Prozess wegen Mordes vor Burghauser Spielothek
Lebenslang für Burghauser Casino-Mörder und besondere Schwere der Schuld
Traunstein, Burghausen – Der Prozess gegen den Spielcasino-Mörder aus Bughausen endete am 11. Mai. Vor dem Urteilsspruch wurde dem Täter im psychiatrischen Gutachten uneingeschränkte Schuldfähigkeit zugesprochen.
Update, 14.52 Uhr - Weder Eigentum noch Untertan
Um 14 Uhr verkündete der Vorsitzende Richter Volker das Urteil der 5. Strafkammer: Remzi K. muss lebenslang hinter Gitter. Die Schuld an seinem Mord an Heiko B. und dem versuchten Mord an Y. sei besonders schwer, da die beiden jungen Männer absolut gar nichts getan hätten, was irgendeinen Anlass für die Tat geliefert hätte. Auch die Freundin des Kosovaren hätte sich völlig normal verhalten und sei weder Eigentum noch Untertan des 60-Jährigen gewesen. Die 29-Jährige habe recht auf ein eigenes Leben und könne demnach auch Kontakte zu anderen pflegen.
„Schweres Unrecht“
Der Richter hob in der Begründung des Urteils hervor, dass Remzi K. die Tatwaffe zog und abschoss, als wäre er geübt darin. Außerdem habe er den jüngeren Männern bereits vorher schon nachgestellt. Sein Entschluss, die beiden zu töten, sei bereits vor der Tat gefallen. Bei der Umsetzung der Tat habe der 32-jährige Familienvater aus Burghausen noch die Hand vor das Gesicht gehalten. Dann habe Remzi K. kaltblütig durchgeladen und den zweiten Schuss abgesetzt. Zum Glück sei der zweite Mann mit seinem Leben davon gekommen. Bei Mord gebe es laut Ziegler nur eine Strafe, nämlich lebenslang. Der 60-jährige Kosovar habe ein „schweres Unrecht“ verübt.
Update, 12.01 Uhr - „Der Angeklagte handelte eiskalt“
Angesichts der vielen Angehörigen im Gerichtssaal weist der Vorsitzende Richter Volker Ziegler das Publikum darauf hin, Beifall oder anstößige Bemerkungen zu unterlassen. Dann bittet er den Staatsanwalt Markus Andrä um sein Plädoyer. Dieser fasst die Erkenntnisse aus der Beweisaufnahme zusammen und sagt, Remzi K. habe seine Waffe und Munition eingepackt und sei wütend zum Arbeitsplatz seiner Lebensgefährtin gefahren, wo er gezielt die Konfrontation mit den späteren Geschädigten einging. „Der Angeklagte zieht aus der Bauchtasche die geladene Waffe und schießt unvermittelt auf den unvorbereiteten Heiko B.“
„Reiner Zufall, dass Y. die Schüsse überlebte“
Der 32-Jährige habe sich noch schützend die Hand vor das Gesicht gehalten, die dann durchschossen wurde. Der deutlich jüngere Mann sei seinen Verletzungen an Ort und Stelle erlegen und hatte laut Andrä keine Chance zu überleben, weil große Blutgefäße verletzt worden waren. Gleich nach dem Schuss auf den dreifachen Vater habe der Angeklagte gezielt auf dessen Begleiter Y. geschossen – und nicht in die Luft, wie Remzi K. gegenüber seinem Gutachter angegeben hatte. Der Kosovar hatte die unvorbereitete Situation der jüngeren Männer komplett ausgenutzt. Es sei außerdem dem reinen Zufall zu verdanken, dass Y. die Schüsse auf ihn überlebte. Der Angeklagte habe diesen noch verfolgt: mit derAbsicht, Y. zu töten. Es liegt laut Staatsanwalt eine besondere Schwere der Schuld vor.
Heimtücke und niedrige Beweggründe
Die Tat Remzi K.s sei heimtückisch gewesen und von niedrigen Beweggründen motiviert. Der Grund dafür sei lediglich gewesen, dass seine Lebensgefährtin IHR Auto verliehen hatte. Es habe im Vorfeld keinerlei Bedrohung gegen den Angeklagten oder seine Freundin gegeben. „Er handelte eiskalt und eine Erschütterung nach der Tat war nicht zu erkennen“, so Staatsanwalt Andrä. „Nach der Tat fuhr er nach Braunau und kaufte sich noch eine Halbe Bier.“ Wegen Mordes, versuchten Mordes und dem unerlaubten Führen einer Waffe fordert Andrä eine lebenslängliche Freiheitsstrafe für den Angeklagten.
