Live-Ticker zum dritten Prozesstag im Fall Hanna
Vernichtende Aussagen: Angeklagter soll schon kurz nach dem Fund Hannas von Mord gesprochen haben
Keine 900 Meter – so kurz wäre der Heimweg für Hanna vom Club „Eiskeller“ nach Hause gewesen: doch bei einem brutalen Überfall wurde sie getötet, das Motiv vermutlich sexueller Natur. Am Dienstag geht der Prozess gegen einen 21-Jährigen aus Aschau in die dritte Runde. Erwartet werden vor allem Zeugen aus Hannas Freundeskreis.
Das Wichtigste in Kürze:
Update, 14.50 Uhr – „Ja, ich war’s!“ – Vernichtende Aussagen gegen Angeklagten: Er soll schon kurz nach dem Fund Hannas von Mord gesprochen haben
Nach der Mittagspause wird die Verhandlung fortgesetzt und die jüngere des mit dem Angeklagten befreundeten Schwesternpaares wird in den Zeugenstand gerufen. Die 18-Jährige gibt an, Sebastian T. über ihre Schwester schon länger zu kennen, im Jahr 2022 habe sich der Kontakt dann gehäuft. Die Zeugin wird wegen des Vorfalls mit dem Klappmesser befragt. Die Situation soll sich ihr zufolge im Auto der Schwester auf dem Parkplatz eines Fastfood Restaurants in Grabenstätt ereignet haben.
„Wissen kann nur von Täter oder Mitwisser stammen“
Die Zeugin erzählt auch, dass sie einmal eingreifen habe müssen, als Sebastian T. den Oberschenkel ihrer Schwester anfasste. Die Schwester habe das nicht gewollt, weshalb Sebastian den Annäherungsversuch schließlich stoppte. Am 3. Oktober sollen die Mädchen dann mit Sebastian T. und einem weiteren Freund unterwegs gewesen sein. Am späten Nachmittag soll er dabei von einem umgebrachten Mädchen geredet haben. Laut der Vorsitzenden Richterin konnte die Information aber zu diesem Zeitpunkt nur vom Täter oder Mitwissern stammen. Die Polizei hatte damals noch nichts zur Identität Hannas und einem möglichen Tötungsdelikt veröffentlicht.
„Hatten das Gefühl, dass er sich bei uns verstecken wollte“
„Nach dem 3. Oktober war er (Anm. der Red.: Der Angeklagte) relativ häufig bei uns und hat sich bei Partys ziemlich zugeschüttet“, sagt die 18-Jährige weiter. „Wir hatten das Gefühl, dass er sich bei uns verstecken wollte.“ Dann wird die Mutter des Schwesternpaares in den Zeugenstand gerufen. Sie sagt aus, dass Sebastian T. am 17. November, dem Tag vor seiner Festnahme, noch bei ihr und den Schwestern übernachtet habe. Der Beschuldigte habe auf der Couch gesessen und sei auffällig ruhig gewesen.
„Dann musst Dir einen Anwalt nehmen“
Man habe über den Mord an Hanna gesprochen, als Sebastian plötzlich gesagt haben soll: „Ja, ich war’s. Ich hab sie umgebracht.“ Diese Aussage sei für die Mutter sehr überraschend gekommen. Sie habe das nicht ganz ernst genommen und nur gesagt: „Dann musst Dir einen Anwalt nehmen.“ Laut der Zeugin sollen auch ihre Töchter im Raum gewesen sein, als dieses Gespräch stattfand.
Stand Angeklagter auf Frauen aus dem medizinischen Bereich?
Der Vertreter der Nebenklage, Walter Holderle, hält der Zeugin eine Aussage aus ihrer polizeilichen Vernehmung vor: Sie soll gesagt haben, dass die Tat wohl zu Sebastian T. passen würde, immerhin sei er „auf Krankenschwestern und Frauen aus dem medizinischen Bereich gestanden.“ Die Zeugin bestätigt die Aussage.
Anschließend wird die Verhandlung unterbrochen. Am Donnerstag soll sie fortgesetzt werden: Dann wird die Schulfreundin des Angeklagten ihre Aussage vor Gericht machen.
