Bauern, Handwerker, Spediteure Seite an Seite
„Kämpft um eure Freiheit wie ihr ums Klopapier gekämpft habt“ - So war die Groß-Demo in Traunstein
In Traunstein fand am Samstag (13. Januar) eine Großdemonstration gegen die Sparpläne der Berliner Regierung statt. Über 600 Teilnehmer versammelten sich auf dem Festplatz, um ihre Missbilligung auszudrücken. Unter den Demonstranten: die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber und der Traunsteiner Landrat Siegfried Walch.
Traunstein – Nach der Großdemonstration in Traustein mit 2000 Teilnehmern am vergangenen Montag war die Große Kreisstadt am Samstag erneut Zentrum des Protests in Südostoberbayern. Seite an Seite mit Handwerkern und Spediteuren demonstrierten Landwirte auf dem Festplatz in Traunstein gegen die Sparpläne der Berliner Regierung.
Die Polizei zählte rund 600 Teilnehmer. Unterstützung fand die vom Bayerischen Bauernverband (BBV) und dem Verein „Landwirtschaft verbindet Bayern e.V.“ (LSV) organisierte Veranstaltung durch die Teilnahme der bayerischen Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, von Traunsteins Landrat Siegfried Walch und von drei Landtagsabgeordneten der CSU und der Freien Wähler. Kritische Stimmen erhoben auch Redner aus dem Handwerk.
„Ideologie macht nicht satt“
Nach einer Sternfahrt aus Richtung Trostberg, Waging am See und Siegsdorf mit langen Fahrzeugkorsos versammelten sich gegen Mittag rund 400 Traktoren, Handwerkerfahrzeuge, Lkw und Baufahrzeuge dicht an dicht auf dem Festplatz vor der Chiemgauhalle. Auf zahlreichen Tafeln verliehen die Teilnehmer ihrem Protest Ausdruck. „Kämpft um eure Freiheit wie ihr ums Klopapier gekämpft habt“, „Ideologie macht nicht satt“, „Regionale Lebensmittel brauchen regionale Landwirte“ oder auch „Der grinsende Schlumpf muss weg!“ stand darauf zu lesen.
Bei deutlichen Minusgraden hatte sich bereits um 5.15 Uhr der junge Maurer und Nebenerwerbslandwirt Andreas Maier zusammen mit seinen Freunden Niclas und Laurin Pauli von Chieming aus auf den Weg gemacht. Auf einem alten Hatz-Traktor von 1958 war das Trio mit offenem Verdeck und 15 km/h Spitze über Oberwössen im Rahmen der Sternfahrt nach Traunstein gekommen. „Als Maurer bekomme ich mit, wie das Bauhandwerk in die Knie geht, als Landwirt in der Stiermast sehe ich, wie es im Ort immer weniger Bauern gibt und mit meinen Freunden aus dem Lebensmitteleinzelhandel diskutieren wir über steigende Preise. Das Thema geht uns alle an, deshalb sind wir heute hier“, sagte Maier.
In seiner Begrüßung freute sich BBV-Kreisobmann Hans Steiner über die breite Unterstützung aus der Bevölkerung, die sich während der Aktionswoche gezeigt habe.
Wie ungerecht die Sparpläne aus Berlin für die Landwirtschaft offenbar auch im Ausland wahrgenommen werden, zeige die Teilnahme von Bauern aus dem Pongau und Tirol, die eigens nach Traunstein angereist seien. Steiner hob die Diskrepanz hervor, dass die Landwirte einerseits die Bevölkerung ernähren würden, andererseits als Umweltvergifter und Tiermisshandler zu „Prügelknaben der Nation“ gemacht würden. Die Streichung der Agrardiesel-Rückerstattung habe das „Fass der Zumutungen“ zum Überlaufen gebracht.
Dem stehe gegenüber, „dass wir Bauern als einziger Berufstand CO2 essbar machen können“. Deshalb fordere man auch eine Steuerbefreiung auf Kraftstoffe aus Pflanzenöl für Traktoren und Maschinen, „damit wir CO2-frei produzieren können“.
Der Traunsteiner Landrat Siegfried Walch hob die gute Zusammenarbeit mit den Landwirten im Landkreis, deren Bedeutung für die Pflege der Kulturlandschaft sowie als Träger von Brauchtum und sozialem Miteinander hervor. Die Bauern in Zusammenhang mit Klimaklebern zu bringen, sei ungerecht und „ein absoluter Saustall“.
