Breite Zustimmung für Vorschlag
Rezept gegen Leerstand? Wie Geister-Immobilien aus Rosenheim verschwinden sollen
Leerstehende Gebäude in der Innenstadt sind den Rosenheimern ein Dorn im Auge: Nun gibt es eine Idee, was man gegen Leerstände bei gewerblichen Immobilien tun kann. Wie das funktionieren soll und warum es für die Idee viele Unterstützer gibt.
Rosenheim - Am Salinplatz steht ein Geschäft leer, an der Bahnhofstraße und an der Münchener Straße auch: Vor einem dieser Läden haben sich Abuzar Erdogan, Fraktionsvorsitzender der SPD, Karl-Georg Reindl vom Ortsverein des Handelsverbands Bayern in Rosenheim und Andreas Bensegger, Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses Rosenheim, zum Fototermin getroffen.
Trends in anderen Kommunen analysieren
„Die Zunahme von Leerständen macht leider auch vor der Innenstadt nicht Halt“, sagt Erdogan. Gemeinsam mit seiner Fraktion hat er deshalb überlegt, wie das Problem behoben werden kann. Entstanden ist ein Antrag an Oberbürgermeister Andreas März, mit der Bitte, zu prüfen, ob eine Stelle für einen Leerstands-Manager geschaffen werden kann. Dieser soll - so die Idee der Fraktion - ein Netzwerk mit den Eigentümern aufbauen, Trends in anderen Kommunen analysieren, bei der Vermarktung von leerstehenden Immobilien helfen und möglichen Neuansiedlungen beratend zur Seite stehen.
Dass die Schaffung eines Leerstands-Managers auf offene Ohren stößt, zeigt eine Nachfrage bei Sabrina Obermoser, Geschäftsführerin des City-Managements. „Wir begrüßen die Initiative sehr. Dadurch kann die Transformation der Innenstadt begleitet werden“, sagt sie auf OVB-Anfrage. Nicht jede Fläche werde ihr zufolge 1:1 wieder mit der gleichen Funktion ersetzt. Heißt: In ein Geschäft, das lange vom Einzelhandel genutzt wurde, kann beispielsweise auch eine Gastronomie einziehen. „Hierzu ist es hilfreich, wenn sowohl Immobilieneigentümer, wie auch interessierte Mieter einen Ansprechpartner haben, der diesen Prozess begleitet“, ergänzt Obermoser.
Zustimmung vom Handelsverband
Zustimmung erhält sie von Maria Reiter. Sie betreibt die Boutique „Beo“ am Max-Josefs-Platz und ist die Ortsvorsitzende des Handelsverbands Bayern in Rosenheim. „Aus Sicht des Handels kann man sehr wohl feststellen, dass in der Rosenheimer Innenstadt immer mehr Branchenlücken zu finden sind“, sagt sie. Mithilfe eines Leerstand-Managers könnte ein Kontaktpunkt geschaffen werden, der als Ansprechpartner fungiert.
Dieser Auffassung ist auch Andreas Bensegger, Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses Rosenheim. „Die Position Leerstandsmanagement kann aus meiner Sicht eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Stadt Rosenheim spielen.“ Ihm sei wie vielen anderen bewusst, dass sich die Strukturen der Innenstädte aus verschiedenen Gründen verändern. Statt auf Veränderungen zu reagieren, müsse man aber agieren. „Es ist wichtig, dass eine Position klar definierte Aufgaben, aber auch Freiheiten und klare, ausreichende Budgets bekommt“, sagt Bensegger. Mit einer aktiven Ansiedlungspolitik, einer Bestandspflege der vorhandenen Flächen und der aktiven Unternehmen sowie einem innovativen Standortmarketing könne es gelingen, die vorhandenen Unternehmen zu binden und mittelfristig neue dazuzugewinnen, ist er überzeugt.
