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In der Unwetternacht klopft es an der Tür

Sturm, Stromausfall & SUP: Feuerwehrchef berichtet von dramatischer Vermissten-Suche am Chiemsee

Der 1. Kommandant der Isinger Feuerwehr setzte während des Unwetters einen dramatischen Notruf ab.
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Der 1. Kommandant der Isinger Feuerwehr, Dr. Leopold Siglreitmeier, setzte während des Unwetters einen dramatischen Notruf ab.

Als in der Nacht zum Mittwoch (12. Juli) eine Frau in höchster Not an seine Tür klopft, ahnt er noch nicht, dass sein Einsatz zu einem dramatischen Rettungsakt führen wird. Im Chaos von Unwetter, Stromausfall und überlasteten Notrufen beweist der Kommandant der Isinger Feuerwehr aber einen kühlen Kopf.

Chieming – Es war eine stürmische Nacht, als das Unwetter in der Nacht zum Mittwoch (12. Juli) über die Region hereinbrach und Chaos hinterließ (ovb-online.de berichtete ausführlich). Die Einsatzkräfte kämpften bis in die frühen Morgenstunden gegen die Naturgewalten an. Doch mitten im tosenden Ungewitter ereignete sich eine dramatische Vermisstensuche, die für Aufsehen sorgte. Dr. Leopold Siglreitmeier, der 1. Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Ising, berichtet im Gespräch mit den OVB Heimatzeitungen von diesem spektakulären Rettungseinsatz.

SUP-Fahrerin klingelt ahnungslos an Tür von Feuerwehrkommandant

In der Dunkelheit der Nacht, als die meisten Menschen bereits schliefen, klingelte es gegen 0.45 Uhr plötzlich an der Tür des 1. Kommandanten der Isinger Feuerwehr. Vor ihm stand eine junge Frau, völlig unterkühlt, zitternd und schockiert. Sie wählte willkürlich ein Haus aus, in dem um diese Zeit noch Licht brannte und landete bei Dr. Siglreitmeier. Ahnungslos, dass sie bei dem Mann gelandet war, der die Verantwortung für die Feuerwehr in Ising trug, erzählte sie von ihrer Freundin. Gemeinsam waren sie am Chiemsee Stand-up-Paddeln (SUP), als das Unwetter plötzlich zuschlug und ihre Freundin wie vom Erdboden verschluckte.

„Das war schon ein wenig unheimlich“

Während sie von diesem Unglück berichtete, erloschen plötzlich die Lichter – und der Strom war weg. „Das war schon ein wenig unheimlich“, gesteht Siglreitmeier. Sofort versuchte er um 0.47 Uhr einen Notruf abzusetzen, doch seine ersten Versuche waren vergeblich. „Zur gleichen Zeit wurden unzählige Anrufe im Sekundentakt getätigt“, ist sich der Zahnarzt sicher und fügt hinzu: „Die Disponenten haben aber auch nur zwei Hände und versuchen, alle Anrufe der Reihe nach abzuarbeiten“. Hinzu kommt noch, dass das Handynetz im Bereich Chieming zeitweise komplett ausfiel.

Siglreitmeier setzt dramatischen Notruf am Chiemsee ab

In dieser brenzligen Situation reagierte Siglreitmeier geistesgegenwärtig und begab sich zum Feuerwehrhaus. Dort hoffte er, über Funk einen Notruf absetzen und Hilfe herbeirufen zu können. Zudem gelang es ihm, weitere Feuerwehren aus der Umgebung zu alarmieren. Die Isinger, Chieminger und Truchtlachinger Feuerwehrleute machten sich aus allen Richtungen zum Chiemsee auf. Doch der Weg war alles andere als einfach und sie mussten sich sprichwörtlich „durch den Wald durchsägen, da überall Bäume lagen“.

