Umrandung für Kolbermoorer Urnengräber
Wie Hans und Reinhard Reif Stahl bei 1000 Grad Celsius in lebensechte Rosen verwandeln
Drei Schmiede aus drei Orten haben mit drei verschiedenen Kreationen den Rosengarten im neuen Kolbermoorer Friedhof gestaltet. Wie sie ihre Werke schufen, haben sie den OVB-Heimatzeitungen jetzt ausführlich erzählt – heute Hans und Reinhard Reif aus Moosburg an der Isar.
Kolbermoor – Der neue Friedhof am Rothbachl ist eigentlich kein schlechter Platz für Kunst. Schließlich soll er durch seine Erweiterung noch mehr zu einem Ort werden, den man gern besucht: Weil er eine Insel ist in der Hektik des Alltags, sich dort ein bisschen Stille und Muße finden lassen.
Genau das ist es auch, was jedes Kunstwerk braucht: Einen Betrachter, der es nicht bei einem oberflächlichen Blick belässt, sondern Zeit hat und sich Zeit nimmt. Nur dann wird er das Gestaltete, das er vor sich hat, wirklich sehen.
Natürliche Rosen in Stahl geformt
Das gilt auch für die Umrandungen der Rosengrabfelder. Der erste Blick zeigt zwar schon: Sie sehen irgendwie unterschiedlich aus. Doch erst genaues Hinschauen zeigt, warum. Das gilt vor allem für die Bereiche, die Michael Ertlmeier einerseits und Hans Reif mit seinem Bruder Reinhard andererseits gestaltet haben. Denn die drei haben sich, anders als Josef Still, der die Aufgabe abstrakter löste, stark an natürliche Rosen angelehnt. Und doch sind ihre Arbeiten ganz und gar individuell.
Seine Spuren sind in ganz Kolbermoor
Erst nähere Betrachtung lässt auch erahnen, wie viel Arbeit darin steckt – ein Punkt, den man bei Kunsthandwerk ja durchaus ansprechen darf. Bei Hans und Reinhard Reif rankt sich ein Rosenband um die vertikalen Verbindungsstrecken. Wer wissen will, wie viel Wissen und wie viel Können schon allein darin steckt, muss nur einmal versuchen, ein Stück Blumendraht um ein Stück Holz zu wickeln. Natürlich nicht einfach so, sondern derart, dass es hinterher aussieht, als sei dieser Blumendraht natürlich gewachsen und hätte sich von selbst um das Holz gerankt.
Nur dass der „Blumendraht“ der Schmiede aus Stahl von knapp einem Zentimeter Stärke besteht, der erst einmal auf knapp 1000 Grad Celsius erhitzt werden muss, bis er sich „ranken“ lässt. Für Hans und Reinhard Reif ist dieses Wunder, bei dem aus totem Stahl der Eindruck von organisch Gewachsenem und damit Lebendem entsteht, nur eine Sache der Erfahrung und der Zeit, die es für die Herstellung braucht. Für alle anderen, zumindest für die, die es mit offenen Augen betrachten, ist es ein Anlass zum Staunen.
Solch offenen Blick verdienen übrigens auch die geschmiedeten Kolbermoorer Papierkörbe – derzeit knapp 80 Stück, die fast schon ein Wahrzeichen der Stadt sind. Am Beginn dieses Projektes, das ein Teil der Jugendarbeit der Stadt ist, stand ein Einfall von Bürgermeister Peter Kloo und Dagmar Badura, der einstigen Leiterin des Bürgerhauses.
Im Jahr 2007 ging nämlich auch in Kolbermoor der Vandalismus um, wurden Bänke umgestürzt, Papierkörbe aus den Verankerungen gerissen. Eine geniale Idee, wie dem neben Kontrollen und Strafen am besten Abhilfe geschaffen werden könnte, hatte damals Peter Kloo: „Lassen wir unsere jungen Rabauken doch mal selbst erleben, wie viel Arbeit darin eigentlich steckt.“
Hans Reif war bei diesem Projekt von Anfang an dabei. Sein erster Papierkorb, aus dem diese Idee mit erwuchs, lächelt mit einem freundlichen Gesicht noch heute auf dem Weg zwischen Karl-Daniels-Platz und Mangfall.
Dass es gerade Hans Reif ist, der nicht nur am Anfang des Projektes stand, sondern diese Schmiedekurse für Schüler zusammen mit Michael Ertlmeier bis heute betreut, kommt nicht von ungefähr.
Der Wunsch, aber auch die Fähigkeit, sein handwerkliches Wissen an andere weiterzugeben, zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben. Schon als junger Mann war er als Entwicklungshelfer in Westafrika unterwegs und auch heute noch engagiert er sich im Himalaya-Staat Bhutan: Dort bringt er Berufsschullehrern Fachkenntnisse und -techniken in der Metallverarbeitung bei.
Schöne Umgebung hilft bei Trauerarbeit
Auch im Kolbermoorer neuen Friedhof ging es ihm und seinem Bruder um die Menschen: Die beiden sind der Meinung, dass Schönheit im Umfeld eines Friedhofes immer auch ein Zeichen des Lebens und damit ein Stück Hilfe in der Trauerarbeit ist. Irgendwann, davon sind sie überzeugt, werden auch die jetzt noch Trauernden dort wieder lachen können und nicht zuletzt deshalb haben die Beiden in ihrer Umrandung zwei Lebewesen versteckt, die ein Lächeln zaubern sollen: Sie schmiedeten zu ihren Rosen eine Libelle und eine kleine Schnecke.

