„Bürgerversammlung vor Ort“
Zukunft der Fernwärme: So ist die Lage in Kolbermoor
Zuletzt sind die Gaspreise gesunken und damit auch die Nachfrage nach Fernwärme. Deshalb stellt sich zunehmend die Frage: Lohnt sich der Ausbau der Fernwärme noch? Das sagt Kolbermoors Bürgermeister Kloo dazu.
Kolbermoor – Bürgermeister Peter Kloo sagte bei der „Bürgerversammlung vor Ort“ am Blockheizkraftwerk, dass sich der Fernwärmeausbau nur mit Schlüsselkunden rechnen würde. Trotzdem arbeitet die Stadt weiterhin an der Zukunft der Fernwärme.
Um Wasser, das Dauerthema der vergangenen Woche, ging es auch bei der Kolbermoorer „Bürgerversammlung vor Ort“. Allerdings um heißes Wasser und damit um Wärme. Diese wird vom Kolbermoorer Blockheizkraftwerk an der Pauline-Thoma-Schule nicht nur in das Schulgebäude selbst, sondern auch weiter, etwa in das Neubaugebiet an der Gärtnerstraße oder das Conradty-Areal, geschickt.
Interesse bei den Bürgern ist gesunken
Vor einem Jahr noch hätte sich Frank Zillmann, der bei der INNergie für das Wärmeleitungsnetz verantwortlich ist, bei einem solchen Vor-Ort-Termin vor Anfragen wahrscheinlich nicht retten können: Im Mai vergangenen Jahres liefen die Bürger-Wortmeldungen auf einer Infoveranstaltung der Stadt zum Fernwärmeausbau vor allem auf eine Frage hinaus: Wann wird unser Viertel angeschlossen?
Jetzt gab es nur wenige, die nach der Möglichkeit eines Anschlusses ans Fernwärmenetz fragten, was für Bürgermeister Peter Kloo mehr als verständlich ist: In der Vergangenheit lag der Gaspreis teilweise bei 18 Euro pro Megawattstunde, so erklärt er, derzeit ist er wieder auf acht Euro gesunken. Auch scheint die Gasversorgung nicht mehr so gefährdet, wie man zu Anfang des Ukrainekrieges befürchtete. Bei dieser Ausgangslage will niemand mehr etliche Tausend Euro für die Anschlussgebühren und die Kosten der Übergabestation investieren – bei den klassischen Energiequellen zu bleiben, ist derzeit wieder die günstigere Alternative.
Eng bebautes Gebiet ideal für Fernwärme
Dabei wäre, so Peter Kloo, ein eng bebautes Gebiet wie Kolbermoor eigentlich geradezu ideal, um mit Fernwärme bestückt zu werden. Aber, so fügt er hinzu, „es muss sich am Ende auch für alle Beteiligten rechnen – für den Anbieter genauso wie für die Endkunden.“ Und damit das gewährleistet werden kann, ist man beim Ausbau der Fernwärme auf sogenannte „Schlüsselkunden“ angewiesen: Das könnten Neubaugebiete sein, aber auch Einzelabnehmer, die alleine schon so viel Wärme benötigen, dass eine Netzerweiterung nur für sie bereits in die Nähe der Rentabilität kommt. Dann kann auch allen Anliegern, die sich darum herum befinden, ein Anschluss ans Netz zu attraktiven Konditionen angeboten werden. In Kolbermoor wäre ein solcher zukünftiger Schlüsselabnehmer eventuell die Adolph-Rasp-Schule, wie Bürgermeister Peter Kloo erklärte. Ob dem tatsächlich so ist, wird die Stadt mit der Geschäftsführung der INNergie aber noch ausloten müssen. Auch wenn die Bagger in Sachen eines weiteren Fernwärmeausbaus also noch keineswegs in den Startlöchern stehen – an der Zukunft der Fernwärme wird bereits unablässig gearbeitet. Relativ neu sind zum Beispiel zwei Sattelauflieger, die Wärme transportieren können. Technisch funktionieren diese überdimensionalen Thermosflaschen, wie sie Bürgermeister Kloo nannte, nach dem Prinzip der Taschenwärmer. Sie ermöglichen es, Wärme von dezentralen Erzeugern wie zum Beispiel Biogasanlagen aufzunehmen, zum Blockheizkraftwerk zu transportieren, um die latente Wärme dort dann zur Wassererwärmung im dortigen Speicherturm zu verwenden. Das Ergebnis ist eine Win-Win-Situation für alle. Der Betreiber der Biogasanlage muss überschüssige Wärme nicht unnütz ins Freie abblasen, das Blockheizkraftwerk kann so seinen Gasverbrauch reduzieren: Wenn der Wärmeantransport wunschgemäß läuft, kann das eine Verminderung um 20 Prozent bedeuten, wie Frank Zillmann betonte.
Hohe Kosten für Geothermie-Bohrung
Auf dem Schirm hat man bei der INNergie, bei der die Stadt Mitgesellschafter ist, natürlich auch andere theoretisch mögliche Energiequellen wie etwa die Geothermie. Allerdings stellt sich, wie Bürgermeister Peter Kloo den Exkursionsteilnehmern mitteilen musste, zumindest derzeit auch hier die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Die Kosten einer Bohrung bis in viereinhalb Kilometern Tiefe sind bei etwa 20 bis 25 Millionen Euro anzusiedeln. Geld, das die INNergie am Ende auf die Verbrauchspreise umlegen müsste. Dazu kommt das besondere Risiko, dass mit so einer Bohrung ja nicht garantiert ist, dass heißes Wasser in genügender Menge zur Verfügung gestellt werden kann.
Insgesamt, so fanden die rund 20 Teilnehmer der kleinen Radltour, hat diese „Ortsteilversammlung vor Ort“ den Anspruch des Formates voll erfüllt: Über Entwicklungen der Stadt direkt dort zu informieren, wo sie stattfinden, und damit die Möglichkeit eines fassbaren Eindrucks zu bieten.