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Gibt es eine zweite Beerdigung?

Bestatter Max Huber verrät: Darum ist die Leiche von Inzell nach 40 Jahren kaum verwest

Bestattermeister Max Huber aus Traunstein erklärt, wieso der Tote so gut erhalten ist.
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Bestattermeister Max Huber aus Traunstein erklärt, wieso der Tote so gut erhalten ist.

Eigentlich ist es ein normaler Vorgang. Auf dem Friedhof in Inzell wird ein Grab ausgehoben. Dann finden die Arbeiter allerdings einen gut erhaltenen Körper. Bestattermeister Max Huber aus Traunstein verrät, wie es dazu kommen konnte, dass der Leichnam nach fast 40 Jahren kaum verwest ist.

Inzell/Traunstein – Am Freitagnachmittag (14. Juni) wird beim Ausheben eines Grabes in Inzell ein gut erhaltener Leichnam gefunden. Die Polizei wird eingeschaltet, es kommt zu einer Obduktion. Kurz darauf kann die Polizei eine Straftat ausschließen. Bei dem geborgenen Leichnam handelt es sich um die rechtmäßig in diesem Grab beigesetzte Person. Wie kann es aber sein, dass der Leichnam, der fast 40 Jahre in der Erde lag, noch so gut erhalten ist? Bestattermeister Max Huber aus Traunstein erklärt, wie es dazu kommen konnte.

Herr Huber, was passiert nun mit dem Körper? Wird der dann wieder in sein ursprüngliches Grab zurückgeführt? 

Max Huber: Das zu entscheiden, obliegt der Friedhofsverwaltung und den Angehörigen des Verstorbenen.  

Das heißt, die Kinder oder die Verwandten sind mit involviert in das Ganze? 

Huber: Genau, richtig. Bei solchen Vorfällen besteht die Frage, ob die Angehörigen noch das Totenfürsorgerecht besitzen. Durch die aufgelassene Grabstätte und die abgelaufene Frist der Totenruhe könnte das nicht mehr der Fall sein. Eine absolute Aussage zum Rechtsbereich möchte ich an dieser Stelle aber nicht fällen. Grundsätzlich gilt es für mein Empfinden, menschlich zu handeln. Damit möchte ich sagen, dass die Angehörigen in solche Entscheidungsprozesse zwingend mit eingebunden werden sollten.

Inzell bietet eigentlich gute Verwesungsbedingungen

Das heißt, es findet noch eine zweite Beerdigung statt? 

Huber: Seitens der Angehörigen erfolgte bislang kein entsprechender Wunsch. Ich gehe davon aus, dass die Wiederbeisetzung nur durch unser Unternehmen erfolgen wird, ohne Beisein der Angehörigen. Alternativ könnte der Verstorbene auch eingeäschert werden und im Rahmen einer Urnenbeisetzung beigesetzt werden.

Ist das denn jetzt ein Fall, der selten ist? Oder passiert so etwas ab und zu? 

Huber: Für Inzell ist es eine Ausnahme, weil dort die Bodenbeschaffenheit in der Regel optimale Verwesungsbedingungen ermöglicht. In unserem Tagesgeschäft ist das bedauerlicherweise öfter der Fall. Sollte so nicht sein, ist aber so. Vielleichtsollte man zur Erklärung einen Blick in die Vergangenheit werfen. Als Friedhöfe entstanden sind, war es üblich, dass das für den Friedhof verwendete Land keinen guten Boden hatte. Daher waren die Bauern der Gemeinden auch nicht an diesem Fleck interessiert. Prinzipiell gibt es auf mehreren Friedhöfen Verwesungsstörungen. Teilweise flächendeckend, teilweise nur in Abteilen des jeweiligen Friedhofes. Grundsätzlich obliegt die Einschätzung und Prüfung der Bodenqualität dem jeweiligen Gesundheitsamt. Da es sich hierbei aber um ein hochsensibles Thema handelt, das eine Kooperation von Friedhofsträger, Gesundheitsamt und Grabnutzungsberechtigen erfordert, scheint es, als würde das unliebsame Thema, das mit reichlich Finanzierungsmitteln und Diskussionsbedarf einhergeht, immer wieder aufgeschoben werden.

Immer wieder Konflikte

Kommt es dabei zu Konflikten zwischen den Beteiligten?

Huber: Für uns als Bestatter entstehen durch die oft nicht optimalen Bedingungen Konflikte. Auf der einen Seite ist es uns natürlich wichtig, den Angehörigen eine Verabschiedung zu ermöglichen, die würdevoll und tröstend ist. Auf der anderen Seite sollten die Arbeits- und Hygienebedingungen auf einem Friedhof auch im Sinne des Schutzes unserer Mitarbeiter gegeben sein. Verwesungsstörungen sind auch nicht die einzigen Schwierigkeiten, die auf einem Friedhof warten. Gerade in unserer Region haben wir sehr viele kleine kirchliche Friedhöfe über das Land verteilt. Die Gemeinden wuchsen, aber der Platz für den Friedhof selbst konnte nicht mitwachsen. Die Menschen vor einigen Jahrhunderten waren im Durchschnitt auch bei weitem kleiner als die Menschen heute.

