Zwischen Amokalarm und Angeberei
OVB-Redakteur: Vom Tag, als ich begriffen habe, dass Softair-Waffen kein Spielzeug sind
Softair-Waffe oder echte? Wer denkt, das auf den ersten Blick erkennen zu können, irrt. OVB-Redakteur Thomas Stöppler, zur damaligen Zeit Türsteher eines Nachtclubs, erinnert sich an den Abend, der seine Einstellung zu diesem „Spielzeug“ auf den Kopf gestellt hat.
Traunstein/München - Der Amok-Alarm und SEK-Einsatz in Traunstein haben bei OVB-Redakteur Thomas Stöppler unschöne Erinnerungen geweckt. Auch er war einmal mit einer Softair-Waffe konfrontiert.
Bis vor ziemlich genau zehn Jahren habe ich Soft-Airs immer als Spielzeug betrachtet. Zugegeben, eins mit dem vor allem erwachsene Männer in Kostümen spielen, aber das gilt ja auch für Modelleisenbahnen. Damals war ich noch kein Journalist, sondern Türsteher bei einem Club in München.
Das war kein Laden, in dem die Security mit stichsicheren Westen herumlief. Das schlimmste, das dort passierte, waren Beleidigungen von verwöhnten Großstadthipstern. Meine Kollegen und ich, wir waren meistens sehr entspannt. Komplett gewaltfrei war es natürlich auch nicht. Am Ende gibt es immer irgendeinen Grapscher, vollnarkotisch Betrunkenen oder Pöbler, der irgendwie raus muss aus dem Laden und das meistens nicht so sieht. Da hilft dann manchmal kein noch so freundliches Wort. Aber das waren die Ausnahmen, meist hatten wir viel Spaß.
In einer lauen Sommernacht, in der die Stimmung in und vor dem Münchner Club gelöst war, das Leben einfach schön war, änderte sich das. Es war ein Abend, der mich in Angst und Schrecken versetzt hat, wo mir wortwörtlich die Knie schlotterten - wegen dieses „Spielzeugs“.
„Der hat ne Knarre!“
Wir waren zu dritt an der Tür, zwei am Einlass und einer, der die Raucher bat, etwas leiser zu sein, weil die Nachbarn schlafen wollten. Und genau dieser Kollege kam zu uns und sagte: “Da ist ein Typ, der hat hinten ne Knarre stecken.”
„Bitte? Was? Bist Du Dir sicher?“ - ich gehe mit raus. Er zeigt mir den Mann und ich sehe es auch. Beziehungsweise, ich meine, den Griff einer Waffe zu sehen, die über dem Gesäß im Hosenbund sitzt. Der Waffenbesitzer ist nicht Gast bei uns, aber er steht da und könnte jederzeit kommen und reinwollen.
„Was, wenn der Griff zur Entwaffnung nicht klappt?“
In meinem Kopf schwirren die Gedanken: Was mache ich jetzt als Türsteher? Ich kann ihn auf keinen Fall reinlassen, denn drinnen sind 300 Feiernde, die alle nur trinken und tanzen wollen. Aber ich will definitiv auch keinen Konflikt provozieren. Wäre ich schnell genug, dass er nicht nach hinten greifen und das Ding ziehen kann? In der Theorie wusste ich natürlich, wie ich jemanden entwaffne - aber in der Praxis? Was, wenn der zwar trainierte, aber noch nie angewandte Griff nicht klappt?
Wir haben das getan, was in so einer Situation immer das Klügste ist. Wir haben die Polizei gerufen. Das macht man zwar als Türsteher äußerst ungern, weil die Anwesenheit von Polizei immer mit viel Aufregung verbunden ist und man das in einem Club gern vermeiden will.
Kurzschluss-Reaktion oder kurz entschlossen?
Während wir dann warten, kommt es aber doch anders. Ich stehe mit dem Kollegen draußen und wir tun so, als wäre nichts. Und irgendwann steht der Typ plötzlich an der Hauswand, mit dem Rücken zu uns. Mein Kollege reagiert, schnappt ihn sich. Er drückt ihn gegen die Wand und fixiert die Arme. Ich ziehe ihm die Waffe aus dem Hosenbund. Und ich wundere mich: Das Ding ist ganz leicht - zu leicht. Es ist aus Plastik!
Als die Polizei dann kommt, sie schimpft uns aus: „Leichtsinnig!“ Die Beamten nehmen den Herrn mit. Er bekommt eine Anzeige.
Was mein Kollege gemacht hat, hätte ich mich nicht getraut - damals nicht und heute sowieso nicht. Ich weiß noch, wie meine Knie gezittert haben. Ich weiß auch noch, dass die gute Stimmung dahin war - wäre auch komisch wenn nicht.
Softair-Waffen gehören nicht in die Öffentlichkeit!
Und noch eines weiß ich heute: Soft-Airs sind kein Spielzeug! Für Kinder sowieso nicht, zu leicht kann man sich ernsthaft verletzen, aber auch nicht für Erwachsene. Einzig vielleicht in abgeschlossenen Bereichen und in komischen Verkleidungen. Aber in der Öffentlichkeit - ganz zu schweigen von einer Schule - kann man damit nur eins machen: anderen höllische Angst einjagen.