Deutscher Landkreistag im Kloster Seeon
„Die Kommunen können nicht mehr, die Menschen wollen nicht mehr“: Landräte hoffen auf Landkreistag
Es gibt viele Dinge, die Kommunen und Landkreise derzeit beschäftigen. Die Frage der Migration und die prekäre Finanzlage vieler Krankenhäuser sind nur zwei davon. Am 9. und 10. September tagt der Deutsche Landkreistag in Seeon. Wir haben mit zwei Landräten über die Probleme und Wünsche gesprochen.
Seeon/Traunstein/Mühldorf – Am 9. und 10. September 2024 treffen sich im Kloster Seeon Landräte, Kreistagsmitglieder und weitere politische Vertreter zur Jahrestagung des Deutschen Landkreistages. Unter dem Titel „Herausforderungen für die Landkreise in der Zeitenwende“ werden die Teilnehmer zentrale Themen der Kommunalpolitik diskutieren, darunter die Migrationspolitik, die Krankenhausreform, Kommunalfinanzen, Verkehrspolitik und der Klimawandel. Auch Reden von Markus Söder und Robert Habeck werden erwartet.
Migration als zentrales Anliegen
Für die Landräte der Region, Max Heimerl aus Mühldorf und Siegfried Walch aus Traunstein, steht die Migrationspolitik an erster Stelle. „In Sachen Migration ist unsere Aufnahme- und Integrationsfähigkeit erschöpft. Die Kommunen können nicht mehr und die Menschen wollen nicht mehr“, erklärt Landrat Max Heimerl deutlich. Er wünscht sich klare Forderungen des Landkreistages an die Bundesregierung, um die irreguläre Migration zu begrenzen und das Aufenthalts- und Asylrecht zu verschärfen. Auch sein Kollege aus Traunstein, Siegfried Walch, betont die Dringlichkeit dieses Themas: „Migration hat Auswirkungen auf sämtliche Politikfelder und beeinflusst dadurch alle Bereiche der Kommunalpolitik.“
Walch hebt hervor, dass im Landkreis Traunstein inzwischen mehr als die Hälfte aller Bürgergeldempfänger Ausländer seien, was nicht nur zu steigenden Sozialausgaben, sondern auch zu einer belastenden Wohnraumsituation führe. Beide Landräte erwarten von der Tagung eine klare Positionierung des Landkreistages und ein starkes Signal an die Bundesregierung, um dringend notwendige Reformen anzustoßen. In Richtung der Rede von Robert Habeck, der per Video zugeschaltet sein wird, sagt der Landrat: „Ich wünsche mir, dass die Grünen endlich anerkennen, dass es in der Migrationspolitik Veränderungen braucht und unkontrollierte Zuwanderung keinen Mehrwert bringt.”
Krankenhausreform und die Krise der Kliniken
Neben der Migration sorgt die drohende Krise im Krankenhauswesen für große Besorgnis unter den Landräten. „Die Krankenhausreform bringt uns finanziell in arge Bedrängnis“, erklärt Heimerl und verweist auf die Situation der Kreiskrankenhäuser in seinem Landkreis. Durch die Fusion der Kliniken Mühldorf und Altötting konnte die Lage dort zwar entspannt werden, aber die fehlende Unterstützung durch den Bund sei für viele kommunale Krankenhäuser katastrophal. „Wir rechnen für 2024 mit einer deutlichen Reduzierung des Defizits auf 28,7 Millionen Euro“, sagt Heimerl. „Wir haben die Weichen inzwischen richtig gestellt und sehen erste Erfolge.” Die gewonnenen Erfahrungen könnten auf der Tagung auf großes Interesse stoßen, so der Landrat.
Auch Siegfried Walch aus Traunstein fordert dringende Maßnahmen von der Bundesregierung, um den drohenden Zusammenbruch vieler Kliniken zu verhindern. „Die Existenzkrise der Krankenhäuser ist schlimmer als je zuvor. Ohne sofortiges Handeln der Bundesregierung werden viele Krankenhäuser die Reform nicht überstehen“, warnt er.
Finanzielle Herausforderungen der Kommunen
Die finanzielle Lage der Kommunen ist ein weiteres zentrales Thema der Tagung. Landrat Max Heimerl beschreibt die Situation deutlich: „Wie viele andere Landkreise können wir unser Haushaltsdefizit derzeit nicht ausgleichen.“ Sinkende Steuereinnahmen durch eine schwächelnde Wirtschaft und den damit verbundenen sinkenden Einnahmen für die Kommunen, setzen diesen stark zu. Die Bundespolitik gebe den Kommunen immer mehr Aufgaben, ohne jedoch ausreichend finanzielle Mittel bereitzustellen. „Es geht vor Ort um die Frage, welche Kreisstraße noch saniert oder welcher Spielplatz in einer Gemeinde noch gebaut werden kann“, so Heimerl.
Auch Traunsteins Landrat Walch sieht die schwächelnde Wirtschaft als Ursache der finanziellen Engpässe: „Personelle Ressourcen wurden stark in Ausländer- und Sozialämter umgeschichtet, während Sozialleistungen deutlich gestiegen sind.“ Die finanzielle Überlastung der Kommunen bedroht nicht nur Infrastrukturprojekte, sondern auch den sozialen Zusammenhalt in den Gemeinden.
Digitalisierung als Zukunftsmodell
Trotz der Herausforderungen gibt es auch Erfolgsgeschichten. Landrat Walch hebt die fortschreitende Digitalisierung in seinem Landratsamt hervor. „Seit über zehn Jahren setzen wir auf Digitalisierung. Dadurch konnten wir Kosten und Personalressourcen erheblich einsparen“, erklärt er. Ein Beispiel ist das digitale Verfahren für Baugenehmigungen, das in Traunstein in der Regel nur noch 14 Arbeitstage dauert. Diese Effizienzsteigerung zeigt, wie Digitalisierung die Verwaltung entlastet und den Bürgerservice verbessern kann. Walch empfiehlt allen Behörden, sich diesen Entwicklungen offen zu stellen, um langfristig Ressourcen zu sparen.
Erwartungen an die Bundespolitik
Ein zentrales Thema der Tagung wird die Teilnahme hochrangiger Bundespolitiker sein. Wirtschaftsminister Robert Habeck wird digital zugeschaltet, was für gemischte Reaktionen sorgt. Während Siegfried Walch dies als weniger entscheidend ansieht, solange der Wirtschaftsminister die Botschaft verstehe, hätte sich Max Heimerl eine persönliche Teilnahme des Vizekanzlers gewünscht: „Eine Aussprache in Präsenz wäre deutlich besser“, so Heimerl. Wichtiger als die Art der Teilnahme sei jedoch, dass die Bundesregierung die Sorgen und Nöte der Landkreise ernst nehme und endlich auf die drängenden Probleme reagiere.