Tag des Ehrenamts am 5. Dezember
Nicht umsonst, sondern unbezahlbar: Warum sich das Ehrenamt für Doris Müller aus Edling lohnt
Ehrenamtliche Arbeit kommt nicht nur anderen Menschen zugute, sondern auch einem selbst, weiß Doris Müller (72) aus Edling. Seit ihrer Jugend engagiert sie sich sozial und leitet heute den Förderverein Rottmoos. Wie sich die Einstellung dazu verändert hat – und was passieren muss, damit das Ehrenamt wieder beliebter wird.
Wasserburg/Edling – „Ein Ehrenamt, das lohnt sich“: Davon ist Doris Müller aus Edling überzeugt. Und sie muss es schließlich auch wissen. Bereits seit ihrer Jugend engagiert sich die 72-Jährige für soziale Zwecke. Erst als Jugendgruppen-Leiterin, später unterstützte sie Personen bei der Jobsuche und seit 18 Jahren ist sie die Vorsitzende des Fördervereins Rottmoos. Er unterstützt den Betreuungshof für Menschen mit Hörbehinderung in Wasserburg. Zum Tag des Ehrenamts (5. Dezember) erklärt der Förderverein, wie sie das Leben der Bewohner unterstützen, welche Vorteile ein Ehrenamt hat und was sich die Vorstandsmitglieder vom Staat wünschen.
Förderverein Rottmoos plante über 100 Aktionen
Seit seiner Gründung im Jahr 2006 konnte der Förderverein bereits über 100 Aktionen planen und durchführen. Mal größere und mal kleinere. Das wohl bekannteste Projekt des Vereins: Der Bau der sogenannten Ohrenkapelle. „Die alte Kapelle wurde im Zuge der Bauarbeiten zur B 304 abgerissen. Die Bewohner in Rottmoos wünschten sich jedoch wieder ein kleines Glaubenshaus“, erklärt Müller. So sei die Idee zum Bau eines kleinen Glaubenshauses entstanden, in dem die Rottmooser den verstorbenen Bewohnern gedenken könnten, so die 72-Jährige. Für die Inneneinrichtung habe ein gehörloser Künstler aus Ebersberg ein Kreuz geschmiedet, an dessen Rändern stilisierte Ohren angebracht seien. Der Schutzpatron der Kapelle ist der Italiener Filippo Smaldone. Er habe sich besonders für gehörlose Menschen eingesetzt, erklärt Müller.
Der Vorstand des Fördervereins organisiere zudem Kuchenverkäufe, eine Italienfahrt oder einen Stand mit selbstgestrickten Socken am Wasserburger Christkindlmarkt. Für letzteres ist der Verein sogar über die Grenzen der Bundesrepublik bekannt. Die Socken kann man auch online kaufen. „Wir haben schon einmal welche nach Frankreich oder Italien verschickt“, sagt Müller.
Mit den Einnahmen aus den Aktionen unterstütze der Förderverein die Bewohner in Rottmoos, erklärt Schatzmeister Rolf Miller. Der 69-jährige Rotter ist über seine Frau, Ingrid Miller-Hoppenstedt, zum Ehrenamt gekommen. „Und hat es auch nie bereut“, betont er. Miller war als Elektroingenieur tätig. „Ich hatte bisher ein gutes Leben und wollte einfach etwas zurückgeben“, erklärt er seine Motivation. Ingrid Miller Hoppenstedt kombinierte ihren Beruf mit dem Verein. Bis vor zwei Jahren arbeitete die 64-Jährige als Heilerziehungspflegerin in Rottmoos.
Für Menschen mit Hör- und Sprachbehinderung
So bekam sie tagtäglich mit, an welchen Stellen es bei den Bewohnern hapere. In der Einrichtung, in der bis zu 52 Menschen mit unterschiedlich ausgeprägter Hör- und Sprachbehinderung sowie zusätzlicher Erkrankung wohnen können, seien die finanziellen Mittel knapp. Die Kasse zahle nicht für jedes medizinische Produkt. „Bei Schuheinlagen wird nur alle zwei Jahre ein Paar genehmigt. Das ist oft zu wenig“, erklärt die Zweite Vorsitzende des Vereins. Bei solchen Bedürfnissen können Bewohner Anträge an den Förderverein stellen.