Dann übernimmt die Nebenklägervertreterin Inge Bazelt und schließt sich dem Antrag des Staatsanwaltes an. Sie betont noch einmal die schwerwiegenden Folgen für die Familie des ermordeten Heiko B. Rechtsanwalt Hannes Barbarino fügt hinzu, dass er den Toten persönlich kannte. Er sagt, dass es sich um einen verantwortungsbewussten Mann gehandelt habe, und sein Tot einen schlimmen Verlust darstellt.
Angeklagter: „Ich schäme mich dafür“
Der Verteidiger des Kosovaren meint, dass in diesem Fall keine besondere Schwere der Schuld vorliege. Sein Mandant sei auch nicht uneingeschränkt schuldfähig gewesen. Dann darf der angeklagte Remzi K. sein letztes Wort an die Kammer und richten. Er beginnt: „Als Erstes möchte ich sagen, dass ich diese Tat sehr bereue“, so der Angeklagte. Es sei ein großer Fehler, der hier begangen wurde und er habe genug Zeit gehabt, um über seine Tat nachzudenken. „Ich verstehe es selbst nicht, wie es zu der Tat kommen konnte. Ich möchte mich bei den Angehörigen entschuldigen. Ich habe selbst keine Antwort und versuche bis heute zu verstehen, warum ich das getan habe. Es tut mir sehr leid und ich schäme mich auch dafür.“
Der Vorsitzende Richter Volker Ziegler kündigt sodann an, dass das Urteil noch heute um 14 Uhr verkündet wird. Die Kammer zieht sich sodann zur Beratung zurück.
Update, 11.10 Uhr - Schüsse in Burghausen nicht aus dem Affekt
Der dritte Verhandlungstag im Prozess gegen den wegen Mordes und versuchten Mordes angeklagten Remzi K. aus Burghausen beginnt pünktlich um 9 Uhr. Nach dem Gutachten des Rechtsmediziners Dr. Fritz Priemer zu den Verletzungen des Angeklagten nach dessen Festnahme folgt die Verlesung eines Chatverlaufs zwischen Remzi K. und einer Dame aus Rostock, welcher deutlich romantisch eingefärbt war. Etwa einen Monat vor den Schüssen bei dem Burghauser Spielcasino hatte er der Frau mehrmals angeboten, bei ihm in die Wohnung einzuziehen. Er sprach sie mit „mein Herz“ an, und erzählte ihr von Beziehungsproblemen mit H., beziehungsweise, dass seine Freundin bereits aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen sei und einen neuen Freund habe.
Kammer schließt Alkoholisierung des Täters aus
Anschließend weist der Vorsitzende Richter Volker Ziegler den psychiatrischen Sachverständigen Dr. Johannes Wittmann darauf hin, dass die Kammer das Geständnis des Angeklagten gegenüber dem Psychiater für nicht zutreffend hält. Der Richter stellt fest, dass es nicht, wie von Remzi K. angegeben, zutreffe, dass das Schloss der gemeinsamen Wohnung mit seiner Freundin ausgetauscht worden war. Auch, dass er für sie einen Kredit für ihr Auto aufgenommen habe, war nicht richtig. Die Kammer hält außerdem für unglaubwürdig, dass es im Vorfeld zu Drohungen gegen seine Lebensgefährtin gekommen sei. Weil der Angeklagte gegenüber dem psychiatrischen Facharzt angegeben hatte, dass er keinen Alkohol getrunken hatte, gehe man von keiner Alkoholisierung während der Tat aus.
Psychiater hält Angeklagten für voll schuldfähig
Der Sachverständige Dr. Johannes Wittmann gibt dann sein Gutachten zum Angeklagten preis. Er sagt, dass der Angeklagte zwar unter einer leichten depressiven Symptomatik leide und nach Antritt der Haft deutlich niedergeschlagen gewesen sei. Er habe unter Lebensüberdruss und Grübelsucht gelitten. Vor der Tat habe Remzi K. Aber ohne Probleme seinen Alltag bewerkstelligen können. Die Ideen des Kosovaren, dass die Russenmafia sich Zugang zu seiner Wohnung verschafft habe, seien diskret gewesen, sodass der psychiatrische Gutachter eine psychiatrische Störung, Intelligenzminderung oder organische Hintergründe ausschließe.
