Der Radio, das Teller und der Butter!
Wer rettet das echte Bairisch? - Das sind die Ideen
Der bairische Dialekt ist bedroht. Das ist keine neue Nachricht. Der Bund Bairische Sprache und der Landesverein für Heimatpflege drängen darauf, endlich Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Das sind die Ideen.
Landshut – Das historische Holzblockhaus „Zur Gastgeb“ in der Landshuter Stadtmitte stammt aus dem Jahr 1486 und ist aus Tannenhölzern gebaut, die einst auf der Isar hergeflößt wurden. Ein idealer Ort, um alte Traditionen zu fördern. Der Bund Bairische Sprache (BBS) und der Landesverein für Heimatpflege stellten hier ihren Vorstoß zur Bairisch-Rettung vor. Den Vereinen geht es darum, endlich die „Süddeutsche Standardsprache“ als legitime Variante des Hochdeutschen zu etablieren, wie BBS-Mitglied Stefanie Prochazka (34) aus Fischbachau (Kreis Miesbach) sagte. Die Zeit müsse vorbei sein, da das in Hannover gesprochene Hochdeutsch als verbindlich angesehen werde und alle Varianten davon als minderwertig, sagte die Sprachtherapeutin.
Zusammen mit Niklas Hilber (44), Lehrer in Weilheim und ebenfalls vom BBS, stellte sie ein Heft über die bairische Varietät des geschriebenen Hochdeutsch vor. Es geht um die üblichen Vokabeln – Breze statt Brezel, Blaukraut statt Rotkohl (siehe Kasten) –, aber auch ums Prinzip. „Unser sprachliches Selbstbewusstsein hat gelitten“, sagte Prochazka. Es gebe aber „überhaupt keinen Grund, sich als Süddeutscher an die norddeutsche Sprache anzupassen“, heißt es im Heft. Eklatant sei, dass Sprecher des Süddeutschen ihre Sprache und Schrift oft selbst als „falsch“ einschätzten. Da mangele es an Selbstbewusstsein. Aber es gebe auch Diskriminierung – „verbürgte Fälle“, dass Süddeutsche „aufgrund ihres Sprachklangs“ etwa bei Bewerbungen benachteiligt würden.
Neben der Sprachfibel mit dem Titel „Blaukraut bleibt Blaukraut“ erhoffen sich die Sprachpfleger von einer Petition, die gestern im Bayerischen Landtag eingereicht wurde, mehr Schutz für Bairisch. BBS-Vorsitzender Sepp Obermeier und Rudolf Neumeier vom Landesverein für Heimatpflege fordern, der Landtag solle die Staatsregierung zum Erlass von Richtlinien auffordern. Darin soll ein „Schutzstatus für das vom Aussterben bedrohte altbayerische, fränkische und schwäbische Standarddeutsch nebst den dazugehörenden Dialekten“ verankert werden.
Es geht aber auch um die konkrete Umsetzung: So könne die vorschulische Bildung, aber auch der Grundschulunterricht und ein „erheblicher Teil des Unterrichts an weiterführenden Schulen“ im Dialekt stattfinden., sofern es vor Ort gewünscht und praktisch umsetzbar ist. Ideal seien Kindergartengruppen, in denen das Personal und die Mehrheit der Kinder Dialekt reden. Die Erfahrung zeige, dass die anderssprachige Minderheit dann die Sprachfärbung übernehme, um das Deutsch ihres Elternhauses einzubüßen. Auch ein schulisches Wahlfach „regionaltypische Kultur“ schwebt ihnen vor – mit der Verwendung des lokalen Dialekts in Wort und Schrift. Die Vereine wollen das Fach nicht vorschreiben, nur eben auf die Möglichkeit aufmerksam machen.
Verbindlich eingeführt werden sollten nur zwei Ansätze zur Bairisch-Rettung: Lehramtsstudenten müssten zwingend Seminare zur Bedeutung „der in Bayern bodenständigen regionalen Sprachformen“ besuchen. Und im BR solle es Formate mit Dialekt geben – und zwar nicht nur im „Nischenprogramm“ BR Heimat.
„Blaukraut bleibt Blaukraut“
„Blaukraut bleibt Blaukraut. Altbayerisches Hochdeutsch für Anfänger und Fortgeschrittene“, ist der Titel der Broschüre, die Niklas Hilber und Stefanie Prochazka erarbeitet haben. Darin finden sich auch etliche Wortschatz- und Aussprachebeispiele. Von Beißzange (statt Kneifzange) über Weiher (statt Teich) bis hin zum beliebten Schnee schaufeln (statt schippen) finden sich hier etliche Beispiele für Begriffe, die ohne Verständnisprobleme in ihrer bairischen Variante verwendet werden können.
Auch die häufige Streitfrage, ob es nun der oder das Radio, das oder der Teller und der oder die Butter heißt, beantworten die Bairisch-Experten. Richtig ist: der Radio, das Teller und der Butter! Die Broschüre kann kostenlos beim Landesverein (via heimat-bayern.de) angefordert werden.