+++ chiemgau24.de berichtet auch dann wieder live aus dem Gerichtssaal+++
Update, 12.50 Uhr – „Ja, ich war’s: Ich hab sie umgebracht“: Das soll der Angeklagte zur Mutter seiner Schulfreundin gesagt haben
Die Vorsitzende Richterin entlässt den Kripo-Sachbearbeiter mit dem Auftrag, herauszufinden, welche Personen gemeinsam mit dem Angeklagten inhaftiert waren. Bereits vorher hatte sie angekündigt, dass man weitere Mitinsassen befragen werde. Anschließend wird ein weiterer Kripo-Beamter in den Zeugenstand gerufen, der zu den Vernehmungen der besten Freundinnen von Sebastian T. befragt wird. Es handelt sich um ein Schwesternpaar aus Traunstein. Das ältere der Mädchen soll mit Sebastian T. zur Schule gegangen sein.
Auffälliges Verhalten des Angeklagten nach dem Mord
Insgesamt soll der Beschuldigte nur einen kleinen Freundeskreis gehabt haben. Vom Typ her sei er ruhig und schüchtern gewesen. Die jüngere Schwester habe öfter betont, dass Sebastian T. „anders als andere“ gewesen sei. Gerade um den Zeitpunkt des Mordes bis hin zur Festnahme Sebastians habe er sich zunehmend auffällig verhalten. So wolle er immer häufiger und schließlich täglich etwas mit den beiden Mädchen unternehmen und übernachtete auch immer öfter. Die Mädchen sollen laut dem Beamten vermutet ahben, dass er sich bei ihnen „verstecken wollte.“
Mord-Prozessauftakt zu Hanna aus Aschau im Chiemgau am Landgericht Traunstein




Klappmesser am Hals
Zu Schulzeiten habe der Beschuldigte öfters „Ausraster“ gehabt und von Mädchen habe er regelmäßig Körbe kassiert. Weil Sebastian auch von seiner Schulfreundin „mehr wollte“, musste auch sie ihm eine Abfuhr erteilen. Die jüngere der Schwestern habe von einem Vorfall im Auto berichtet, wobei Sebastian T. seine Hand auf den Oberschenkel ihrer Schwester gelegt habe – die das nicht wollte. Schließlich habe er seinen Annäherungsversuch gestoppt. Bei einer weiteren Gelegenheit soll Sebastian als Beifahrer im Auto ein Klappmesser aus der Tasche gezogen, und seiner Schulfreundin an den Hals gehalten haben. Wohl „aus Spaß“. Die beiden Mädchen fanden die Sache aber nicht sehr witzig.
„Ja, ich war’s“
Gegenüber einer Kripo-Beamtin soll die Mutter der Schwestern gesagt haben, dass Sebastian T. zugegeben habe, Hanna umgebracht zu haben. „Er saß auf der Couch und hat gesagt: Ja, ich war's. Ich hab sie umgebracht!“, fasst die Polizistin die Aussage der Frau zusammen. Anschließend habe der Beschuldigte überlegt, was passiere, wenn er verhaftet würde. Die Zeugin wird noch heute als Zeugin erwartet.
Update, 11.39 Uhr – Anhaftung an „Jogging-Outfit“ des Angeklagten: Fotos von der ersten Vernehmung des Angeklagten
Obwohl die Rechtsanwälte des angeklagten Sebastian T. nur um eine zehnminütige Pause gebeten hatten, dauert diese rund eine halbe Stunde. Der mutmaßliche Mörder hat wohl einiges mit seinen Verteidigern zu besprechen. Die Vorsitzende Richterin hatte dem Beschuldigten eindringlich geraten „offen und ehrlich“ mit seinen Verteidigern zu sein und darauf hingewiesen, dass Dinge zutage kommen werden, mit denen Sebastian T. nicht gerechnet habe.