Was die Floriansjünger nicht wussten: Zeitgleich war bereits ein weiterer Notruf über die Polizei eingegangen. Daraufhin begaben sich unzählige BRK Wasserwachten um Chieming, Traunstein, Seebruck und Obing und die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. (DLRG) Traunstein auf den stürmischen Chiemsee, wie sie auch in einem Facebook-Post später veröffentlicht hatten.

Als sie schließlich am Unglücksort bei Arlaching ankamen, gab es dann die Entwarnung: Die vermisste Stand-up-Paddlerin hatte sich rechtzeitig in Sicherheit bringen können, wusste jedoch nicht mehr genau, wo sie gelandet war. Die Feuerwehr übernahm die Erstversorgung und informierte die Angehörigen. Nachdem auch das Hab und Gut der vermeintlich Vermissten geborgen werden konnte, war zumindest dieser nächtliche Einsatz – von insgesamt 250 im Landkreis Traunstein (ovb-online.de berichtete ausführlich) – beendet.

Wie organisieren sich Rettungskräfte im Kreis Traunstein bei Unwetterlagen?

In solchen Unwetterlagen könnten die Disponenten bei der Integrierten Leitstelle (ILS) Traunstein, die auch für die Landkreise Berchtesgadener Land, Mühldorf und Altötting zuständig ist, personell noch zusätzlich ergänzt werden, erklärt Siglreitmeier weiter. Die Feuerwehr-Führungsstellen sind wiederum nicht der ILS zugeordnet, sondern dem Landkreis Traunstein. Diese werden jeweils bei größeren Schadenslagen und Großschadenslagen aufgerufen.

In diesem Fall war die Feuerwehr-Führungsstelle Alz im Feuerwehrhaus Trostberg die „diensthabende“ Führungsstelle, die für den gesamten Landkreis die Einsatzdokumentation übernahm. Sie wurde durch die Verantwortlichen der Kreisbrandinspektion aktiviert und die Mitglieder der Führungsstelle alarmiert, so der Kommandant zum Ablauf des Geschehens.

Bei Gewitter und ähnlichen Wetterlagen kommt das „Verfahren Unwetter“ zum Einsatz. Das heißt, dass alle zeitlich unkritischen Einsätze – und nur die – ohne Alarm an die Feuerwehr „verschickt“ werden. Diese werden vor Ort eingeteilt und abgearbeitet. Auf Lagemeldungen – wie im Regelbetrieb sonst üblich – wird verzichtet. Die Dokumentation erfolgt dann durch die Feuerwehren vor Ort und/oder eine Führungsstelle.

Die ILS konzentriert sich auf die Alarmierung und Disponierung der Einsätze und kommuniziert über den „Regelfunkkanal“ der Einheiten über Digitalfunk. Die „Sondergruppe 9“ hingegen ist als eigener Kanal zu sehen, der den Feuerwehren als „Arbeitskanal“ zur „internen Kommunikation“ dient.

Aber die Feuerwehren haben auch die Möglichkeit, darüber mit der Führungsstelle zu kommunizieren, die gegebenenfalls Dinge im Hintergrund organisiert oder eben die Einsatzdokumentation übernimmt. Dieser Ablauf soll „superschnell“ über die Bühne gegangen sein, betont der Feuerwehrmann: „Bereits knapp 20 Minuten nach Beginn des Sturms – also gegen 1.07 Uhr – lief alles nach Plan.“

Feuerwehrkommandant mit Appell an die Bürger

Siglreitmeier appelliert zu guter Letzt eindringlich an die Bürger, bei Stromausfällen und ähnlichen Vorfällen nicht in erster Linie die 112 anzurufen, damit der Weg für dringendere Notfälle, wie eben eine Vermisstensuche frei bleibt. Eine schnelle Reaktion der Rettungskräfte kann im Ernstfall über Leben und Tod entscheiden. Hierbei ging es noch glimpflich aus, aber das nächste Unwetter kommt bestimmt.

mck

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