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Radwegsanierung zwischen Gabersee und Gut Gern

„Absolut unsensibel“: Peter Stenger kämpft gegen das „Überteeren“ des NS-Mahnmals in Gabersee

Peter Stenger am Radweg zwischen Gabersee und Gut Gern. Hier wurden vor knapp über 80 Jahren Patienten der damaligen Heil- und Pflegeanstalt deportiert.
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Peter Stenger am Radweg zwischen Gabersee und Gut Gern. Hier wurden vor knapp über 80 Jahren Patienten der damaligen Heil- und Pflegeanstalt deportiert.

Über 500 Patienten aus Gabersee und Attl wurden in der NS-Zeit von einer Behelfshaltestelle aus in den Tod deportiert. Eine Radweg-Sanierung an diesem historischen Ort sorgt nun bei Peter Stenger aus Wasserburg für Empörung. Er findet: Hier wird die Vergangenheit zugeteert. Was die Stadt dazu sagt.

Wasserburg – Der Radweg von Gabersee nach Gut Gern wird derzeit für viel Geld saniert. Knapp 180.000 Euro soll das Vorhaben kosten. Seit Montag (16. Juni) sind dort die Bagger unterwegs und tragen Erde ab, anschließend soll der Weg asphaltiert werden. Grundsätzlich eine gute Idee, findet auch Peter Stenger, der hier regelmäßig mit seinem Fahrrad unterwegs ist. Und dennoch muss er sich ärgern. „Was hier gemacht wird, ist absolut unsensibel“, kritisiert Stenger.

Seiner Beschwerde liegt ein dunkles Kapitel zugrunde: Nahe der ehemaligen Altstadtbahn, auf halbem Weg zwischen Gabersee und Gut Gern, begann vor etwa 80 Jahren der tödliche Leidensweg vieler Patienten der Heil- und Pflegeanstalt Gabersee und Bewohner der Pflegeanstalt Attl, die während des nationalsozialistischen Regimes ermordet wurden.

„Sie mussten hier in die Züge einsteigen, wurden deportiert und ermordet“, erzählt Stenger. Der Wasserburger kämpft deshalb schon seit Jahrzehnten für ein Mahnmal an dieser Stelle, das hat er inzwischen durchgesetzt. Der Bezirk von Oberbayern plant es derzeit. Doch die Gleise selbst sollen mit dem Neubau des Fahrradwegs überteert werden. Für Stenger ein absolutes Unding.

„Einfach über grausige Vergangenheit geteert“

Im Moment sind die Gleise zwar unter Schotter vergraben, für Stenger ist es aber noch einmal schlimmer, dass sie bald unter einer Asphalt-Schicht verschwinden sollen. „Ich finde das so was von unsensibel“, sagt er. Jedes Mal, wenn er hier vorbeifahre, müsse er mit Grauen daran denken, was die Menschen hier vor 80 Jahren erlebt hätten und jetzt werde „einfach über eine grausige Vergangenheit geteert“.

Für ihn ist außerdem klar: „Die Gleise und das Mahnmal gehören einfach zusammen.“ Gerade jetzt, kurz bevor dieses errichtet werde, die Gleise zu überteeren, sei falsch. Zumal es laut Stenger eine einfache Lösung gebe. Man könne im Zuge der Bauarbeiten die Gleise freilegen und sie mit Asphaltmatten, ähnlich wie bei einem Bahnübergang, auszustatten. So würden möglicherweise noch mehr Radler dazu angehalten werden, sich zu informieren, was hier passiert sei. „Ganz ähnlich wie bei den Stolpersteinen“, findet er.

Stadt plant keine Veränderungen

Stengers Beschwerde ist bereits in der Stadt angekommen. Bürgermeister Michael Kölbl erklärt auf Anfrage der Redaktion, dass sich die Stadt aufgrund dessen noch einmal Gedanken gemacht habe und auch mit dem Bezirk von Oberbayern Rücksprache gehalten habe. Aus unterschiedlichen Gründen sei man nun aber zu dem Schluss gekommen, keine Veränderung an der Planung des Radwegs vorzunehmen.

Grundsätzlich seien die Gleise bereits jetzt 40 bis 50 Zentimeter unter dem Fahrradweg verschüttet, um diese freizulegen, müsse also „weit abgegraben werden“. Dadurch sei der Radweg abschüssig und stelle eine Gefahrenquelle für Nutzer dar. Auch die „Bahnübergangs-Lösung“, wie von Stenger vorgeschlagen, sei aus diesen Gründen nicht möglich umzusetzen.

Damalige Behelfshaltestelle nicht genau zu verorten

Nach Rücksprache mit dem Bezirk sei zudem klar: Es sei nicht genau festlegbar, wo genau vor etwas über 80 Jahren die Behelfshaltestelle für Deportationen gewesen sei, so Kölbl. Das könne in den Akten nicht nachgeprüft werden. „Sie befand sich ziemlich sicher dort in der Nähe, aber ob es genau diese Stelle ist, wissen wir nicht“, sagt Kölbl. Auch deshalb sei die Errichtung des Mahnmals ein Stück weiter in Richtung kbo-Inn-Salzach-Klinikum geplant.

Unter dem Gestrüpp zu erkennen: Die Gleise der Altstadtbahn, diese diente während der Zeit des Nationalsozialismus als Deportationsstrecke für die Patienten der damaligen Heil- und Pflegeanstalt von Gabersee.

Dennoch, betont Köbl, habe man sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. „Wir in Wasserburg sind immer sehr gewissenhaft, was die Erinnerungskultur angeht“, betont er. Geplant sei deshalb, ein Stück der Gleise, die links und rechts des Weges bereits stark überwuchert sind, freizuschneiden. Das wolle die Stadt ohnehin im Zuge des neuen Radwegekonzepts vornehmen, aber gerade an dieser Stelle sei es „sicher, dass die Gleise dort von Gestrüpp befreit werden.“ Möglicherweise würden sie auch noch einmal mit einer Gedenktafel ausgestattet werden.

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