Vor Tat in Wut hineingesteigert
Nach Ansicht des Tatvideos habe der Sachverständige auch keine Anhaltspunkte für eine nennenswerten Berauschung feststellen können. Dagegen habe sich Remzi K. vor der Tat in eine von Eifersucht geprägte Wut hineingesteigert und sei dann die Konfrontation mit dem Kontrahenten eingegangen. Weil der Kosovar kurz vor der Tat mit „Wirst gleich sehen, was passiert“ seine Tat angekündigt hatte, schließt der Sachverständige eine verminderte Schuldfähigkeit aus. Dass er nach den Schüssen noch versucht hatte, ein Patronenmagazin aufzuheben und nachzuladen, weise darauf hin, dass auch eine Affekttat auszuschließen sei.
Vorbericht
Erneut werden am 11. Mai zahlreiche Angehörige und Freunde des verstorbenen Heiko B. aus Burghausen nach Traunstein kommen. Sie werden zum dritten Mal dem Prozess gegen seinen vermeintlichen Mörder Remzi K. beiwohnen. Die Folgen des gewaltsamen Todes von Heiko B. waren vor allem für seine drei Kinder verheerend, aber auch deren Mutter traf der Verlust schwer. Der 32-Jährige soll kurz vor seinem Ableben beschlossen haben, seiner langjährigen Lebensgefährtin und Mutter seiner Kinder einen Heiratsantrag zu machen.
Aber auch die gesundheitlich angeschlagenen Eltern des 32-Jährigen vermissen ihren Sohn schmerzhaft. Ob ein hartes Urteil der Familie des Verstorbenen Erleichterung bringen würde, bleibt zu bezweifeln. Doch das erschütterte Sicherheitsempfinden der Betroffenen könnte sich dadurch verbessern. Der Angeklagte soll täglich eine Waffe bei sich getragen haben. Das sei normal und er habe Waffen sehr gern gehabt, hatte ein Bekannter des Kosovaren als Zeuge ausgesagt. Noch ist unklar, wie sich dies auf das abschließende Gutachten des psychiatrischen Facharztes Dr. Johannes Wittmann auswirken wird.
Von Reue keine Spur?
Auch, ob der 60-Jährige Einsicht oder Reue zeigt, blieb bisher im Dunkeln. Der vermeintliche Mörder wirkte zwar während des Prozesses mitgenommen und versteckte sich oft hinter vorgehaltener Hand. Vor allem die Besichtigung der Tatvideos schienen den 60-Jährigen emotional aufzuwühlen. Doch trotz mehrfacher und direkter Ansprache durch den Vater des Toten äußerte sich Remzi K. bisher in keiner Weise zu den Vorwürfen. Auch wenn sich ein Geständnis oder Reue angesichts der erdrückenden Beweislast durchaus mildernd auf das Urteil auswirken könnten.
Angeklagter soll 12 bis 13 Bier vor Tat getrunken haben
Außerdem könnte dem Angeklagten „verminderte Schuldfähigkeit“ zugeschrieben werden. Die Lebensgefährtin des Angeklagten hatte am zweiten Verhandlungstag ausgesagt, dass Remzi K. vor der Tat 12 bis 13 Bier während der Arbeit getrunken habe. Dies könnte als mildernder Umstand ausgelegt werden. Ob die Strafkammer die Angaben der 29-jährigen Freundin des Angeklagten als glaubwürdige Fakten bewertet, bleibt allerdings abzuwarten. Sie hatte auch erwähnt, dass ihr 60-jähriger Lebensgefährte nach dem Tod seiner über 90 Jahre alten Mutter depressiv geworden sein. Der Vorsitzende Richter Volker Ziegler zeigte sich diesbezüglich aber wenig beeindruckt. Auch ihre Einschätzung, dass Remzi K. nicht eifersüchtig gewesen sei, wenn sie mit jüngeren Männern Spritztouren machte, wurde bezweifelt.