Mithäftling wird wohl am kommenden Dienstag vorgeladen
Dann ist die Pause beendet und Richterin Aßbichler erklärt, dass ein Rechtsgespräch mit Staatsanwaltschaft und Verteidigung stattgefunden habe, bei dem es um den Zeitpunkt der Vorladung des besagten Mithäftlings ging. Nach einigem Hin und Her einigte man sich auf eine Vorladung des Zeugen am Dienstag der kommenden Woche. Dann kann mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortgefahren werden und der Sachbearbeiter von der Kriminalpolizei wird in den Zeugenstand gerufen.
Fotos von der ersten Vernehmung Sebastian T.s
Der Beamte zeigt zuerst Fotos von Sebastian T. am Tag seiner ersten polizeilichen Vernehmung. Der Angeklagte trug eine schwarze Kapuzenjacke, eine Arbeitshose mit Reflektoren und eine dunkle Kappe mit Stirnlampe. Der Zeuge sagt, dass die Kollegen den Eindruck hatten, dass die Kleidung des Angeklagten frisch gewaschen war. Erst viel später – am 18. November, dem Tag der Wohnungsdurchsuchung beim Beschuldigten – sei die Kleidung des Angeklagten dann sichergestellt worden. Man habe „Anhaftungen“ feststellen, aber diese – wegen der schlechten Qualität der Spuren – nicht zuordnen können.
Auch Videoaufnahmen aus dem Eiskeller und weiterer Überwachungskameras werden besichtigt: Die Bilder zeigen Hanna, wie sie ihre Jacke von der Garderobe abholte, sich von Freunden verabschiedet und sich auf den Heimweg macht.
Update, 9.53 Uhr - Platzt jetzt die Bombe? Hannas mutmaßlicher Mörder soll Mithäftling die Tat geschildert haben
Der dritte Verhandlungstag im Prozess gegen Sebastian T., dem mutmaßlichen Mörder der 23-jährigen Hanna aus Aschau im Chiemgau, beginnt mit einem echten Paukenschlag. Gleich zu Beginn bittet die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler, die Familie des Mordopfers den Raum zu verlassen, weil sie sich zu Informationen aus der Rechtsmedizin äußern muss. Kaum haben die Nebenkläger den Gerichtssaal verlassen, adressiert die Richterin den Angeklagten: „Ich habe Ihnen zu Beginn gesagt, das ist ein Puzzle, aber je später Sie das Geständnis ablegen, desto weniger Gewicht hat es.“
Die Richterin kündigt an, dass die besten Freundinnen von Sebastian T. in den Zeugenstand gerufen werden und da es sich „um einen sehr kleinen Freundeskreis handelt“, seien diese Aussagen gewichtig. Aßbichler redet dem Beschuldigten mit klaren Worten ins Gewissen und sagt, sein Geständnis sei nach diesen Aussagen nicht mehr sehr wertvoll.
„Da wird ihr halt der Täter schon eine draufgehauen haben“
Außerdem erinnert sie an ein Detail aus seiner polizeilichen Vernehmung, wo Sebastian T. gesagt haben soll: „Da wird ihr halt der Täter schon eine draufgehauen haben.“ Die Vorsitzende Richterin sagt: „Man kann jemanden durch unterschiedliche Arten umbringen. Aber wie Hanna umgekommen ist, stand nicht in der Presse. Da hat sich die Staatsanwaltschaft bedeckt gehalten, und es war nicht klar, dass Hanna Schläge auf den Kopf erhalten hatte.
„Haben Sie hellseherische Fähigkeiten?“
Aber dann seien die Informationen noch genauer gekommen. Die Rechtsmedizin habe sich das Verletzungsbild genau angeschaut und das Foto werde im Prozess als Beweisbild gezeigt: „Es sieht nach Einschlägen mit einem spitzen Stein aus. Es war also zu hundert Prozent so, wie Sie es geschildert haben“, so Aßbichler. „Man stellt sich die Frage: Haben Sie hellseherische Fähigkeiten?“ Es handele sich um einen kleinen Mosaikstein, doch auch der Staatsanwalt habe noch neue Informationen, die jetzt Klartext erforderten.
