Pläne der Bundesregierung
Wird in ihrer Apotheke künftig Cannabis für Kiffer verkauft? Das denken Besitzer im Chiemgau
Mit einem Positionspapier hat die Ampel-Regierung die versprochene Legalisierung von Cannabis angestoßen. Im beschlossenen Dokument werden auch Apotheken als mögliche Abgabestelle für das Rauschmittel genannt. Das ist die Meinung der Apotheker im Chiemgau.
Rimsting/Prien – Wohlgemerkt, abgeben dürfen die Pharmazeuten den Cannabis schon heute. Jedoch nur als Heilmittel auf Rezept. Das könnte sich künftig ändern: „Die kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken erfolgt in behördlich zugelassenen und überwachten Geschäften, gegebenenfalls auch in Apotheken“, ist im Eckpunktepapier des Gesundheitsministeriums zur Cannabisfreigabe zu lesen.
Skeptisch ob dieser Möglichkeit zeigt sich Florian Nagele, Sprecher für die Region Oberbayern der Landesapothekerkammer Bayern. Nicht nur was die Abgabe in Apotheken angehe, sondern ebenso mit Blick auf die Legalisierung von Cannabis generell. „Auch wenn die Apotheken grundsätzlich als Abgabestelle geeignet sind, weil dort eine fachliche Beratung möglich ist“, wie er findet.
Weitergabe an Minderjährige nicht auszuschließen
Dennoch: Die Argumente des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach überzeugen ihn nicht. „In anderen Länder, in denen die Freigabe schon da ist, existiert weiterhin ein Schwarzmarkt“, widerspricht er einem Punkt Lauterbachs, warum es sinnvoll sei, das berauschende Kraut freizugeben.
„Cannabis ist nun mal eine Droge, das darf man nicht unterschätzen“, mahnt Nagele. Ebenso wenig den Umstand, dass nur Volljährige an den Stoff kommen sollen. Denn, dass diese das psychoaktive Hanf an Jüngere weitergeben, sei damit keinesfalls ausgeschlossen.
Fachgerechte Beratung möglich
Zumal er sich vorstellen könnte, dass die Notdienste der Apotheken mit der Abgabe der Blüten ganz anders ausfallen könnten als gewohnt: Wenn Cannabis-Nutzer nächtens oder an Sonn- und Feiertagen die Pharmazien aufsuchen, um THC-Nachschub zu holen wie Bier an der Tankstelle. Insgesamt, berichtet er, seien die Meinungen unter seinen Kollegen gespalten, wenn es um die Abgabe von Freizeit-Cannabis gehe.
So hält Elisabeth Mink eine Abgabe von Genusscannabis durch die Apotheken durchaus für vertretbar. Sie führt die Ludwigsapotheke in Rimsting. „Wir wären durchaus dafür, dass man Cannabis über die Apotheken kaufen kann, weil es in Hände gehört, die sich damit auskennen“, sagt Mink. Gemeint ist, dass sie und ihr Team mit den Wirkungen des berauschenden Krauts vertraut sind und Anwender entsprechend fachgerecht beraten könnten.
Krankengeschichte berücksichtigen
Auch dadurch, dass sie die körperliche Verfassung der Konsumenten genauso mit in die Beratung einfließen lassen wie deren Krankengeschichte. Dies auch, um sie auf Risiken hinzuweisen, die allgemein, aber auch im Speziellen für sie mit dem Genuss der Droge verbunden wären. „Es geht darum, den Leuten klarzumachen, was sie da zu sich nehmen.“
Wichtig ist Mink zu betonen, dass es ihr nicht um die Frage gehe, ob es positiv ist, Cannabis generell zu legalisieren. Aber sollte es zu einer Freigabe der Droge kommen, wären die Apotheken mit ihren pharmazeutisch ausgebildeten Angestellten prädestiniert für die Abgabe – vielleicht eher als die geplanten „lizenzierten Geschäfte“, in denen man das Kraut ebenso künftig kaufen können soll.
„Wahnsinnsaufwand“ für Apotheken
Auch logistisch sei man auf die Abgabe vorbereitet. Schließlich müssten die Apotheken schon heute mit anderen Betäubungsmitteln umgehen. Und mit den entsprechenden Regeln zu deren Weitergabe im Betäubungsmittelgesetz. Was auch beinhaltet, dass die Substanzen entsprechend sicher zu lagern sind, um eine rechtswidrige Abgabe zu verhindern.
„Wir sind durchaus bereit, die Verantwortung für die Cannabis-Abgabe zu tragen, wir tragen sie in diesen Bereichen ja auch schon“, sagt Mink. Auch wenn die Abgabe des Genussmittels für Freizeitnutzer einen „Wahnsinnsaufwand“ für die Apotheken bedeute.
Nötige Ausbildung und Struktur
Befürchtungen, dass die Notdienste der Apotheken künftig auch dafür missbraucht werden könnten, um sich Nachschub an Genusscannabis zu besorgen, hat Mink nicht: Das könne man entsprechend regeln. Genauso, wie es schon derzeit vorgesehen ist, dass die Apotheken in diesen Bereitschaftsphasen nur Medikamente für medizinische Notfälle abgeben müssen.
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Wenngleich noch Vieles ein Blick in die Glaskugel ist, wie ihr Priener Kollege Dr. Clemens Reuther von der Marienapotheke findet. Dennoch: Sollte es zu einer Freigabe von Cannabis kommen, wäre es wünschenswert, dass die Abgabe über die Apotheken läuft, wie Reuther findet. Auch er verweist darauf, dass Apotheken schon derzeit im Umgang mit Betäubungsmitteln geübt seien. „Wir haben die Ausbildung und die Strukturen dafür“, sagt Reuther. Aber er warnt ebenso: Cannabis sei und bleibe ein Rauschgift.