Der Verein unterstützt jedoch nicht nur die kleinen Gefälligkeiten, sondern kümmert sich auch um große Investitionen. Das erste Projekt dabei war der Bau einer Kapelle, die sich die Bewohner gewünscht hätten, erklärt Müller. „Mittlerweile hat sie einen Wert von etwa 100.000 Euro. Zudem habe sich der Förderverein um das WLAN in der Einrichtung gekümmert und will auf dem Dach Solarmodule installieren, erklären die Vorsitzenden.
Das Organisieren der verschiedenen Aufgaben im Verein kann einen zwar fordern, doch dabei lerne man viel dazu, ist Müller überzeugt. Als Industriekauffrau konnte sie sich bei vielen Dingen bereits gut helfen, zum Beispiel beim Erstellen von Checklisten. Ihr Selbstbewusstsein habe die 72-Jährige jedoch erst durch ihr ehrenamtliches Engagement erlangt, betont sie. „Ich war früher sehr schüchtern. Heute fällt mir das Reden vor Gruppen gar nicht mehr schwer“, sagt die Edlingerin.
Organisieren und Verwantwortung übernehmen
Besonders auch jungen Menschen empfiehlt sie deswegen, sich ehrenamtlich zu engagieren. „Denn man kann erste Erfahrungen beim Organisieren von Events sammeln oder Verantwortung in einem kleinen Rahmen übernehmen“, erklärt Müller. Und das zahle sich aus. Denn all die erlangten Kenntnisse würden bei einer Bewerbung für einen Job gut ankommen, weiß die Edlingerin aus Erfahrung. Für sie überwiegen klar die Vorteile aus einem Engagement.
Doch das würden nicht alle Menschen so sehen, erklärt Müller. Manchmal bekomme sie zu hören, warum sie so viel Arbeit umsonst mache. Darauf hat sie jedoch eine Antwort. „Meine Arbeit ist bestimmt nicht umsonst – aber gratis“, betont sie. Auch Miller und Miller-Hoppenstedt bestätigen, dass ein Ehrenamt nicht immer die Wertschätzung erhalte, die es verdient hätte. Die beiden würden sich hier mehr Anreize vom Staat wünschen. „Man könnte zum Beispiel einen zusätzlichen Steuerfreibetrag für Ehrenamtliche einführen“, schlägt die Zweite Vorsitzende vor. Das würde mehr Anreiz schaffen. „Denn letztlich ist unsere Gesellschaft und auch der Staat auf ehrenamtliche Tätigkeiten angewiesen“, sagt sie.
Jüngere Mitglieder gesucht
Um einen Verein auch langfristig erhalten zu können, sei zudem Nachwuchs sehr wichtig. „Wir sind alle nicht mehr die Jüngsten“, sagen die Vorsitzenden schmunzelnd. Deswegen würden sie sich über neue Beisitzer freuen. „Wobei für uns alle unter 60 Jahren als jung gelten“, erklärt Miller und lacht. Etwa dreimal im Jahr treffe sich das Gremium für eine Besprechung. Die meisten Arbeiten würden die Mitglieder über E-Mails erledigen. Qualifikationen brauche man für das Ehrenamt keines. „Nur Interesse und Motivation“, sagt Miller-Hoppenstedt. Auch Gebärdensprache müsse niemand können, denn der Verein arbeite losgelöst von der Einrichtung. Bei Bedarf würden sich die Bewohner jedoch mit dem Dolmetschen aushelfen. Interessierte könne sich per E-Mail an info@foerderverein-rottmoos.de wenden oder sich auf der Homepage des Vereins informieren.
