrund“ gegeben habe, hieß es.
Fiel nur ein Schuss – oder sogar mehrere?
Zum Ablauf der Geschehnisse vor Ort hielt sich der Sprecher sehr bedeckt. Die eingesetzten Polizeibeamten hätten das Haus umstellt und dann die Situation evaluiert, hieß es. Fest steht: Als die Beamten klingelten, öffnete der Mann diese und griff die Einsatzkräfte sofort mit einem Messer an. Deshalb sei es zum Schusswaffengebrauch gekommen. Der 35-Jährige wurde nach Angaben der Polizei in den Oberkörper getroffen und starb trotz sofortiger Hilfsversuche noch vor Ort. rosenheim24.de hatte bereits berichtet.
Es ist aber weiter unklar, ob „nur“ ein Polizeibeamter oder sogar mehrere auf den Messerangreifer geschossen haben. Auch die Anzahl der abgegebenen Schüsse ist weiterhin unbekannt. „Dazu sind nun umfangreiche Ermittlungen nötig. Diese werden von Ermittlern des Bayerischen Landeskriminalamtes (BLKA) und der Staatsanwaltschaft geführt“, sagte Sonntag. Die Ermittler machten sich bereits am Tatabend ein Bild vor Ort. Es wurden umfangreich Spuren gesichert. Dass Ermittler des BLKA hinzugezogen werden, ist in solchen Fällen ein übliches Vorgehen.
Warum wählte Angreifer selbst den Notruf?
Auch zum Tatmotiv beziehungsweise zum Täter gibt es bislang noch keine gesicherten Erkenntnisse. „Dies gilt es im Rahmen der Ermittlungen zu klären“, sagte Sonntag. Es müsse auch herausgearbeitet werden, ob es sich um „eine echte Geiselnahme“ gehandelt habe oder ob möglicherweise etwas anderes dahinter steckt. Fest steht, dass sich die schrecklichen Ereignisse im bzw. am Haus der Mutter abspielten. Ob auch der 35-Jährige dort wohnte bzw. dort gemeldet war/ist, war am frühen Dienstagvormittag (10. Dezember) zunächst noch unklar. Auch warum der 35-Jährige selbst den Polizeinotruf gewählt und dort die Geiselnahme gemeldet habe, sei Gegenstand von Ermittlungen, hieß es.
Die Polizei war nach dem Vorfall mit einem großen Aufgebot in Grassauer Ortsteil Mietenkam ausgerückt. Eine genaue Zahl konnte der Polizeisprecher nicht nennen, sprach aber von „sehr vielen Streifenwagen“. An der Wohnungstür, an der es zu den schrecklichen Vorfällen kam, sei „eine ganze Reihe von Kollegen im Einsatz“ gewesen, hieß es weiter. Zur Art des Messers, die der 35-Jährige bei seinem Angriff auf die Polizisten in der Hand hielt, gibt es bis dato keine weiteren Angaben.
„Jeder geht damit anders um...“
Die eingesetzten Polizisten wurden nach den schrecklichen Ereignissen bereits in der Nacht seelsorgerisch betreut. „Jeder geht damit anders um. Aber es ist in solchen Fällen immer ratsam, die Betroffenen engmaschig zu betreuen“, so Sonntag. Dazu gibt es bei der Polizei entsprechende Spezialisten, die sich in den kommenden Tagen und Wochen um die beteiligten Einsatzkräfte kümmern werden. Auch ein Kriseninterventionsteam war in Grassau im Einsatz. (mw)