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„Aufe“, „obe“, „auße“ oder „ume“?

„Weida“ statt Weidach und „Leneng“ satt Lenglach: Die Aussprache von Ortsnamen im Chiemgau

Für ein Forschungsprojekt hat der „Explorator“ Arno Zandl aus Chieming (zweiter von links) die Chieminger Bürger Hubert Steiner (links) und Alfred Steiner (rechts) interviewt. Dritter Interviewpartner war Alois Bernaueraus Ebering bei Truchtlaching in der Gemeinde Seeon-Seebruck.
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Für ein Forschungsprojekt hat der „Explorator“ Arno Zandl aus Chieming (zweiter von links) die Chieminger Bürger Hubert Steiner (links) und Alfred Steiner (rechts) interviewt. Dritter Interviewpartner war Alois Bernauer aus Ebering bei Truchtlaching in der Gemeinde Seeon-Seebruck.

Wertvolle Dialekte aufzeichnen: In Chieming läuft seit 2021 ein von der Staatsregierung gefördertes Projekt zur Erfassung der bayerischen Ortsnamen in Mundart. Die Tonaufnahmen werden jetzt an die Fachstellen in München geschickt. Wo im Chiemgau eine klare Sprachgrenze verläuft.

Chieming – In Deutschland wird bekanntlich immer weniger Mundart gesprochen. Wenn es eine rote Liste für Dialekte gäbe, würde diese immer länger werden. Auch die bayerischen Dialekte sind in Gefahr. Das Problem hat man schon vor einigen Jahren im Bildungsbereich erkannt, sodass das Mundartsprechen an den Schulen wieder gefördert wurde.

Gerade in den alteingesessenen Familien wird auf dem Land noch ein unverfälschter, authentischer Dialekt gesprochen, weil er von den Großeltern und Eltern immer wieder an die Kinder und Enkelkinder weitergegeben wurde. Trotzdem wird dieser auch hier ärmer, weil von Generation zu Generation Ausdrücke verloren gehen.

Über den umfangreichsten Mundart-Wortschatz verfügen noch die älteren Bürger und so verwundert es nicht, dass sich die Verantwortlichen des von der Staatsregierung geförderten Forschungsprojekts „Erfassung der mundartlichen Form der noch nicht erfassten Ortsnamen in Bayern“ genau an diese Personengruppe wenden. In Kooperation der Kommission für Bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften mit dem Verband für Orts- und Flurnamenforschung in Bayern sind seit 2021 im Zuge einer umfassenden Erhebung schon unzählige Mundartaufnahmen von Ortsnamen entstanden. Um auch den Landkreis Traunstein möglichst gut zu erfassen, hat der hiesige Projekt-Koordinator, Kreisheimatpfleger Dr. Christian Soika, in den vergangenen Monaten Bürger dafür gewonnen, diese Aufgabe zu übernehmen. Die ersten haben als sogenannte „Exploratoren“ mit ihrer Arbeit begonnen.

Chieminger Arno Zandl ist „Explorator“

Für die Stadt Traunstein und die Gemeinden Nußdorf und Chieming ist der Chieminger Arno Zandl zuständig. Im Chieminger Heimathaus hat er zuletzt die Brüder Hubert Steiner, seines Zeichens Ortsheimatpfleger, und Alfred Steiner, Austragsbauer, die beide schon immer in Chieming leben, sowie den Austragsbauer vom Freiwanghof in Ebering Alois Bernauer mit Aufnahmegerät „interviewt“. Letzterer ist schon immer bei Truchtlaching in der Gemeinde Seeon-Seebruck beheimatet.

Nacheinander mussten sie eingangs 38 Namen von Ortsteilen und Weilern im Chieminger Gemeindegebiet so aussprechen, wie sie es von Kindesbeinen an in den Mund gelegt bekommen haben. Dabei fiel auf, dass beispielsweise Schützing, Egerer, Hart, Tabing, Knesing und Ising von ihnen in etwa so prononciert wurden, wie man sie schreibt, während andere Ortsteile und Weiler wie Außerlohen, Innerlohen, Laimgrub, Neubauer, Öd, Wimpersing und Kainrading in manch einer Silbe typisch „chiemgauerisch“ ausgesprochen wurden oder zumindest eine besondere Betonung erfuhren. Manch ein Weiler wurde sogar komplett anders ausgesprochen, wie es die Schreibweise vermuten lässt. So klingt beispielsweise Weidach wie „Weida“ und Lenglach wie „Leneng“.

In einem zweiten Aufgabenbereich mussten die drei Probanden, deren persönliche Vorstellung ebenfalls aufgenommen wurde, erzählen, ob es von Chieming in die umliegenden Siedlungsgebiete „aufe“, „obe“, „auße“ oder „ume“ geht. Als gebürtige Chieminger waren sich die Steiner-Brüder hier fast ausnahmslos einig, während Bernauer sich nicht immer so ganz sicher war, weil er ja einige Kilometer von „Chieming“ entfernt zuhause ist und deswegen umdenken musste, denn er fährt ja eigentlich „nach Keaming eine“.

Unisono ging es dann nach Egerer, Fehling, Hart, Tabing, Thauernhausen und Arlaching „auße“, nach Ising, Billing, Schützing und Oberhochstätt „ume“, nach Pfaffing, Pittersdorf, Manholding, Weidboden und Siedenberg „aufe“ und nach Laimgrub, Kleeham, Weidach und Eglsee „obe“.

Sprachgrenzen im Chiemgau

Dabei stellte man fest, dass es auch im Chiemgau diverse „Sprachgrenzen“ gibt. So werden beispielsweise in der Nachbargemeinde Seeon-Seebruck gewisse Sachen schon anderes ausgesprochen als im Chieminger Gemeindegebiet. „In Truchlaching sagt man, ‚Mim Schubkoarn s`Koarn eifoarn‘ und in Chieming heißt es ‚Mim Schubkarrn s‘Korn eifarn‘“, so Hubert Steiner.

Arno Zandl war es ganz wichtig, störende Nebengeräusche zu vermeiden und die Interviewpartner nicht zu beeinflussen, um qualitativ möglichst gute und authentische Aufnahmen zu erhalten. Diese werden nun den zuständigen Fachstellen in München zugeleitet, wo sie digital aufbereitet werden, um irgendwann mit einer Karte für alle interessierten Bürger abrufbar zu sein.

Die zahlreichen Tonaufnahmen sollen auch als Grundlage für weitere Forschungsarbeiten und Projekte dienen, zum Beispiel für historische Ortsnamenbücher.

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