Im Dezember 2022 standen 26 Immobilien leer
Um einen Überblick über die Leerstände in den Erdgeschoss-Kernlagen der Innenstadt zu bekommen, erhebt die städtische Wirtschaftsförderung alle sechs Monate neue Zahlen. „Die letzte Erhebung mit Stand Dezember 2022 ergab eine Leerstandquote von unter zehn Prozent. Zu diesem Zeitpunkt standen 26 Immobilien leer“, sagt der städtische Pressesprecher Christian Schwalm. Die nächsten aktuellen Zahlen werden ihm zufolge im Juni erhoben. Fast täglich seien die städtische Wirtschaftsförderung und das Stadtmarketing in Kontakt mit Immobilieneigentümern, Verbänden und dem Einzelhandel um bei Problemen zu helfen, Ansprechpartner zu vermitteln und die Innenstadt „noch attraktiver zu machen“.
Dass die Stadt „nach wie vor sehr attraktiv ist“, bestätigt auch Andreas Bensegger. Aber - auch daraus macht er kein Geheimnis – „die Entwicklung, auch nach Leerständen, ist sicher kein Selbstläufer mehr.“ Doch genau diese Sorge scheint man zumindest in der Verwaltung nicht zu teilen. „Die weit überwiegende Zahl leerstehender Gewerbeflächen wird innerhalb eines halben Jahres wieder neu vermietet und bespielt. Das zeigt, dass der Handels- und Gastronomiestandort Innenstadt weiterhin attraktiv für neue Geschäfte und Konzepte bleibt“, heißt es aus dem Rathaus.
Ein Blick nach Augsburg
Dass durchaus Luft nach oben ist, zeigt ein Blick in die Stadt Augsburg. „Die Leerstandsquote im Kernbereich liegt bei unter drei Prozent“, sagt Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle auf OVB-Anfrage. Das Leerstandsmanagement sei bei der Wirtschaftsförderung angesiedelt. Die prinzipielle Vermeidung von Leerstand basiert ihm zufolge auf dem Zusammenspiel mehrerer Bausteine. „Angefangen bei der konsequenten Umsetzung des Einzelhandelsentwicklungskonzepts und dem stetigen Kontakt zu Eigentümern sowie Immobilienpartnern, über Aktionen in der Innenstadt bis hin zur Attraktivierung des öffentlichen Raums mit verschiedenen Gestaltungselementen.“
Ideen, wie Leerstand in Rosenheim in Zukunft verringert und Neuansiedlungen gefördert werden können, hat auch die SPD. Vorstellbar seien Mietzuschüsse für Sortimente, die in der Innenstadt nicht mehr ansässig sind oder deren Ansiedlung einen Mehrwert für den Einzelhandelsstandort Rosenheim bietet. Wahlweise könne die Unterstützung von Neugründungen auch durch die Bezuschussung von Beratungsleistungen oder Infrastrukturkosten erfolgen.
„Überdurchschnittliche Kaufkraft“
„Rosenheim hat großes Potenzial, das bislang noch nicht ausreichend ausgeschöpft wurde“, sagt Citymanagament-Geschäftsführerin Sabrina Obermoser. Aufgrund der Stadtgröße unter 100.000 Einwohner sei Rosenheim oft unter dem Radar größerer Unternehmen. „Unsere Kaufkraft ist jedoch überdurchschnittlich, weshalb wir hier mit der aktiven Vermarktung unseres Standorts nicht nur für regionalen Einzelhandel attraktiv, sondern auch für internationale Brands ein interessanter Markt sind“, ist sie überzeugt. Die neue Stelle könne sich daher um regionale Start-ups aus Einzelhandel, Gastronomie und Dienstleistung kümmern, genauso aber auch auf den großen Immobilienmessen die Stadt Rosenheim präsentieren. „Rosenheim wird dadurch eine Aufwertung erfahren, weshalb das City-Management gerne kooperiert, um die besten Rahmenbedingungen für diese Stelle zu schaffen“, fügt Obermoser hinzu.
Ob eine solche Stelle in Rosenheim geschaffen wird, soll sich in einem der kommenden Ausschüsse entscheiden.