„Nicht mehr sicher“
Eier-Attacke von Chieming-Egerer: Jetzt spricht die betroffene Familie
Bis zu 10.000 Euro Schaden hat eine Eier-Attacke auf ein Haus im beschaulichen Chieming-Egerer angerichtet. Viel schlimmer sind jedoch die psychischen Folgen für die Betroffene, wie Sie und Ihr Sohn im OVB-Gespräch berichten. Ein Ortsbesuch.
Chieming-Egerer - Kein Mensch ist auf der schmalen Straße zu sehen, die vorbei an schmucken Einfamilienhäusern Richtung Waldrand führt. Die Vögel zwitschern. Alles wirkt idyllisch hier in Egerer, einem Ortsteil des beschaulichen Urlaubsorts Chieming am zauberhaften Chiemsee. Doch der schöne Schein täuscht. In der Dunkelheit zwischen dem 30. November und 1. Dezember wurde hier eine perfide Eier-Attacke auf eins der Anwesen verübt. Die Polizei beziffert den durch die Würfe an der Hauswand angerichteten Schaden auf stolze 10.000 Euro.
Eierschalen neben Friedenstauben
Noch immer liegen auf einem Fensterbrett unweit der Haustür Eierschalen - direkt neben zwei steinernen Friedenstauben. Auch die weiße Hauswand ist an einigen Stellen von dem heruntergelaufenem Inhalt der Eier noch gelblich gefärbt. Doch viel schlimmer sind die Folgen für die betroffene Seniorin, die ihren Namen nach den Angriffen lieber nicht preisgeben will.
„Natürlich macht mir das Angst, es war ja nicht das erste Mal. Im Sommer wurden mir Eier in den Briefkasten geworfen, die Reste habe ich kaum rauskratzen können. Und bis zum Haus waren kleine Eierschalen zu sehen. Dann waren im November braune Bananenschalen im Briefkasten“, erzählt sie im Gespräch mit dem OVB. In beiden Fällen habe sie nichts gesagt und die Aktionen als dumme Streiche abgetan, wie sie oft von Jugendlichen verübt werden. Doch die letzte Attacke hatte nicht nur wegen der Schadenshöhe eine andere Dimension für sie.
Vom Tor des Anwesens bis zum Haus sind es gut und gerne 30 Meter, zusätzlich steht direkt vor einem Teil des Gebäudes noch eine grüne, hohe Hecke. Was das bedeuten dürfte, ist klar: „Vermutlich ist da jemand über den Zaun gestiegen und in den privaten, geschützten Raum meiner Mutter eingedrungen. Das ist ja eine relative Alleinlage hier, natürlich fühlt sie sich jetzt nicht mehr sicher. Und das darf nicht so sein“, erzählt ihr Sohn Mark dem OVB. Er ist extra eine gute Autostunde aus dem Raum München nach Egerer gefahren, um seiner Mutter zur Seite zu stehen.
Seit über fünf Jahrzehnten die Heimat
Die grauhaarige Frau wohnt inzwischen seit über fünf Jahrzehnten in dem Haus, in dem auch Sohn Mark seine Kindheit und Jugend verbracht hat. Auch er war einmal jung und weiß, was in Rauhnächten so alles mit Shampoo, Toilettenpapier und Wasser an Häusern passiert. Aber das kriegt man in der Regel relativ schnell wieder weg. Die Reste der Eier nicht: „Eiweiß kannst Du nicht einfach überstreichen, weil die Farbe nicht abbindet.“ Das heißt, erst müssen die Spuren der üblen Aktion weg, dann muss die Hauswand gestrichen werden. Die Versicherung ist bereits über den Vandalismus-Schaden informiert, ob und wann das Geld für die Reparatur kommt ist natürlich noch völlig unklar.
Polizei sucht Zeugen
Aber Geld ist auch gar nicht das wichtigste Thema für die Familie, hier geht es um die Sicherheit einer über acht Jahrzehnte alten Frau in ihrem vertrauten Umfeld. Von der Tat selbst hat die hörgeschädigte Frau nichts mitbekommen, aufmerksam wurde sie erst, als ihr Hund die Reste des Eigelbs auf dem Boden aufschleckte. Nachdem sie den ganzen Schaden erfasst hatte, rief sie mit Hilfe einer Nachbarin die Polizei. „Wir sind dabei auch auf die Aussagen von möglichen Zeugen angewiesen“, hieß es aus der Polizeiinspektion Traunstein. Wer sachdienliche Angaben zu dem außergewöhnlichen Fall machen kann, soll sich bei der Polizeiinspektion Traunstein unter 0861/9873-0 melden.
Die Beamten ermitteln wegen Sachbeschädigung. Zusätzlich wurde aber auch eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs gestellt, da der oder die Täter höchstwahrscheinlich das Grundstück betreten haben. Deshalb ist Sohn Mark auch nicht nach Späßen zumute, wie sie nach der Attacke im Ort wegen der riesig anmutenden Schadenshöhe gemacht wurden („Waren das Straußeneier?“). Darin ist er sich auch mit Chiemings Bürgermeister Stefan Reichelt einig, der selbst in Egerer wohnt und mit dem er über den Fall gesprochen hat: „Es sollte einfach nicht passieren, dass sich alte Leute in ihrem Zuhause nicht mehr sicher fühlen. Das ist definitiv kein Bagatellschaden oder Dumme-Jungen-Streich mehr.“
Falls die Täter gefasst werden, wäre es Mark am liebsten, dass sie den „Schaden selbst beseitigen müssen. Früher haben wir immer gesagt: Nicht die Familie erzieht die Kinder, sondern das ganze Dorf.“ Damit sich seine Mutter wieder daheim wohl fühlt, wird er Sicherheitstechnik inklusive Kameras zur Abschreckung anbringen: „Wir müssen jetzt einen Punkt setzen, damit sich diese Taten nicht verselbstständigen. Diese Attacken müssen jetzt ein Ende haben.“


