Aus dem Gemeinderat
Wortbruch der Telekom beim Breitbandausbau? Was Bernau dagegen tun will
Die Telekom hält sich nicht an Vereinbarungen. Diese Erfahrung macht Bernau gerade. Wie es die Gemeinde trifft und was sie dagegen tun will, darüber diskutierte jetzt der Gemeinderat.
Bernau – Auch wenn der Gemeinderat von Bernau seit langem dafür ist, den Breitbandausbau auf Gemeindegebiet voranzutreiben, so verzögert sich das Vorhaben seit geraumer Zeit. Denn die Telekom will weniger eigenwirtschaftlich ausbauen als ursprünglich vereinbart.
Statt des Kernorts sollten plötzlich - so der Stand vor Weihnachten - nur einige wenige Neubau-Adresspunkte Glasfaseranschluss bekommen. Für den komplexen Sachverhalt holte Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber in der jüngsten Sitzung weiter aus. Der Gemeinderat hatte schon im Oktober 2023 einen flächendeckenden Glasfaserausbau beschlossen, wollte dazu auch ein Bundesförderprogramm in Anspruch nehmen. Die Telekom hatte sich überdies in einer Verpflichtungserklärung dazu bereit erklärt.
Doch im Juni vergangenen Jahres wurde der mit Verbindlichkeitserklärung zugesagte eigenwirtschaftliche Ausbau des Glasfasernetzes im Gemeindegebiet zurückgenommen. So heißt es, dass die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auf der Kostenseite sehr angespannt sei, „so dass sich gegenwärtig einige, in der Vergangenheit noch rentable Adressen zur Zeit nicht eigenwirtschaftlich erschließen lassen.“ Insgesamt war nunmehr von einem eigenwirtschaftlichen Ausbau bei 24 Haushalten beziehungsweise zehn Adressen im Zuge einer Ersterschließung von Neubau-Adresspunkten die Rede.
Gemeinde erwägt rechtliche Schritte
Was wiederum die Verwaltung veranlasste, eine schriftliche Stellungnahme zu diesem klaren Wortbruch einzufordern. Die Verwaltung habe nun die Telekom nochmals explizit - auch mit Hinweis auf mögliche rechtliche Schritte - aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben. In der Antwort-E-Mail der Telekom heißt es, dass man von einer formellen schriftlichen Stellungnahme absehe, „da diese einen stark juristischen Charakter annehmen würde.“ Stattdessen wolle man gemeinsam mit der Gemeinde Bernau am Chiemsee eine konstruktive Lösung für den Glasfaserausbau erarbeiten. So dass 3200 Haushalte und Unternehmensstandorte davon profitieren.
Mögliche Szenarien sollen demnach entwickelt werden, dann soll die machbarste davon samt konkretem Konzeptvorschlag der Verwaltung vorgestellt werden. Dafür brauche es aber eine Fristverlängerung zur Stellungnahme bis Ende Januar 2025. Ein weiteres Treffen fand zwei Tage vor der Sitzung im Rathaus statt. Dabei sei es um den eigenwirtschaftlichen Ausbau eines erheblichen Teils des Kernortes Bernau gegangen. Spatenstich könnte laut Telekom im Herbst 2025 sein, bis Ende 2028 soll der Ausbau abgeschlossen sein.
Telekom: Haushalte nutzen bestehende Technologie nicht aus
Die Telekom habe bei dem Treffen auch erklärt, dass die bestehende Technologie noch nicht von allen Bernauer Haushalten vollends ausgenutzt werde. Mittlerweile sei, so die Rathauschefin weiter, auch eine Stellungnahme der Telekom eingegangen. Darin sei erneut von vielschichtigen Herausforderungen die Rede. Aber auch davon, dass es in den letzten Monaten gelungen sei, „mit einem angepassten Ausbaugebiet, einen neuen - ohne Fördergelder auskommenden - Telekom Glasfaser-Ausbau an den Start zu bringen.“
Förderung durch Lückenschlussprogramm
Geschäftsleiter Andreas Lukas erläuterte anhand einer Karte, wo schon der Ausbau erfolgte: „Deutlich zu erkennen an der Magenta-Farbe.“ Grün-umrandet markiere Neubaugebiete und „kasiges magenta“ bedürfe noch des Ausbaus in Bernau. Auch fehlten Weisham, Hittenkirchen und Hötzing. Der restliche (nicht eigenwirtschaftlich ausgebaute) Bereich von Bernau könnte gegebenenfalls im Rahmen des sogenannten Lückenschlussprogrammes gefördert werden. Die Förderquote beträgt je nach Finanzkraft der Gemeinde Bernau 80 bis 90 Prozent der Deckungslücke, maximal jedoch eine Million Euro.
Irene Biebl-Daiber sagte weiter, dass man bei dem Treffen die Telekom aufgefordert habe, eine Adressliste mit den prognostizierten Anschlussbandbreiten einzureichen. Anhand dieser Liste könnte man die Restkosten für einen weiteren Glasfaserausbau grob überschlagen. Diese Liste sei allerdings erst kurz vor der Sitzung eingegangen.
Telekom ist kein Muss
Josef Wörndl (CSU) sagte, dass man nicht unbedingt mit der Telekom zusammenarbeiten müsse, es gebe auch Alternativen. Einige Nachbargemeinden hätten beispielsweise gute Erfahrungen mit Avacomm gemacht. Peter Pertl (CSU) meinte, dass es wohl oftmals ein Kommunikationsproblem sei, dass Kunden den höheren Anschluss nicht ausnutzen. Josef Genghammer (Grüne) schlug vor, die offenen Lücken nochmals mit der Telekom nachzuverhandeln. Insbesondere wenn potentielle Anschlussnehmer ihr Interesse nachweisen, könnten so noch Teilbereiche eigenwirtschaftlich ausgebaut werden. Biebl-Daiber hingegen meinte, dass die Telekom Restflächen nur bei einer Förderung, beispielsweise über das Lückenschluss-Förderprogramm, ausbaue. Schlussendlich verständigte sich der Gemeinderat darauf, eine Hochrechnung der Kosten für den Restausbau durchführen zu lassen.