Macht das denn so einen großen Unterschied?

Huber: Das führt unter Umständen zu dem Problem, dass zwischen den Fundamenten der Grabdenkmäler für eine Erdbestattung mit Sarg nicht ausreichend Platz ist. Um das Problem zu lösen, müssen entsprechend Grabdenkmäler entfernt und Fundamente durch aufwendige Arbeiten mit einem Kompressor teils abgetragen werden. Das spiegelt sich also im Aufwand für den Grabaushub wider.

Moderne und neue Friedhöfe werden heutzutage auch als Erholungsorte innerhalb von Städten angelegt. Der Parkbestandteil ist weit höher beziehungsweise überhaupt gegeben. Die Probleme auf Friedhöfen, der Wunsch nach alternativen Grab- und Bestattungsarten, dezentralisierte Wohnlage von Angehörigen und viele weitere Punkte, über die ich noch lange sprechen könnte, stellen unsere Gesellschaft und unsere Bestattungskultur also vor Herausforderungen, die es zu lösen gilt. Wünschenswert wäre es natürlich, wenn Friedhöfe entsprechend saniert werden würden. Das kostet die Friedhofsträger entsprechende Geldmittel. Ob die Trägerschaft des jeweiligen Friedhofes bei der Kirche oder einer Kommune liegt, spielt eine nachgeordnete Rolle. Heute zu sagen, dass alte und kleine Friedhöfe, egal ob von Gemeinde oder Kirche getragen, nicht den erforderlichen Standards entsprechen, ist einfach. Die Sanierung eines Friedhofes ist es jedoch nicht.

Der Verstorbene lag in Body-Bag aus Plastik

Das heißt aus Ihrer Sicht kein Plastik im Sarg? 

Huber: Genau. Das wäre schon einmal die Grundvoraussetzung. Der Verstorbene ist Anfang der 1980er in einem Body-Bag beigesetzt worden, nachdem er eine Chemotherapie erhalten hatte, die in den 80ern natürlich auch noch wesentlich aggressiver und giftiger war, als sie es heutzutage noch immer ist.

Und das macht dann auch so viel aus? 

Huber: Dass der Verstorbene in einem Body-Bag aus Plastik und Aluminiumbestandteilen war, führte dazu, dass kein Sauerstoff an den Leichnam gelangen konnte, der für die Verwesung erforderlich ist. Die mangelnde Sauerstoffzufuhr und das feuchte Milieu innerhalb des Body-Bags führte zur Wachsleichenbildung.

Aber man weiß doch, dass Plastik nicht verrottet. Warum macht man das denn? 

Huber: Das ist eine gute Frage. Vor 40 Jahren habe ich noch nicht gelebt. Da kann ich Ihnen leider keine Antwort darauf geben. Ich gehe einmal davon aus, dass das unter dem Gedanken von Umweltschutz passiert ist, dass man damals gesagt hat, bevor man die hochaggressive Chemotherapie ins Grundwasser gelangen lässt, sichert man sich da zusätzlich ab. Also das wäre jetzt nur meine Vermutung, aber kein Fakt. Zu der Zeit, als die Beisetzung des Verstorbenen stattfand, war unser Unternehmen noch nicht für das Pfarramt Inzell tätig, daher waren wir an der Beisetzung nicht beteiligt.

Body-Bags noch immer im Einsatz

Wie macht man das denn heutzutage?

Huber: Es kommt immer auf den vorliegenden Sachverhalt an. Body-Bags im Zuge von Bergungen oder des Transports von Verstorbenen sind noch immer im Einsatz. Im Falle von Infektionskrankheiten bei einem Verstorbenen gibt es gesonderte Regelungen, die in der Verordnung zur Durchführung des Bestattungsgesetzes unter §7 gelistet sind. In der heutigen Zeit gibt es aber auch biologisch abbaubare Transporthüllen.

Was wäre denn aus Ihrer Sicht die beste Bestattungsart, damit so etwas nicht passiert? 

Huber: Nach meiner persönlichen Meinung wäre das die Feuerbestattung. Das einfach sachlich und pragmatisch zu beantworten, spiegelt die Komplexität des Themas aber nicht wider. Wir haben auf unserem Planeten viele verschiedene Religionen, Kulturen und Weltanschauungen. Jede Kultur oder Religion hat ihre eigenen Bestattungsriten. Solange diese mit den jeweiligen Gesetzen vereinbar sind, sollte es den Menschen auch ermöglicht werden, ihre Liebsten beizusetzen, wie sie es für richtig und wichtig halten. Damit möchte ich sagen, dass eine Politik, die in die Richtung von Verboten geht, nicht die Lösung sein kann. Aus meiner Sicht sind Gesundheitsämter und Friedhofsträger gefragt, sich der Problematik anzunehmen und Lösungen anzubieten.

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