Zehn Prozent Flüchtlingsanteil
Erste Flüchtlinge für Ising: „Es wäre nicht die Gemeinde Chieming, wenn wir hier Ängste hätten“
Kontroverse: In manchen Teilen Bayerns kommt es wegen der Verteilung von Geflüchteten zu heftigen Auseinandersetzungen, wie jüngst der Rücktritt des Bürgermeisters in Markt Schwaben zeigte. Am Ostufer des Chiemsees ist es anders. Das beweist die Gemeinde Chieming.
Chieming – Reitanlagen, Golf- und Tennisplätze zeichnen das Bild des kleinen Chieminger Gemeindeteils Ising. Prägend ist das Gut Ising, in dessen Hotel bereits die Freien Wähler tagten. Ende 2021 verzeichnete das Einwohnermeldeamt 152 Einwohner in dem Gemeindeteil. Bald sollen davon etwa zehn Prozent Geflüchtete sein.
Aber Chieming weist bereits eine langjährige Erfahrung mit Flüchtlingen auf. Schon 2015 kamen mehr als 100 Flüchtlinge in dem Urlaubsort an und wurden zuerst provisorisch in der Schulturnhalle untergebracht. „Die Verpflichtung zur Aufnahme von Flüchtlingen ist da und ich glaube, jeder Landkreis geht nach seinen Möglichkeiten damit um“, sagt Chiemings Bürgermeister Stefan Reichelt (CSU).
Mehr als 3600 Flüchtlinge im Landkreis
„Die Regierung von Oberbayern organisiert die Verteilung der Ukrainer und Asylbewerber aus anderen Ländern von den Ankunftszentren in München auf die Landkreise“, erklärt Michael Reithmeier, Pressesprecher des Landkreises Traunstein. Ende Januar waren es etwa 3600 Personen, wobei regelmäßig neue hinzukommen. In Chieming konnten die Geflüchteten mittlerweile in einer Gemeinschaftsunterkunft Platz finden.
„Nur durch intensive Akquise von Unterkünften haben wir es im Landkreis Traunstein bisher erfolgreich geschafft, die Unterbringung in Turnhallen zu vermeiden“, so Reithmeier. Dies bleibe auch das Ziel des Landkreises Traunstein – „im Sinne der Flüchtlinge und der einheimischen Bevölkerung.“ Im Grunde seien aber immer gleich wieder alle Unterbringungskapazitäten im Landkreis belegt, meint Reithmeier. Jetzt habe der Landkreis laut Bürgermeister Reichelt ein Gebäude in Ising angemietet. Um welches es sich handelt, würde der Gemeinde noch nicht bekannt gegeben.
Von Beginn an unterstützt die Bevölkerung
In der Gemeinde seien die Geflüchteten schon 2015 gut aufgenommen worden. „Die Unterstützung war sehr gut, gleich zu Beginn und sie ist nach wie vor gut“, sagt Stefan Reichelt. Anfangs sei noch viel über das Ehrenamt gelaufen. Der Bedarf sei über die Jahre allerdings ein wenig zurückgegangen, da die Gemeinde mittlerweile eine gute Infrastruktur besitze, was die Integration von Flüchtlingen angeht. „Wir haben einiges geändert. Früher haben etwa überwiegend Ehrenamtliche Deutsch vermittelt – heute können wir in der Gemeinde Integrationskurse anbieten, im Zusammenhang mit der VHS.“ Außerdem gebe es einen Asyl- und Migrationsbeauftragten und eine Sozialberatung der Diakonie, die „die Flüchtlinge bei Anträgen, Behördengängen und sonstigen Anliegen unterstützt“, berichtet Reichelt.
Mit dem Bus zum Einkaufen
In den Gemeindeteil Ising sollen jetzt ab Ende März bis zu 15 Flüchtlinge kommen. Keine große Zahl, aber in Ising gibt es wenig Infrastruktur. Zum Einkaufen müssen die neuen Gemeindebewohner mit dem Bus nach Seebruck oder Chieming fahren, „aber ich denke, das ist eine Herausforderung, die kann man meistern“, sagt Reichelt.
Das neue Zuhause der Flüchtlinge wird infrastrukturell überwiegend von dem Gut Ising dominiert. Hier seien schon Flüchtlinge angestellt, wie es in der letzten Bürgerversammlung hieß, und die Erfahrungen positiv. Dies ist auch der Tenor der Bürger von Chieming, sagt Reichelt und sieht durch die Neuankömmlinge keine Problematik: „Es wäre auch nicht die Gemeinde Chieming, wenn wir hier Ängste hätten oder schüren würden.“