Wertvolle Informationen von Mithäftling
Staatsanwalt Wolfgang Fiedler ist am Zug und sagt, er habe am Montag (16. Oktober) mit einem Rechtsanwalt telefoniert, dessen Mandant mit Sebastian T. in Traunstein in Untersuchungshaft saß. Dieser Mithäftling sei von zwei Beamten der Kriminalpolizei vernommen worden. Er habe sehr wertvolle Angaben gemacht. In Kürze werde das Vernehmungsprotokoll ausgehändigt. Besonders wichtig für den Prozess seien Angaben des Mithäftlings, die „Zusatzinformationen“ enthalten. Also solche, die eben nie in der Presse kommuniziert worden seien.
Ist also die Bombe geplatzt? Die Spannung im Gerichtssaal ist körperlich spürbar. Aufgeregt tuscheln die Anwesenden. Die Vorsitzende Richterin bietet den Verteidigern eine Pause an, um mit dem mutmaßlichen Mörder Hannas zu sprechen. Er hat nun Gelegenheit, sich offen und ehrlich gegenüber seinen Rechtsanwälten zu äußern.
Vorbericht
Traunstein/Aschau im Chiemgau - Er hat dem Gericht seine Anschrift und Geburtsdatum bestätigt, seine Lehre genannt (Anlagenmechaniker) - doch mehr war aus dem jungen Mann aus Aschau im Chiemgau bisher nicht herauszubekommen. Er schweigt, auf Anraten seiner Anwälte, bisher eisern zum Mord-Vorwurf. Doch Pflichtverteidiger Harald Baumgärtl ließ zu Prozessbeginn bereits durchblicken, dass sich das im Verlauf des Prozesses noch ändern könnte. Ob es am dritten Prozesstag soweit sein wird? Am Dienstag um 9 Uhr wird die Verhandlung am Traunsteiner Landgericht fortgesetzt.
Nicht nur das Gericht, vor allem auch Hannas Eltern Andreas und Rosalie wollen eine Antwort: Warum musste ihre Tochter Hanna mit gerade mal 23 Jahren sterben? „Für die Eltern wäre es unglaublich wichtig zu verstehen, aus welcher Situation heraus das alles passiert ist“, sagte ihr Anwalt, Walter Holderle, bereits im Interview mit chiemgau24.de. Auch aus der Anklageschrift geht zum Motiv nicht allzu viel hervor. „Aus sexuell motivierten Gründen“ sei der Angriff erfolgt, so Staatsanwalt Wolfgang Fiedler.
Die Zeugen, die am heutigen Dienstag geladen sind, stammen vor allem aus Hannas Freundeskreis. Auch ein Kripo-Beamter wird geladen. Er soll gemeinsam mit dem Gericht das Videomaterial aus der Disco „Eiskeller“ sichten und analysieren. Acht Kameras sind dort installiert. Immer wieder, wenn auch nicht lückenlos, ist dort Hanna in ihrer letzten Partynacht zu sehen. Fotos von der Feier in ihrer Stamm-Disco wurden bereits im Gericht auf Leinwand gezeigt. Zu sehen war eine fröhliche junge Frau beim Tanzen und Lachen. Glücklich sah Hanna aus.
Die Eltern und ihr Bruder beschrieben ihre Tochter vor Gericht bereits als tough, offen und beliebt. Ihre Freiheit habe sie genossen, „sie hat ihr Leben so souverän gemeistert“, erzählte Mutter Rosalie. Bis sie am 3. Oktober 2022 aus dem Leben gerissen wurde. Am Bärbach, nahe des Parkplatzes der Kampenwandbahn in Aschau, wurde Hanna W. überfallen, brutal niedergeschlagen, schwer verletzt und stranguliert. Der Täter warf die bewusstlose Frau dann in den reißenden Bach. Bei der Obduktion wurde Ertrinken als Todesursache festgestellt. Noch stehen 25 Verhandlungstage auf dem Plan, mit einem Urteil wird kurz vor Weihnachten gerechnet.
chiemgau24.de wird aktuell vom Prozess berichten.
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