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Vom Sorgenkind zum Klassenprimus

Wirtschafts-Standort Amerang: So hat sich die einst hoch verschuldete Kommune gemausert

Amerang ist in den vergangenen 30 Jahren zu einem echten Wirtschaftsstandort geworden. Viele große Unternehmen, wie Advantest, sind hier angesiedelt.
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Amerang ist in den vergangenen 30 Jahren zu einem echten Wirtschaftsstandort geworden. Viele große Unternehmen, wie Advantest Europe GmbH, sind hier angesiedelt.

Wirtschaftlich galt Amerang lange als Sorgenkind. Gerade 200.000 Euro Gewerbesteuer nahm die Gemeinde um die Jahrtausendwende ein. 2023 lag sie bei 6,8 Millionen Euro. Wie konnte das der einst hoch verschuldeten Kommune gelingen?

Amerang – Vom Sorgenkind zum Klassenprimus: Amerang hat sich mit zukunftsorientierter Politik in den vergangenen 30 Jahren vom kommunalen Schuldenfall zu einer oft zitierten Vorzeigegemeinde gemausert. Von der Größe her gehört Amerang mit 3.766 Einwohnern eher zu den kleineren der Gemeinden im Landkreis Rosenheim, doch wirtschaftlich liegt sie im Spitzenfeld. Mit rund 6,8 Millionen Euro Gewerbesteuer wurde der Haushaltsansatz für 2023 fast verdoppelt und ein Rekordergebnis verbucht. Wie konnte das gelingen?

Bürgermeister Konrad Linner kann sich an den finanziellen Tiefpunkt ist noch gut erinnern. Nachdem ein großer Arbeitgeber Mitte der 70er Jahre weggebrochen ist, waren gewerbliche Arbeitsplätze nur noch in kleinen Handwerksbetrieben zu finden. Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer lagen um die Jahrtausendwende bei gerade einmal 200.000 Euro im Jahr. Mit der Ausweisung der zwei neuer Gewerbegebiete erfolgte dann aber der Aufbruch.

Die Gemeinde habe schnelles Baurecht geschaffen und bürokratische Hürden minimiert. Um den Aufschwung anzukurbeln, habe Amerang 2005 zusätzlich die Gewerbesteuer von 315 auf 300 Prozent und zwei Jahre später auf 290 Prozent gesenkt. Der Fokus sei auf der Schaffung wohnortnaher Arbeitsplätze und einer verträglichen Entwicklung gelegen. Das Konzept ging auf, zeigt sich Linner überzeugt. Die Zahl der Arbeitsplätze sei von etwa 600 im Jahr 2.000 auf mittlerweile über 1.500 gestiegen.

Amerang ist in den vergangenen 30 Jahren zu einem echten Wirtschaftsstandort geworden.

Ausbau der Infrastruktur spielt eine wichtige Rolle

„Für die enormen betrieblichen Entwicklungen in den vergangenen Jahren war der niedrige Steuersatz sicherlich hilfreich“, betont Linner. Beim wirtschaftlichen Aufschwung hätten aber weitere Faktoren, wie die Bereitstellung von Erweiterungsflächen und Investitionen in die Infrastruktur, eine wichtige Rolle gespielt. Zum Beispiel der Ausbau der Gewerbestraße im Zuge der Ausweisung des Gewerbegebiets „Grünhofer Feld“ oder die Anbindung an die Frabertshamer Straße seien von hoher Bedeutung.

Die Kommune stehe zudem im engen Austausch mit dem Gewerbeverein und den Betrieben im Ort. So könnten frühzeitig Entwicklungsbedarfe erkannt und planerisch angegangen werden, erklärt der Bürgermeister. Baulandbeschaffung sei ein zentraler Schlüssel dafür. „Derzeit arbeiten wir daran, den größeren Betrieben Erweiterungsmöglichkeiten zu schaffen. Mit konstruktiven Planungsprozessen können die Unternehmen unterstützt und zugleich beispielsweise verkehrliche Belange berücksichtigt werden, um negative Auswirkungen zu begrenzen“, erläutert Linner.

Mittlerweile habe sich der Gemeinderat in puncto Gewerbesteuer für die moderate Angleichung an den Nivellierungssatz entschieden. Ein Grund dafür sei, dass die Kommunen Teil des kommunalen Finanzausgleichs sind und nach ihrer Steuerkraft veranlagt werden. Dabei werde der von der Staatsregierung auf 310 Prozent festgesetzte Nivellierungssatz zugrunde gelegt. Der niedrige Steuersatz habe über die Jahre viel Geld gekostet, so der Rathauschef.

