Aktionstag in Kolbermoor
Mit drastischen Bildern und kopfüber: So schockte die Polizei junge Autofahrer im Herto-Park
Um jungen Autofahrern die Gefahren des Geschwindigkeits-Rausches zu vermitteln, hat die Polizei im Kolbermoorer Herto-Park am Samstag (25. Mai) etliches aufgeboten. Mit welchen Aktionen die Ordnungshüter potenzielle Raser „umdrehten“ – im wahrsten Sinn des Wortes.
Kolbermoor – Bei der Betrachtung des Fahrzeugwracks auf dem Polizeianhänger waren von den jungen Erwachsenen fast noch anerkennende Worte zu hören: „Das Auto hat einen guten Job gemacht – man sieht noch, was einmal die Fahrgastzelle war.“ Bei denjenigen, die sich aber das Video zu dem Unfall anschauten, herrschte bald nur noch betroffenes Schweigen. Da war nämlich die Frau zu sehen, die bei dem Raser-Unfall ihren Mann verloren hatte, beinah auch ihren Sohn, und nun da saß in all ihrem Leid.
Keine Frage – die Polizeiinspektion Bad Aibling setzte bei ihrer Aktion am Samstag (25. Mai) am Kolbermoorer Herto-Park auf drastische Mittel. Ziel war es, vor allem jüngeren Autofahrern unmittelbar klar zu machen, welche Folgen zu hohes Tempo haben kann. Das Fahrzeugwrack war das Ergebnis eines Fahrzeugrennens zwischen dem Sportwagen und einem Motorrad. Der Mensch, der dabei zu Tode gekommen war, ein unbeteiligter Dritter auf der Gegenspur.
Ort der Veranstaltung bewusst ausgewählt
Dass als Ort für die Veranstaltung der Herto-Park gewählt worden war, kommt natürlich nicht von ungefähr. Auch dieses Gelände wird – zum Leid aller Anwohner – in sommerlichen Abend- und Nachtstunden immer wieder von Autoposern heimgesucht: Jüngere, meist männliche Autofahrer, die mit aufheulenden Motoren Drifts und andere spektakuläre Fahrmanöver hinlegen und längst wieder verschwunden sind, wenn die von den Anwohnern alarmierte Polizei auftaucht. Die Poser sind dann bereits unterwegs zur nächsten ihrer „Sammelstellen“. Das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei ist offenbar Teil des Reizes.
Für die Verkehrssicherheit im Einsatz: Eindrücke von der Polizei-Aktion in Kolbermoor




Für Polizeikommissar Manuel Schlosser von der Polizeiinspektion Bad Aibling ist dabei eine Unterscheidung ganz wichtig: „Es geht hier nicht um die Tuning-Szene ganz allgemein. Das sind Leute, die Spaß daran haben, ihr Auto technisch und vor allem auch optisch zu optimieren. Die halten sich aber dabei und sogar auch in ihrem Fahrverhalten meist an die gesetzlichen Vorschriften. Die Zielgruppe sind jene, deren Reiz das Tempo ist, oft gegeneinander unter Beweis gestellt und dann ohne Rücksicht auf Verluste.“
Was „Verluste“ dabei bedeuten, das machte eben das Video klar, das beim Fahrzeugwrack zu sehen war: Was von einem Menschen übrig bleibt, der seinen Lebensgefährten verloren hat und alleine mit einem seit dem Unfall behinderten Kind zurechtkommen muss, alles nur für den Adrenalin-Kick, den zwei andere meinten, sich gönnen zu müssen.
Ein Problem bei solchen Veranstaltungen, selbst wenn sie so gut besucht sind, wie die am Samstag, 25. Mai, ist natürlich immer die Frage: Erreicht man damit tatsächlich die, die zu erreichen entscheidend wäre? Der 19-jährige Joel ist da zwiegespalten: Es sei wichtig, ganz drastisch die möglichen Folgen aufzuzeigen, davon ist er überzeugt. Aber: „Manche von denen, die hier stehen, werden sich insgeheim denken: Mir wäre das nicht passiert, ich beherrsche mein Auto.“ Doch selbst bei denen sieht er eine gewisse Chance auf Wirkung: „Auch dem, der sich selber für einen Top-Autofahrer hält, wird hier klar, wie einfach er das Opfer von anderen werden kann und fährt vielleicht deshalb eine Spur vorsichtiger und vor allem aufmerksamer.“
Ab in den Überschlagssimulator der Kelheimer Verkehrswacht
Eine präventive Wirkung hatte auf jeden Fall auch der Überschlagssimulator der Kehlheimer Verkehrswacht, der ebenfalls aufgebaut war. Ziel der Demonstration mit diesem Simulator ist es eigentlich, die Kenntnisse zu vermitteln, die es braucht, um sich schnell aus einem überschlagenen Auto zu befreien. Und auch Kenntnis über die Werkzeuge, die man dafür im Auto stets dabei haben sollte. Nur mit dem Kombiwerkzeug „Federkörner mit Gurtschneider“, das betonte Franz Dobesch, zweiter Vorsitzender der Kehlheimer Verkehrswacht immer wieder, kann man im Ernstfall einen Gurt, der sich nicht mehr lösen lässt, zerschneiden. Und nur mit ihm kann man eine Autoscheibe zum Zerbersten bringen, wenn die Türen nicht mehr zu öffnen sind. Einschlagen lässt sich eine Autoscheibe nämlich nicht.
Daneben gab es aber auch einen anderen Aha-Effekt für die zahlreichen jungen Leute, die den Simulator ausprobierten: Es ist auch ohne Schock und irgendwelche Verletzungen alles andere als lustig, kopfunter in einem Auto zu hängen: Da ist die auf einmal völlig schwierige Orientierung – wo ist links, wo rechts, wo oben, wo unten, dazu ein Druck im Kopf, der immer heftiger wird. Es ist auf jeden Fall ein Erlebnis das haften bleibt, so die einhellige Meinung aber Besucher der Veranstaltung, die im Simulator waren. Und das deshalb im Fall des Falles nicht nur lebensrettende Verhaltensroutinen aufrufen kann, sondern vielleicht schon im Vorfeld zu einem klein wenig vorsichtigerem Fahren anhält.