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„Temperaturen halten sie schon aus“

Ist der Klimawandel schuld? – Warum einige Störche den Winter in der Region verbringen

In Urschalling und Grabenstätt haben aufmerksame Leser Weißstörche entdeckt. Warum diese im November noch in der Region und nicht wie andere Artgenossen in den Süden geflogen sind, weiß Hobby-Ornithologe Marc Kurzmann aus Prien.
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In Urschalling und Grabenstätt haben aufmerksame Leser Weißstörche entdeckt. Warum diese im November noch in der Region und nicht wie andere Artgenossen in den Süden geflogen sind, weiß Hobby-Ornithologe Marc Kurzmann aus Prien.

Wer schreitet da durch den November-Nebel? Es ist ein Storchenpaar. Gesichtet in Grabenstätt. Auch in Urschalling wurde jüngst ein Storch gesehen. Aber müssten die nicht im Süden sein? Ornithologe Marc Kurzmann erklärt, warum einige der Schreitvögel in der Region überwintern.

Chiemgau – Ein Storch! Im November? Dass auch in der trüben Jahreszeit noch einige der weiß-schwarzen Vögel über die Wiesen schreiten, dürfte die meisten doch eher verwundern. Denn wie Ornithologe Marc Kurzmann (57) aus Prien erklärt, gehören sie zu den Zugvögeln. Im September fliegen sie meist in Gruppen, manchmal aber auch allein in wärmere Gefilde in Richtung Afrika. Aber nicht immer. Liegt es am Klimawandel? Nicht zwingend: „Die Temperaturen sind nicht maßgeblich“, sagt Kurzmann.

Einige wenige bleiben

Bereits seit einigen Jahren, sogar eher Jahrzehnten, so der Vogel-Experte, könne man in der Region auch im Winter Störche entdecken. Der 57-Jährige, der hauptberuflich Informatiker ist, verbringt viel Zeit in der Natur. Seit seiner Schulzeit beschäftigt er sich mit Vögeln und beobachtet diese rund um den Chiemsee sowie in anderen Teilen der Landkreise Traunstein und Rosenheim. Er nimmt auch an zahlreichen Monitorings des Landesamtes für Umwelt teil. So sind die Störche auch ihm nicht entgangen. „In den Landkreisen Traunstein und Rosenheim sind es etwa zwei bis fünf Störche, die den gesamten Winter dort verbringen.“

Und dabei spiele die Erwärmung nicht unbedingt eine Rolle. Denn trotz der globalen Erwärmung und den milderen Wintern können die Temperaturen im Alpenraum im Winter niedrig ausfallen. „Die Temperaturen halten sie schon aus“, sagt Kurzmann. Wichtiger sei es, dass die Störche genügend Nahrung finden. Und da die Schreitvögel im Winter keine Frösche, Echsen oder Reptilien finden, ernähren sie sich überwiegend von Mäusen, Maulwürfen und Regenwürmern. „Wenn das Wetter zu ungemütlich ist oder sie keine Nahrung mehr finden, ziehen sie weiter“, sagt der Ornithologe.

Ein Weißstorch in Urschalling.

Eingreifen des Menschen nicht nötig

Wer im Winter einen Storch sieht, muss sich laut Kurzmann keine Sorgen machen. „Hilfe oder ein Eingreifen ist nicht nötig“, sagt er. Das Gefieder erwachsener Störche halte sie ausreichend warm. Auch Futter bereitstellen müsse man nicht, da sie in der Regel genügend Mäuse oder andere Kleintiere finden.

„Der Weißstorch im Spotlight“

Wie Ornithologe Marc Kurzmann erklärt, gehört der Weißstorch zur Gattung der Schreitvögel. Im Gegensatz zu seinem Artgenossen, dem Schwarzstorch, bevorzugt der Weißstorch die Kulturlandschaft. Deshalb sieht man ihn oft in von Menschen besiedelten Gebieten nisten. In der Regel bauen sie ihr Nest auf hohen Bäumen, Schornsteinen oder auf Dächern. Schwarzstörche hingegen meiden Menschen und sind eher scheu. Laut Naturschutzbund (Nabu) gehören Weißstörche zu den Langstreckenziehern und legen bei ihrer Reise nach Süden zwischen 150 und 300 Kilometer pro Tag zurück. Als Wappentier des Nabu führt der Naturschutzbund seit 1994 alle zehn Jahre den internationalen Weißstorchzensus. Auch 2024 fand beziehungsweise findet noch die globale Weißstorchenzählung statt.

Dass einige der Vögel ihren Zugtrieb verloren haben und in Deutschland überwintern, könnte laut Kurzmann daran liegen, dass sie entweder im Winter in Gefangenschaft aufgezogen wurden oder aber, dass ein Storchenpaar aus nicht genau definierten Gründen nicht in den Süden gezogen ist und sich daraufhin eine Art Tradition eingestellt hat. „Man kann auch beobachten, dass Störche, die nicht in den Süden ziehen, Vorteile ihren Artgenossen gegenüber haben, die den Winter auswärts verbracht haben. Zum Beispiel beim Aufsuchen der Nistplätze.“ Denn die Vögel kehren immer wieder gerne an die gleichen Brutstätten zurück.

Weißstorchenpaar im Grabenstätter Moos.

„Ostzieher“ versus „Westzieher“

Was in den vergangenen Jahren laut Kurzmann aber schon beobachtet wurde, ist, dass die Störche ihr eigentlich Ziel – Afrika – oft nicht erreichen. „Viele überwintern stattdessen in Südspanien“, erläutert Kurzmann. Denn dort sei das Nahrungsangebot groß. Bei den Störchen gebe es sogenannte Ost - und Westzieher. Die „Ostzieher“ fliegen über die Balkanroute, den Bosporus bis nach Afrika. Die „Westzieher“ hingegen ziehen nach Westen Richtung Frankreich und Spanien. „Dabei fliegen sie aufgrund der Thermik, die sie als sogenannte Segelflieger brauchen, über Land und nicht über Wasser. Die Region sei eine Grenze. „Unsere Störche fliegen sowohl über Osten als auch Westen.“

Dank zahlreicher Artenschutzprojekte hat sich die Population der Weißstörche in Bayern erholt und laut Nabu seit der Zählung 1994/95 um 40 Prozent zugenommen. Ein Grund dafür sei unter anderem das veränderte Zugverhalten auf der Westroute, das durch bessere klimatische Verhältnisse in den Winterquartieren zu einer geringeren Wintersterblichkeit führe.

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