Walch sah in der „durchideologisierten Politik“ aus Berlin einen „Frontalangriff auf die Werte der bürgerlichen Gesellschaft“. Statt Leistung und Wertschöpfung zu belohnen, schüre die Regierung durch Freigiebigkeit bei Sozialleistungen und Zuwanderung Neid und Missgunst in der Gesellschaft.
Als geschichtsträchtigen „Weckruf nach Berlin“ bezeichnete Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber die vergangene Montagsdemonstration, die 74.000 Menschen und 54.000 Traktoren mobilisiert habe. Friedlich demonstrierende Landwirte mit Klimaklebern gleichzusetzen, die Autos zerkratzen und öffentlichkeitswirksam Christbäume beschmieren, sei eine „bodenlose Frechheit“, erklärte Kaniber. Völlig inakzeptabel sei auch die präventive Warnung aus Berlin vor einer rechten Unterwanderung der Bauernproteste gewesen.
Die Ministerin lobte die Landwirte für ihren Mut auf die Straße zu gehen und damit dem Frust an Überregulierung Ausdruck zu verleihen. Dieser vereine inzwischen auch die Handwerker, Gastronomie- und Hotelleriebetriebe, Spediteure und den Verband der Bayerischen Wirtschaft. Unter dem Deckmantel der Dekarbonierung werde aus ihrer Sicht die Deindustrialisierung des Landes vorangetrieben und „der Agrarstandort gleich mitabgeräumt“. Kaniber warnte vor einer Ideologisierung der Politik, „wenn nicht mal der Bundeslandwirtschaftsminister in seiner eigenen Regierung für die Bauern Gehör findet“.
Zahlreiche Kürzungsmaßnahmen der Regierung, die vor allem die Landwirtschaft und den ländlichen Raum treffen, könnten angesichts strategischer Rohstoffkäufe von China und Rußland, die drohende Abhängigkeit von Importen und die Gefahr von Hunger nach 70 Jahren sogar den Frieden in Europa wieder gefährden.
Den gemeinsamen Einsatz für den Erhalt der Heimat, die Wohlstandssicherung und die Eröffnung positiver Zukunftsaussichten gerade für die nachwachsende Generation hoben die drei Landtagsabgeordneten Michael Koller (Freie Wähler) aus dem Berchtesgadener Land sowie Dr. Martin Brunnhuber (FW) und Konrad Baur (CSU) aus dem Landkreis Traunstein hervor.
Wolfgang Petry aus Traunstein, Obermeister der Metall-Innung Traunstein-Berchtesgadener Land, der mit seiner Tochter Bella gekommen war, berichtete vom täglichen Kampf, den Betrieb am Laufen zu halten. Er hob die hohe Qualität der Lebensmittel in Deutschland und Bayern hervor. Damit dies so bleibe, müsse man gemeinsam auf die Straße gehen: „Das ist kein Wahlkampf, das ist kein Fasching, das ist unsere Zukunft!“.
Michael Röling, Obermeister der Maler- und Lackierer-Innung Traunstein, berichtete über den Frust nach dem Wegfall der KfW-Förderung. Intensive Vorplanungen seien über Nacht hinfällig gewesen, bezahlbarer Wohnraum „nicht mehr finanziell darstellbar“. Die fehlende Planungssicherheit würden immer mehr Berufsgruppen spüren.
Deshalb sei es an der Zeit, branchenübergreifend zu protestieren. Dass das „System mit Vollkaracho an die Wand gefahren“ sei, liege nicht nur an der jetzigen Ampel-Regierung. Röling forderte mehr Verantwortungsbewusstsein von den Politikern und Vertretern in Behörden, „die wir alle mit unseren Steuern bezahlen“.
Freude über großen Rückhalt
Andreas Lang und Tobias Heiß vom LSV freuten sich über den großen Rückhalt in der Gesellschaft für die friedlichen Proteste der Bauern. Die unterstützenden Worte der anwesenden Politiker seien sehr ermutigend gewesen.
Sollte es jedoch zu einem Wechsel in Berlin kommen, werde man im Fall einer neuen Regierung auch die Union an ihren eigenen Worten messen und notfalls wieder auf die Straße gehen. Die Protestaktion unter dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“ sei beispielhaft, wie ein Ruck durch die ganze Gesellschaft gehe.