Zielsetzung für die nächsten Jahre bleibe, die Entwicklung der bestehenden Betriebe zu unterstützen. Eine Neuansiedlung werde aktuell jedoch nicht aktiv betrieben. „Vier der größeren Betriebe planen gerade eine bauliche Erweiterung. Damit wird Raum voraussichtlich für etwa 300 weitere Arbeitsplätze geschaffen. Gleichzeitig sind damit die Flächenreserven in Amerang vorerst mal aufgebraucht“.

Unternehmen schätzen den Standort

Der Plan scheint aufzugehen, denn die Unternehmen fühlen sich anscheinend wohl. Seit vielen Jahren ist Auer Packaging im Technologiepark Amerang ansässig. Derzeit beschäftige das Unternehmen 210 Mitarbeiter, darunter acht Auszubildende. „Fast 20 Jahre sind wir als Unternehmer, aber auch privat und durch unsere Mitarbeiter sehr eng mit Amerang verbunden und finden den Standort eigentlich in jeder Hinsicht attraktiv“, stellt Geschäftsführer Philipp Auer fest. Beispielweise den Bau der Ameranger Spange bewertet die Unternehmensführung positiv.

Amerang ist in den vergangenen 30 Jahren zu einem echten Wirtschaftsstandort geworden. Viele große Unternehmen, wie Advantest Europe GmbH, sind hier angesiedelt.

Es sei gut, dass der Liefer- und Warenverkehr, der für die Logistik des Unternehmens unerlässlich sei, einen anderen Weg als durchs Zentrum nehmen kann. „Amerang hat viel zu bieten. Mit seinem hohen Freizeitwert hat es durchaus Magnetwirkung für Fachkräfte“, fasst Robert Auer zusammen. Natürlich könne Infrastruktur immer optimiert werden und von einer besseren Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr würden der Ort und sicher auch seine Unternehmen sehr profitieren. Auer sehe die Zukunft von Auer Packaging auf jeden Fall in Amerang. Der Gewerbesteuersatz spiele natürlich eine Rolle und jede Anhebung treffe das Unternehmen als Innovationstreiber und Top-Player am Standort hart. „Das kann uns aber nicht davon abhalten, weiter in unseren Unternehmenssitz zu investieren.“

Viele internationale Unternehmen sind in Amerang beheimatet.

Auch das Unternehmen SOMIC Verpackungsmaschinen GmbH & KG sieht sich in Amerang gut aufgehoben. „Wir konnten den Hauptsitz unseres Unternehmens hier in Amerang mit mittlerweile 490 Mitarbeitern und 37 Auszubildenden immer wieder erweitern, sodass das gesamte Knowhow des fachlich hoch qualifizierten Personals gebündelt werden konnte. Das sind perfekte Voraussetzungen für revolutionäre Entwicklungen und weitere Innovationen“, teilt Geschäftsführer Patrick Bonetsmüller fest.

Unternehmen werden eingebunden

Der Gewerbesteuersatz sei bei der Entscheidung für Amerang 1998 allerdings kein Kriterium gewesen. „Generell ist jedoch festzustellen, dass ein attraktiver Gewerbesteuersatz hilft, unproduktive Ausgaben zu vermeiden. Das schafft indirekt wieder freie Mittel für Investitionen“, so der Geschäftsführer. Die Gemeinde Amerang bemühe sich, für Unternehmen attraktiv zu bleiben und so beispielsweise verkehrsbedingte Nachteile zu kompensieren. Bürokratische Hürden würden klein gehalten und das sei der SOMIC schon häufig bei behördlichen Prozessen zugutegekommen, sagt Bonetsmüller. Auch würden Unternehmen frühzeitig in Gemeindevorhaben eingebunden. Ein Beispiel dafür sei die Fernwärmeversorgung. Künftige Bedürfnisse des Unternehmens seien in die allgemeinen Überlegungen miteingeflossen.

Eine Umfrage bei den angesiedelten Unternehmen zeigt: Sie schätzen den Standort Amerang sehr.

Erweiterungsmöglichkeiten wünscht sich auch der japanische Konzern Advantest Europe GmbH, der 2008 den Standort von Credence SZ-Systems übernommen hat und in den vergangenen Jahren stark gewachsen ist. Peter Wewerka, CEO und Managing Director, hebt dabei aber die gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde hervor. Die Anhebung der Gewerbesteuer spiele für den Technologie-Spezialisten keine Rolle. Der Hersteller von Testsystemen für die gesamte Halbleiterindustrie betreibt in Amerang einen wichtigen Forschungs - und Entwicklungsstandort, insbesondere für die Automobilindustrie, wie er mitteilt. Laut Wewerka sind am Standort Amerang 170 Mitarbeiter und 13 Auszubildende, inklusive der dualen Studenten, beschäftigt.

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