Info-Veranstaltung in Seeon-Seebruck
Goldgräber-Stimmung? Wie es mit dem umstrittenen Windenergie-Ausbau in der Region weitergeht
Bayern muss bis Ende 2032 knapp zwei Prozent der Fläche für Windenergie bereitstellen. Windkümmerer Peter Beermann informierte in Seeon über den Ausbau der Windenergieanlagen in der Region.
Seeon-Seebruck – In Südostoberbayern herrscht bisher bei der Windenergie noch Flaute. Aber auch die Region zwischen München und Salzburg wird sich dem Bau von Windkraftanlagen künftig nicht mehr verschließen können. Während es vor wenigen Jahren noch hieß, „nein, danke!“ sei die Windenergie jetzt in aller Munde, betonte der Bürgermeister der Gemeinde Seeon-Seebruck, Martin Bartlweber, bei einer Informationsveranstaltung zum Thema Windkraftanlagen im „Alten Wirt“ in Seeon.
Investoren suchen bereits Grundstücke
Erste mögliche Standorte wurden im Rahmen des Regionalplanes auch in der Gemeinde Seeon-Seebruck festgelegt. Über die bereits festgelegten Standorte herrscht in der Chiemsee-Gemeinde offenbar Goldgräberstimmung. Nach Angaben des Bürgermeisters habe sich herumgesprochen, dass schon jetzt Investoren an Grundstücksbesitzer herantreten würden, um sich Flächen zu sichern. Bartlweber versuchte, den Vermutungen den Wind aus den Segeln zu nehmen „Es gibt überhaupt noch keine Planungen. Es ist wichtig, mit Vielem aufzuräumen, was derzeit emotional diskutiert wird“, betonte er. Sicher sei jedoch, dass die Gemeinde in privilegierten Vorrang- und Vorbehaltsgebieten keinen Einfluss mehr auf die Flächen habe. Deshalb sei es von enormer Wichtigkeit, sich als Gemeinde die Flächen zu sichern: „Wenn, dann müssen die Windkraftanlagen in kommunaler Hand bleiben, und wir sollten nicht zuschauen, wenn es andere machen“, forderte Bartlweber.
Auf die Frage eines Bürgers, nach welchen Kriterien die Windmengen gemessen werden, erklärte Windkümmerer Peter Beermann, dass hier der bayerische Windatlas als zentraler und unverzichtbarer Baustein der Energiewende, das modernste Berechnungsverfahren nutze und einen Überblick über die Windverhältnisse in ganz Bayern gebe. „Wie der Wind in der Gemeinde Seeon-Seebruck weht, kommt der Atlas ganz gut hin.“
Windmengenmessungen werden laut Windkümmerer heute mit lasergesteuerten Systemen gemacht und dauern bis zu einem Jahr. „Die messen sehr genau und sind auch nicht ganz günstig.“ Damit stand Beermann einem Zuhörer Rede und Antwort, der sich am Beispiel der beiden in der Gemeinde Palling stehenden Windräder erkundigte, weshalb die beiden Anlagen so oft stehen. Er könne ohne Daten in diese Anlagen nicht reinschauen und wolle deshalb auch keine Aussage tätigen, sagte er. Dass, wie oft vermutet wird, die Abschaltungen daraufhin zurückzuführen seien, weil gerade zu viel Strom im Netz sei, darüber könne er nur mutmaßen, so Beermann.
Die Kosten von der Planung über Gutachten bis zum Baubeginn eines Windrades schätzte Beermann auf Nachfrage aus dem Publikum zwischen 500 000 und 800 000 Euro. Bei einer größeren Anlage lägen die Investitionskosten zwischen acht und neun Millionen Euro. Ein „Riesenthema“ sei die Netzinfrastruktur. „Die war noch nie gut“, sagte der Windkümmerer. Er versicherte aber, dass die Netzbetreiber jetzt dabei seien, die Netze mit Nachdruck auszubauen.
In seinen sehr umfangreichen Ausführungen teilte Beermann von der gleichnamigen Beermann Windkraft GmbH München mit, dass sich in Sachen Windkraft rechtlich sehr viel getan habe. Es seien verschiedene Gesetzespakete auf den Markt gebracht worden. So sei zum Beispiel das Naturschutzgesetz überarbeitet worden und bei der sogenannten 10H-Regelung seien Lockerungen erfolgt. Als größtes Flächenbundesland müsse der Freistaat Bayern bis Ende 2032 knapp zwei Prozent der Fläche für Windenergie bereitstellen. Die Region Südostbayern müsse bis Ende 2027 1,1 Prozent der Fläche für Windenergie bereitstellen und bis 2032 weitere 0,7 Prozent. Zu den technischen Daten teilte der Windkümmerer mit, dass moderne Windräder derzeit meist fünf bis sechs Megawatt elektrische Leistung aufbringen. Eine durchschnittliche Anlage mit etwa sechs Megawatt Anlagenleistung könne bei den üblichen Windverhältnissen in Bayern einen Jahresertrag für etwa 3000 bis 5000 Durchschnittshaushalte erzielen. Der Flächenverbrauch für ein Windrad, die nach dem politischen Willen hauptsächlich in Waldgebieten aufgestellt werden sollen, liege dauerhaft bei 3000 Quadratmetern.
Schatten und Geräusche
Dass die Windräder nicht völlig geräuschlos sind und Einfluss auf die Wohnbebauung haben, verschwieg Beermann nicht. Ein Schattengutachten sowie ein Schallgutachten, dessen Grenzwerte sich wiederum zwischen Industriegebiete, Wohngebiete oder Kurgebiete unterscheiden würden, müsse zwingend vorgehalten werden. Ebenso müssten Natur- und artenschutzrechtliche Vorgaben eingehalten werden. Hier seien umfangreiche Untersuchungen notwendig, betonte der Referent. Fakt sei, dass der Windenergieausbau im ländlichen Raum stattfinden werde, so Beermann. „Man kann es schlimm finden aber auch als Chance sehen.“