Traunsteiner Familienbetrieb bestand über 100 Jahre
„Am Umsatz ist‘s nicht gelegen“: Bäcker Schneider hört auf - wie es dort jetzt weitergeht
Es ist ein harter Job, den immer weniger Menschen machen wollen - der Fachkräfteschwund bedeutet jetzt auch für die Bäckerei Schneider das Ende. Wir haben mit Bäckermeister Klaus Schneider über die Hintergründe gesprochen und was jetzt mit seinen Filialen in Traunstein passiert.
Traunstein - Er musste aufstehen, wenn andere sich schlafen legen: 0.15 Uhr zeigte der Wecker an jedem Arbeitstag bei Klaus Schneider. Denn wenn seine Bäckereien um 7 Uhr öffnen, muss alles frisch in den Körben und Regalen liegen: Semmeln, Brot, Feingebäck, Brezen, Laibe... Aber nicht mehr lange. Am Samstag (31. Mai) öffnet die Bäckerei Schneider zum letzten Mal ihre beiden Filialen am Stadtplatz und der Wolkersdorfer Straße in Traunstein. Vor über hundert Jahren gründete Klaus Schneiders Großvater Ludwig den Betrieb, doch jetzt ist Schluss.
Schon vor fünf Jahren zeichnete sich das Ende langsam ab
Ungefähr fünf Jahre ist es her, als sich das Ende abzeichnet, erzählt Klaus Schneider beim Besuch von chiemgau24.de. Ein Bäcker nach dem anderen fiel aus, oft waren es gesundheitliche Gründe. „Und es wurde immer schwieriger, Personal zu finden“, so der 64-Jährige. Der ursprüngliche Plan war: Sohn Niki sollte den Betrieb übernehmen, dazu würde auch die Produktion nachgerüstet und in einen neuen Ofen investiert. Doch auch er bekam Probleme mit dem Rücken. „Die Gefahr, sechsstellig zu investieren und dann keine Leute mehr zu finden, war einfach zu groß“, so Schneider.
Die Personallage im Bäckerhandwerk ist mau. „Zuletzt hatten wir nur noch drei Gesellen aus zwei Landkreisen bei der Prüfung.“ Natürlich sei die Arbeit mit den „antizyklischen“ Arbeitszeiten nicht jedermanns Sache. Aber mit dem Einsetzen der geburtenschwachen Jahrgänge sei es personell in der Branche stetig bergab gegangen. Bei den Bäckereifachverkäuferinnen, ebenfalls ein Lehrberuf, schaut es laut Schneider sogar noch schlechter aus.
„Bei uns kriegt man noch eine Ansprache, anders als beim Discounter“
„Am Umsatz ist es also bestimmt nicht gelegen“, kann der Bäckermeister versichern. Auch als direkt nebenan eine große Filiale einer Bad Endorfer Bäckerei eröffnete, kam Schneider - trotz erster Bedenken - nicht ins Schleudern: „Ganz ehrlich: Das haben wir überhaupt nicht gespürt.“ Die „Formel“ vieler Stadtbewohner habe laut dem Bäckermeister ganz einfach gelautet: Traunstein? Brot? Schneider! „Das merken wir auch nochmal, seit wir die Schließung bekanntgemacht haben. Wir verkaufen das Anderthalbfache als sonst und sind meistens schon um 15.30 Uhr ausverkauft.“
Freilich, das Thema Brot ist ein emotionales und dementsprechend reagieren jetzt die Stammkunden. „Viele kommen täglich, teils seit 40 Jahren. Und bei uns kriegt man halt auch eine Ansprache, anders als beim Discounter“, so Klaus Schneider. Egal ob im Stammhaus am Stadtplatz oder an der Wolkersdorfer Straße: Auch künftig wird man in den Schneider-Filialen mit Brot, Brezen und Co. versorgt. Die Trostberger Bäckerei Lehrbach wird die Geschäfte übernehmen und betreiben, wahrscheinlich schon ab 5. Juni. „Damit sind wir wirklich zufrieden. Und hoffentlich bringen die Kunden auch Lehrbach ihr Vertrauen entgegen.“
1920 erste Schneider-Bäckerei am Auberg
1920 war es, als Ludwig Schneider die erste Bäckerei der Familie am Auberg eröffnete. Ab 1946 übernahm dann Klaus Schneiders Vater Willi und pachtete die Bäckerei Leimer am Stadtplatz, Anfang der 1970er Jahre ging sie in seinen Besitz über. Klaus Schneider machte dann 1983 seinen Bäckermeister, legte zwei Jahre später den Konditormeister nach und übernahm 1990 den Betrieb. Frau Christine, ebenfalls gelernte Bäckereifachverkäuferin, war ihm stets treu zur Seite. Jetzt freuen sich die beiden auf die Rente. „Einen richtigen Betriebsurlaub hatten wir nie“, erzählt Klaus Schneider. Doch schon bald steht eine Südtirol-Reise an - „und im Sommer kann ich dann richtig meinem Hobby, dem Tauchen, nachgehen“. (xe)
