Hitzige Gemeinderatssitzung
Wird Sporthalle Grabenstätt zur Unterkunft für Geflüchtete - oder droht gar Immo-Beschlagnahme?
Außergewöhnlich gut besucht war die letzte Gemeinderatssitzung des Jahres der Gemeinde Grabenstätt. Abgestimmt wurde unter anderem darüber, ob die Turn- und Mehrzweckhalle zur temporäre Unterkunft für Geflüchtete werden soll. Die Abstimmung hätte nicht enger sein können.
Grabenstätt – Dass sich zur letzten Gemeinderatssitzung des Jahres so viele Gäste eingefunden hatten, lag zweifelsohne am Tagesordnungspunkt 3.1 zur aktuellen Flüchtlingssituation und möglichen Flüchtlingsunterbringung. Nach der jüngsten Inspektion der Grabenstätter Turn- und Mehrzweckhalle haben die Bürger weiterhin Angst, dass „ihre“ Turnhalle vom Landratsamt Traunstein in absehbarer Zeit in Beschlag genommen und in eine temporäre Flüchtlingsunterkunft umgewandelt wird. Der Sportbetrieb des TSV Grabenstätt und auch der Schulsport wären dann womöglich monatelang ausgebremst. Aus diesem Grunde haben Vertreter der Grabenstätter Ortsvereine Anfang Dezember bei der Gemeinde einen schriftlichen Dringlichkeitsantrag eingereicht, der von zahlreichen Vereinsvertretern unterzeichnet worden war.
Beschlagnahme von Immobilien schwierig
Bevor der am 4. Dezember in der Verwaltung eingegangene Antrag im Gemeinderat behandelt wurde, hatte Bürgermeister Gerhard Wirnshofer (BG/FW) ein Schreiben des Gemeinderatskollegen und Landtagsabgeordneten Dr. Martin Brunnhuber (BG) verlesen. In diesem hieß es, dass in Bayern die Beschlagnahme von Immobilien zur Unterbringung von Geflüchteten rechtlich nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig sei.
Möglich wäre dies nur, wenn eine unmittelbare Gefahr abgewendet werden müsste und alle anderen Alternativen gescheitert seien. Zudem müsse immer die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden, sprich der Eingriff in das Eigentum dürfe nur so gering wie möglich ausfallen und die Beschlagnahme müsse auf eine begrenzte Zeit beschränkt und mit einer Entschädigung für den jeweiligen Eigentümer verbunden sein. Eine dauerhafte Enteignung sei nicht vorgesehen.
Novum in der Wahlperiode
Bevor sich das Gremium mit dem Eilantrag der Ortsvereine beschäftigte, hatte Gemeinderat und 2. Bürgermeister Andreas Danzer (FW) auch im Namen seiner Ratskollegen Josef Austermayer (FW), Josephine Brunnhuber (FW), Dr. Martin Brunnhuber (BG), Johannes Wimmer (FW) und Josef Hölzle (BG) zwei Anträge zur Geschäftsordnung gestellt. Es war ein Novum in der laufenden Wahlperiode 2020 bis 2026.
„Da es in Bayern keine gesetzliche Grundlage zur Beschlagnahme von Eigentum, Immobilien und Turmhalle gibt, lediglich die Generalklausel des Artikels 7 des Gesetzes über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht (LStVG) zur Gefahrenabwehr, stellen wir den Geschäftsordnungsantrag, dass die Turnhalle Grabenstätt von der Gemeinde, vertreten von 1. Bürgermeister Gerhard Wirnshofer, nicht freiwillig für eine Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt werden darf“, betonte 2. Bürgermeister Danzer, der auch stellvertretender Traunsteiner Landrat ist.
Der Antrag wurde bei einer Gegenstimme von Robert Muggenhamer (BG) angenommen. Muggenhamer meinte, dass so ein Sachantrag nur angenommen werden könne, wenn er dringlich sei. Im zweiten Antrag zur Geschäftsordnung hieß es, dass die Gemeinde Grabenstätt einen Notfallplan zur Unterbringung von Flüchtlingen für deren eigene Liegenschaften, Grundstücke und Parkflächen zur Aufstellung von Containern erstellen sollte.
Als Diskussionsgrundlage im Notfallplan Anwendung finden sollten laut Danzer die leerstehene Wohnung in der Schlossökonomie, der Saal der Schlossökonomie, der Wohncontainer am Wertstoffhof, die entstehende Wohnung im alten Erlstätter Schulhaus, die gemeindeeigene Parkfläche gegenüber der alten Raiffeisenbank zur Aufstellung von zwei Containern, die obere Parkfläche am Grabenstätter Vereinsheim zur Aufstellung von drei bis vier Containern sowie die Grünfläche am Friedhof zwischen dem kirchlichen Kindergarten und der Grundschule. Dieser Antrag wurde mit 9:7 Stimmen abgelehnt.
Abstimmung endet Unentschieden
Vonseiten des Geschäftsleiters Peter Lex wurde im Anschluss daran zu bedenken gegeben, dass die beiden Geschäftsordnungsanträge „nicht den Geschäftsgang betrafen, sondern als nachgeschobene Sachanträge formuliert wurden, was in der Regel nicht zulässig ist“. Nicht zu vergessen ist, dass der Gemeinderat es in seiner vorletzten Sitzung mehrheitlich abgelehnt hatte, Container auf einem Grundstück in der Grabenstätter Gewerbestraße aufzustellen. Bürgermeister Wirnshofer hatte dies vorgeschlagen und darauf verwiesen, dass die Grundstückseigentümerin es für diesen Zweck auch zur Verfügung stellen würde. Erst nach den Abstimmungen über die beiden Anträge zur Geschäftsordnung wurde über die Dringlichkeit des Antrags der Grabenstätter Ortsvereinsvertreter zur möglichen Flüchtlingsunterbringung in der Turnhalle abgestimmt, um sich damit im Gremium befassen zu können. Da die Abstimmung mit einem 8:8-Patt endete, galt der Antrag als abgelehnt. Das Thema wird aber voraussichtlich schon bald wieder auf die Tagesordnung kommen.